Donnerstag, 9. Mai 2013

Gegen den Hepatitis-C-Virus ist ein Kraut gewachsen


Ungarischer Andorn (Marrubium peregrinum)
(By Daderot (Daderot) [CC0 or CC0], via Wikimedia Commons)

Infektionen mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) gehören inzwischen weltweit zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Die Infektion verläuft meistens unbemerkt, führt bei 70 Prozent der Infizierten langfristig zu einer chronischen Leberentzündung und kann schließlich eine Lebertransplantation erfordern.
Wissenschaftler am TWINCORE, einer gemeinsamen Forschungseinrichtung der Medizinischen Hochschule Hannover und des Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung, haben in der Pflanze Marrubium peregrinum L einen Stoff entdeckt, der das Eindringen des Hepatitis-C-Virus in die Leberzellen verhindert. Ladanein, ein Flavonoid, könnte zukünftig verhindern, dass nach einer Lebertransplantation der Hepatitis-C-Virus die Leberzellen erneut befällt.
Marrubium peregrinum L oder Ungarischer Andorn ist eine krautige, silbrige, haarige Pflanze, die wie eine Mischung aus Katzenminze und Salbei aussieht und etwa 60 Zentimeter hoch wird. Der Ungarische Andorn, eigentlich in Südost- und dem östlichen Mitteleuropa beheimatet, ist in Deutschland nur im östlichen Harzvorland zu finden. Die Pflanze ist weltweit vom Aussterben bedroht.

Ursachen für eine Hepatitis-C-Infektion

Eine Hepatitis-C-Infektion findet in den meisten Fällen durch Kontakt mit infiziertem Blut statt. Zu den Risikogruppen zählen Angehörige der medizinischen Berufe, da sie generell häufig mit Blut in Kontakt kommen. Ebenso gefährdet sind Drogenabhängige, die gemeinsam Nadeln und Spritzen benutzen. 80 Prozent der Drogenkonsumenten, die Drogen spritzen, sind infiziert mit dem Hepatitis-C-Virus. Möglich ist auch eine Ansteckung beim Tätowieren, Piercen oder durch Akupunktur, wenn nicht auf eine sterile Arbeitsweise geachtet wird. Teilweise sind die Ansteckungswege aber auch ungeklärt.
Zwischen Ansteckung und Auftreten der Erkrankung vergehen etwa fünf bis zwölf Wochen. Ärzte unterscheiden eine akute Hepatitis-C-Erkrankung, die weniger als sechs Monate dauert, von einer chronischen Hepatitis-C-Erkrankung, die länger als ein halbes Jahr dauert.

Symptome bei Hepatitis-C

Bei einer akuten Hepatitis-C-Infektion fühlen die meisten Betroffenen sich zunächst nur leicht unwohl mit eher uncharakteristischen Beschwerden wie grippeähnlichen Symptomen, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Druckschmerz im rechten Oberbauch. Nur ein Teil der Infizierten zeigt in der zweiten Krankheitsphase typische Anzeichen einer Lebererkrankung wie Gelbsucht, Dunkelfärbung des Urins und Entfärbung des Stuhls. Etwa zehn Prozent klagen auch über Gelenkbeschwerden.
Etwa 60 bis 80 Prozent der HCV-Infektionen gehen in ein chronisches Stadium über. Der Verlauf ist schleichend mit leichten Symptomen wie Müdigkeit, unspezifische Oberbauchbeschwerden und verminderte Leistungsfähigkeit. Vereinzelt klagen die Patienten über Juckreiz und Gelenkbeschwerden. Im weiteren Verlauf der chronischen Entzündung vernarbt die Leber zunehmend, schrumpft (Leberzirrhose) und schlimmstenfalls entwickelt sich Leberkrebs. Im Durchschnitt liegen zwischen Infektion und dem Auftreten einer Leberzirrhose zwanzig Jahre. Wenn die Leber ihre Funktion völlig einstellt, wird eine Lebertransplantation notwendig.

Neuansteckung verhindern

Nach einer Lebertransplantation kommt es sehr oft zu einer erneuten Infektion mit dem Hepatitis-C-Erreger. Das Virus befindet sich noch im Körper des Patienten und befällt die Leber sehr schnell wieder. Fatal ist, dass das Virus das neue Organ wesentlich schneller zerstört als die alte Leber und der Patient somit in einen Teufelskreis gerät. Hier soll nun das Marrubium peregrinum L (Ungarischer Andorn) zum Einsatz kommen. Gleichzeitig mit der Transplantation soll der Patient den Pflanzenstoff erhalten, damit das enthaltene Ladanein unmittelbar einem erneuten Eindringen des Hepatitis-C-Virus in die Leberzellen entgegenwirken kann.

Die Wirkung ist in Zellkulturen schon effektiv. Der Wirkstoff kann geschluckt oder gespritzt werden, gelangt schnell ins Blut und wurde von den behandelten Mäusen gut vertragen. Die Substanz wirkte auch in Kombination mit einem Immunsupressivum, das Patienten einnehmen müssen, um eine Abstoßung des neuen Organs zu verhindern. Die Voraussetzungen für ein zukünftiges Arzneimittel sind also positiv. Doch die Wissenschaftler am TWINCORE wollen das Ladanein des Ungarischen Andorn noch weiter erforschen, um die Wirkungsweise zu verstehen.

Ladanein auch bei anderen Viren wirksam

Denn das Ladanein wirkt auch bei anderen Viren, die genau wie das Hepatitis-C-Virus von einer empfindlichen fetthaltigen Hülle umgeben sind. Dazu zählt auch das Humane Immundefizienz-Virus (HIV). Bei anderen Viren, die nur aus Eiweißen und viralem Erbgut bestehen, wirkt die Natursubstanz dagegen nicht. Hierzu zählen zum Beispiel Adenoviren, die Entzündungen an Augen, Atemwegen und Darmtrakt verursachen.


Diese unterschiedliche Reaktion hilft den Wissenschaftlern die Wirkungsweise des Ladanein zu verstehen. Doch es wird noch viel Zeit vergehen, bis aus dem Naturstoff ein wirksames Medikament hergestellt wird. In Zusammenarbeit mit internationalen Partnern soll das Mittel noch an anderen Erregern getestet werden und auch in anderen Zusammensetzungen, um eventuell wirksamere Verbindungen zu finden. Doch eins ist sicher: Die Natur reicht der Medizin mal wieder eine helfende Hand im Kampf gegen Krankheiten. Es ist eben doch gegen (fast) jedes Übel ein Kraut gewachsen. Weitere Informationen zu Thema Hepatitis C auch beim Deutschen Hepatitis C Forum e.V.

Quelle: Haid, Sibylle et al.: A Plant-Derived Flavonoid Inhibits Entry of All HCV Genotypes Into Human Hepatocytes. Gastroenterology , Volume 143 , Issue 1 , 213 - 222.e. doi: 10.1053/j.gastro.2012.03.036

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.