Mittwoch, 22. Mai 2013

Fettleber - zukünftig medikamentös zu behandeln?


Übergewicht und Diabetes fördern eine Fettleber
(Foto: Dmitry Lobanov - Fotolia.com)


An der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg entwickelte ein Team von Wissenschaftlern eine neue Wirkstoffverbindung gegen die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLE) und testete die neue Substanz erfolgreich an Tieren.


Bis jetzt gab es für Patienten mit einer nicht-alkoholischen Fettleber keine medikamentöse Therapie. Sie konnten nur durch Diät, ausgewogene Ernährung und Behandlung von Vorerkrankungen versuchen, das Fortschreiten zu verlangsamen und ihre Leber vor weiteren Schäden zu schützen.

Assistenzärztin Dr. Anita Pathil-Warth hat zusammen mit ihren Kollegen der gastroenterologischen Abteilung eine Wirkstoffverbindung gefunden, die bei Versuchstieren die Verfettung der Leber gestoppt hat und die daraus resultierende Leberentzündung ausheilen ließ. Der Wirkstoff besteht aus körpereigenen Substanzen der Leber und zeigte bei den Versuchstieren keinerlei Nebenwirkungen. Für diese zukunftsweisende Arbeit, nachzulesen in der Fachzeitschrift »Hepatology«, erhielt Dr. Pathil-Warth den Adolf-Kußmaul-Preis der Falk Foundation e.V. Der Preis, benannt nach dem Gastroenterologen Adolf Kußmaul, wird seit 1991 jährlich an junge Wissenschaftler bis 35 Jahre verliehen.

Bekannter Wirkstoff wurde verstärkt

Das Gastroentorologen-Team kombinierte für den neuen Wirkstoff Gallensäure (UDCA) mit einem Phospholipid (LPE), das ein natürlicher Bestandteil der körpereigenen Zellhüllen ist. Gallensäure ist ein gebräuchliches nebenwirkungsarmes Medikament zur Therapie von Leber- und Gallenerkrankungen. In amerikanischen Studien von 2004 zeigte sich jedoch, dass Gallensäure alleine bei Fettlebererkrankungen nicht genügend wirkt. Durch die Verbindung mit dem Phospholipid LPE konnten die Mediziner die Wirkung verstärken. Sowohl bei Mäusen, die unter einer Fettleber und Übergewicht litten, als auch bei Mäusen, deren Leber aufgrund von Stoffwechselstörungen verfettet war, besserten sich die Leberwerte. Die Fetteinlagerungen im Lebergewebe gingen zurück, die Entzündungsreaktionen flauten ab, sodass eine Fettleber-Hepatitis gar nicht erst auftrat oder ausheilte. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die neue Wirkstoffverbindung als wirksame Arznei gegen die nicht-alkoholische Fettleberentzündung infrage kommt. Momentan suchen die Mediziner noch nach einer passenden Darreichungsform. Patienten sollen den Wirkstoff in klinischen Studien als Tablette erhalten.

Experten schätzen, dass 20 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland an einer nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung leiden. Sie wird im Gegensatz zur alkoholischen Fettlebererkrankung nicht durch übermäßigen Alkoholkonsum verursacht. Die Folgen sind bei beiden Formen der Fettleber aber identisch. Bei etwa 20 Prozent der Betroffenen verursacht die Fettlebererkrankung Entzündungen (Fettleber-Hepatitis) in der Leber. Als Folge davon vernarbt das Lebergewebe mehr und mehr, es kommt zur Leberzirrhose und häufig auch zum Leberkrebs. Dann kann nur eine Lebertransplantation das Leben des Betroffenen retten.

Fettstoffwechsel in der Leber gestört

Die zunehmende Verfettung der Leber wird meist nur durch Zufall entdeckt, da sie kaum oder nur leichte Beschwerden wie Druck- oder Völlegefühl im rechten Oberbauch.
Die Mehrzahl der Fettleber-Patienten ist stark übergewichtig und zusätzlich Typ-2 Diabetiker. Aber auch Normalgewichtige können an einer Fettleber erkranken.

In neun von zehn Fällen liegt der Fettleber ein metabolisches Syndrom (überhöhte Werte von Blutzucker, Blutdruck, Blutfetten, Körpergewicht) zugrunde. Bis zu 89 Prozent aller Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30 haben eine verfettete Leber (Steatosis hepatis). Dem Körper werden mit der Nahrung mehr Fette und Kohlenhydrate zugeführt, als er benötigt. Die Balance zwischen Zufuhr und Abbau von Fetten ist gestört.

Seltenere Ursachen für eine Fettleber sind ein Morbus Wilson (Störung des Kupferstoffwechsels), bestimmte Medikamente (beispielsweise Acetylsalicylsäure, Cortison, Antibiotika) oder Gifte. Und auch eine Eiweißmangelernährung durch falsches Fasten, ungesunde Diäten oder bei Magersucht kann eine Fettlebererkrankung auslösen.

Gezielte Therapie der Fettleber bislang unmöglich

Die Mechanismen im Körper, die zu einer nicht-alkoholischen Fettleberhepatitis oder Leberzirrhose führen, unterscheiden sich von der alkoholbedingten Form und sind bis jetzt nicht endgültig erforscht. Bis heute bestanden die Therapiemöglichkeiten nur aus einer langsamen Gewichtsreduktion und der optimalen Einstellung von Blutzucker und Blutfetten. Ärzte gehen davon aus, dass viele Leberzirrhosen, deren Ursachen bisher ungeklärt blieben, auf eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung zurückzuführen sind. Für ein derart relevantes Problem wird dringend eine Behandlung benötigt, meinen die Mediziner in Heidelberg.

Quelle: Anita Pathil-Warth et al.: Ursodeoxycholyl lysophosphatidylethanolamide improves steatosis and inflammation in murine models of nonalcoholic fatty liver disease. Hepatology, 2012 May;55(5):1369-78. doi:10.1002/hep.25531

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.