Ungarischer Andorn (Marrubium peregrinum) (By Daderot (Daderot) [CC0 or CC0], via Wikimedia Commons) |
Infektionen
mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) gehören inzwischen weltweit zu den
häufigsten Infektionskrankheiten. Die Infektion verläuft meistens
unbemerkt, führt bei 70 Prozent der Infizierten langfristig zu einer
chronischen Leberentzündung und kann schließlich eine
Lebertransplantation erfordern.
Wissenschaftler
am TWINCORE, einer gemeinsamen Forschungseinrichtung der
Medizinischen Hochschule Hannover und des Helmholtz Zentrum für
Infektionsforschung, haben in der Pflanze Marrubium peregrinum L
einen Stoff entdeckt, der das Eindringen des Hepatitis-C-Virus in die
Leberzellen verhindert. Ladanein, ein Flavonoid, könnte zukünftig
verhindern, dass nach einer Lebertransplantation der
Hepatitis-C-Virus die Leberzellen erneut befällt.
Marrubium
peregrinum L oder Ungarischer Andorn ist eine krautige, silbrige,
haarige Pflanze, die wie eine Mischung aus Katzenminze und Salbei
aussieht und etwa 60 Zentimeter hoch wird. Der Ungarische Andorn,
eigentlich in Südost- und dem östlichen Mitteleuropa beheimatet,
ist in Deutschland nur im östlichen Harzvorland zu finden. Die
Pflanze ist weltweit vom Aussterben bedroht.
Ursachen
für eine Hepatitis-C-Infektion
Eine
Hepatitis-C-Infektion findet in den meisten Fällen durch Kontakt mit
infiziertem Blut statt. Zu den Risikogruppen zählen Angehörige der
medizinischen Berufe, da sie generell häufig mit Blut in Kontakt
kommen. Ebenso gefährdet sind Drogenabhängige, die gemeinsam Nadeln
und Spritzen benutzen. 80 Prozent der Drogenkonsumenten, die Drogen
spritzen, sind infiziert mit dem Hepatitis-C-Virus. Möglich ist auch
eine Ansteckung beim Tätowieren, Piercen oder durch Akupunktur, wenn
nicht auf eine sterile Arbeitsweise geachtet wird. Teilweise sind die
Ansteckungswege aber auch ungeklärt.
Zwischen
Ansteckung und Auftreten der Erkrankung vergehen etwa fünf bis zwölf
Wochen. Ärzte unterscheiden eine akute Hepatitis-C-Erkrankung, die
weniger als sechs Monate dauert, von einer chronischen
Hepatitis-C-Erkrankung, die länger als ein halbes Jahr dauert.
Symptome
bei Hepatitis-C
Bei
einer akuten Hepatitis-C-Infektion fühlen die meisten Betroffenen
sich zunächst nur leicht unwohl mit eher uncharakteristischen
Beschwerden wie grippeähnlichen Symptomen, Übelkeit,
Appetitlosigkeit und Druckschmerz im rechten Oberbauch. Nur ein Teil
der Infizierten zeigt in der zweiten Krankheitsphase typische
Anzeichen einer Lebererkrankung wie Gelbsucht, Dunkelfärbung des
Urins und Entfärbung des Stuhls. Etwa zehn Prozent klagen auch über
Gelenkbeschwerden.
Etwa
60 bis 80 Prozent der HCV-Infektionen gehen in ein chronisches
Stadium über. Der Verlauf ist schleichend mit leichten Symptomen wie
Müdigkeit, unspezifische Oberbauchbeschwerden und verminderte
Leistungsfähigkeit. Vereinzelt klagen die Patienten über Juckreiz
und Gelenkbeschwerden. Im weiteren Verlauf der chronischen Entzündung
vernarbt die Leber zunehmend, schrumpft (Leberzirrhose) und
schlimmstenfalls entwickelt sich Leberkrebs. Im Durchschnitt liegen
zwischen Infektion und dem Auftreten einer Leberzirrhose zwanzig
Jahre. Wenn die Leber ihre Funktion völlig einstellt, wird eine
Lebertransplantation notwendig.
Neuansteckung
verhindern
Nach
einer Lebertransplantation kommt es sehr oft zu einer erneuten
Infektion mit dem Hepatitis-C-Erreger. Das Virus befindet sich noch
im Körper des Patienten und befällt die Leber sehr schnell wieder.
Fatal ist, dass das Virus das neue Organ wesentlich schneller
zerstört als die alte Leber und der Patient somit in einen
Teufelskreis gerät. Hier soll nun das Marrubium peregrinum L
(Ungarischer Andorn) zum Einsatz kommen. Gleichzeitig mit der
Transplantation soll der Patient den Pflanzenstoff erhalten, damit
das enthaltene Ladanein unmittelbar einem erneuten Eindringen des
Hepatitis-C-Virus in die Leberzellen entgegenwirken kann.
Die
Wirkung ist in Zellkulturen schon effektiv. Der Wirkstoff kann
geschluckt oder gespritzt werden, gelangt schnell ins Blut und wurde
von den behandelten Mäusen gut vertragen. Die Substanz wirkte auch
in Kombination mit einem Immunsupressivum, das Patienten einnehmen
müssen, um eine Abstoßung des neuen Organs zu verhindern. Die
Voraussetzungen für ein zukünftiges Arzneimittel sind also positiv.
Doch die Wissenschaftler am TWINCORE wollen das Ladanein des
Ungarischen Andorn noch weiter erforschen, um die Wirkungsweise zu
verstehen.
Ladanein
auch bei anderen Viren wirksam
Denn
das Ladanein wirkt auch bei anderen Viren, die genau wie das
Hepatitis-C-Virus von einer empfindlichen fetthaltigen Hülle umgeben
sind. Dazu zählt auch das Humane Immundefizienz-Virus (HIV). Bei
anderen Viren, die nur aus Eiweißen und viralem Erbgut bestehen,
wirkt die Natursubstanz dagegen nicht. Hierzu zählen zum Beispiel
Adenoviren, die Entzündungen an Augen, Atemwegen und Darmtrakt
verursachen.
Diese
unterschiedliche Reaktion hilft den Wissenschaftlern die
Wirkungsweise des Ladanein zu verstehen. Doch es wird noch viel Zeit
vergehen, bis aus dem Naturstoff ein wirksames Medikament hergestellt
wird. In Zusammenarbeit mit internationalen Partnern soll das Mittel
noch an anderen Erregern getestet werden und auch in anderen
Zusammensetzungen, um eventuell wirksamere Verbindungen zu finden.
Doch eins ist sicher: Die Natur reicht der Medizin mal wieder eine
helfende Hand im Kampf gegen Krankheiten. Es ist eben doch gegen
(fast) jedes Übel ein Kraut gewachsen. Weitere Informationen zu
Thema Hepatitis C auch beim Deutschen Hepatitis C Forum e.V.
Quelle: Haid, Sibylle et al.: A Plant-Derived Flavonoid Inhibits Entry of All HCV Genotypes Into Human Hepatocytes. Gastroenterology , Volume 143 , Issue 1 , 213 - 222.e. doi: 10.1053/j.gastro.2012.03.036
Quelle: Haid, Sibylle et al.: A Plant-Derived Flavonoid Inhibits Entry of All HCV Genotypes Into Human Hepatocytes. Gastroenterology , Volume 143 , Issue 1 , 213 - 222.e. doi: 10.1053/j.gastro.2012.03.036
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