Rheuma frühzeitig mit Biologika behandeln (Foto: Uta Herbert/pixelio.de) |
Eine
frühe und intensive Behandlung mit Biologika lässt Patienten mit
rheumatischen Gelenkentzündungen schneller schmerzfrei werden und
beugt Knochenzerstörungen vor. Das ist das Ergebnis einer neuen
Studie der Berliner Charité.
Bislang
wurden solche biotechnologisch hergestellten Medikamente meist erst
angewendet, wenn die Standardtherapie nicht mehr ausreichte oder es
zu Nebenwirkungen bei den Standardmedikamenten kam. Ein Biologikum
wird mit molekularbiologischen Verfahren aus lebenden Zellen
hergestellt und wirkt nur auf spezielle Botenstoffe des Immunsystems.
Die Wirksubstanz heftet sich an die vom Körper produzierten
Entzündungsstoffe und schaltet sie aus. Das Fortschreiten der
Entzündung sowie Schwellungen und Schmerzen werden verhindert.
Frühe
Anwendung von Adalimumab positiv
In
der Studie an der Berliner Charité unter der Leitung von Professor
Gerd-Rüdiger Burmester wurde bei rheumatoider Arthritis die
Standardtherapie mit Methotrexat mit einer Kombinationstherapie von
Methotrexat und Adalimumab verglichen. Adalimumab ist ein seit zehn
Jahren zugelassenes Biologikum und wird weltweit am häufigstens
eingesetzt. Die Mediziner untersuchten, wie der Krankheitsverlauf bei
rheumatischen Gelenkentzündungen ist, wenn eine Biologikumtherapie
unmittelbar nach der Diagnose beginnt und nicht erst, wenn andere
Behandlungen erfolglos bleiben.
Die
Studienteilnehmer litten alle an beginnender rheumatoider Arthritis
mit starken Symptomen und erheblichen Beeinträchtigungen im Alltag.
Eine Hälfte der Studienteilnehmer erhielt sechs Monate die
Kombinationstherapie, die andere Hälfte verwendete das
Standardmedikament und ein Scheinmedikament. Alle Probanden nahmen
anschließend noch weitere sechs Monate den Standardwirkstoff
Methotrexat.
Beide
Teilnehmergruppen zeigten zum Studienende vergleichbare Symptome,
allerdings war die Biologikum-Gruppe deutlich schneller schmerzfrei.
Weiterhin stellten die Mediziner anhand von Röntgenbildern fest,
dass die Patienten nach der Behandlung mit dem Biologikum erheblich
weniger Knochenzerstörungen aufwiesen. Professor Burmester
befürwortet aufgrund dieser positiven Forschungsergebnisse eine
frühe, intensive Behandlung mit Adalimumab, um die Lebensqualität
der Betroffenen zu erhalten und um Knochenzerstörungen
zuvorzukommen.
Abwehrreaktionen
möglich
Niederländische
Forschungen der Stiftung »Sanquin Bloedvoorziening« haben ergeben,
dass ein Drittel der Rheumapatienten Antikörper gegen Adalimumab,
auch bekannt als Humira, entwickelt. Diese Antikörper können dazu
führen, dass das Biologikum seine Wirkung verliert.
Pauline
van Schouwenburg von der Abteilung Immunpathologie bei Sanquin,
untersuchte das Blut von 272 Rheumapatienten, die mit Adalimumab
behandelt wurden, auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen dieses
Arzneimittel. Über drei Jahre hinweg wurde das Blut der
Rheumapatienten regelmäßig auf die vorhandene Wirkstoffmenge und
die Bildung von Antikörper untersucht. 32 Prozent entwickelten eine
Abwehrreaktion, die dazu führte, dass das Medikament nur teilweise
oder gar nicht mehr wirkte.
Spezielle
Antikörper
Die
Untersuchungen zeigen zum ersten Mal, gegen welche spezifische
Substanz von Adalimumab Antikörper gebildet werden. »Bislang war
nicht bekannt, ob die Antikörper sich nur gegen einen oder gegen
mehrere Substanzen richten. Diese Studie beweist, dass die Antikörper
sich in jedem Fall gegen einen ganz spezifischen Teil des Medikaments
richten - nämlich gegen den wirksamen Anteil«, sagt Van
Schouwenburg.
Rechtzeitig
auf Immunreaktionen testen
Um
zu vermeiden, dass Medikamente nicht wirken, können Patienten
eventuell mit einer Kombinationstherapie behandelt werden. Van
Schouwenburg: »Mit einer Kombinationstherapie werden Wirkstoffe
verabreicht, die die Immunreaktion unterdrücken. Frühere Studien
lassen vermuten, dass die Chance auf die Bildung von Antikörpern
damit gesenkt wird.«
Es
ist sinnvoll, um schon in einem frühen Behandlungsstadium zu
untersuchen, ob ein Patient Abwehrreaktionen zeigt. »Durch Bestimmen
der Wirkstoffmenge und möglicher Antikörper im Blut lässt sich
vermeiden, dass ein Patient weiter behandelt wird, obwohl die
Therapie schon nicht mehr wirkt. Auch lässt sich vermeiden, dass der
Patient andere Wirkstoffe probieren muss, die dann auch nicht wirken.
Das ist nicht nur für den Patienten angenehmer, sondern spart auch
Kosten. Ärzte müssen daher sorgfältig kontrollieren und
routinemäßig das Blut ihrer Patienten auf Antikörper untersuchen
lassen«, empfiehlt Van Schouwenburg.
Quellen:
Burmester GR et al.: Induction therapy with adalimumab plus
methotrexate for 24 weeks followed by methotrexate monotherapy up to
week 48 versus methotrexate therapy alone for DMARD naive patients
with early rheumatoid arthritis: HIT HARD, an investigator-initiated
study. Ann Rheum Dis. 2012 Jul 10. doi:
10.1136/annrheumdis-2012-201612
van
Schouwenburg PA, Krieckaert CL, Nurmohamed M, Hart M, Rispens T,
Aarden L, Wouters D, Wolbink GJ: IgG4 Production Against Adalimumab
During Long Term Treatment of RA Patients, J Clin Immunol. 2012
Oct;32(5):1000-6. doi: 10.1007/s10875-012-9705-0
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