Montag, 20. Mai 2013

Übergewicht nicht nur durch Bewegungsmangel


Hadza kehren von der Jagd zurück
(Foto: By Andreas Lederer (originally posted to Flickr as Returning from hunt) [CC-BY-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons)
Bewegungsmangel bringt uns um. Das haben aktuelle Forschungsergebnisse amerikanischer Wissenschaftler abermals ergeben. Zu wenig Bewegung soll die Lebenserwartung genauso stark senken wie Rauchen und Fettleibigkeit. Nachzulesen im britischen Fachjournal »Lancet«. Doch Bewegungsmangel scheint nicht unbedingt die Ursache von Fettleibigkeit zu sein.


Wissenschaftler, Ärzte und Ernährungsexperten warnen schon seit Jahren vor den Folgen mangelnder körperlicher Bewegung: Herzinfarkt, Zuckerkrankheit, Brust- und Darmkrebs machen weltweit den Menschen zu schaffen. Nicht zu vergessen, Übergewicht bis hin zu Adipositas, der krankhaften Fettleibigkeit. Forscher der Universität Texas erklären die Unbeweglichkeit schon zur »Pandemie«.
Doch so leicht scheint die weltweite Zunahme des Körpergewichts nicht erklärbar. Denn der tägliche Energieverbrauch der Hadza, einem Volk in Tansania, ist vergleichbar mit dem von Europäern und Amerikanern. Die Hadza, ein Volk, das noch traditionell als Jäger und Sammler lebt, verbraucht genauso viele Kalorien wie wir in der westlichen Welt.

Ernährung hat den größten Einfluss

Amerikanische Forscher vom Hunter College in New York unter der Leitung von Herman Pontzer führten erstmals genaue Messungen des Kalorienverbrauchs bei den Hadza durch. Der Vergleich mit entsprechenden europäischen und amerikanischen Daten widerlegt die gängige Hypothese, dass Bewegungsmangel den Energieverbrauch des Körpers senkt und daher zu Übergewicht und Fettleibigkeit führt. Die aktuellen Ergebnisse, die im Online-Journal »PLoS One« veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Ernährung von weitaus größerer Bedeutung ist. Die Messungen verdeutlichen, dass der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Energieverbrauch komplexer ist als bisher angenommen. Die Menschen der Hadza verbrauchen tägliche eine ähnliche Menge an Kalorien wie die europäische und amerikanische Bevölkerung.

Für ihre Forschungen sammelten die Wissenschaftler umfangreiche Messdaten von 30 Männern und Frauen der Hadza im Alter zwischen 18 und 75 Jahren. Elf Tage lang wurde der gesamte tägliche Kalorienverbrauch, die täglich zurückgelegten Entfernungen sowie die Kalorienverbrennung beim Gehen und in Ruhe gemessen. Verglichen wurden die Daten mit bekannten Messwerten von Personen aus westlichen Industrieländern. Einflussfaktoren wie Geschlecht, Größe, Körpergewicht, Alter und Körperfettmenge wurden dabei berücksichtigt.

Kein höherer Energieverbrauch der Jäger und Sammler

Wie erwartet waren die Hadza im Alltag körperlich aktiver als Menschen in modernen Industrienationen. Dessen ungeachtet war der tägliche Energiegesamtverbrauch bei allen ähnlich. Der Kalorienverbrauch passte auch nicht zu den täglich zurückgelegten Wegen der Jäger und Sammler. Das Zusammenspiel von Stoffwechselprozessen, körperlicher Bewegung und Umwelt stellt sich vielschichtiger dar, als bisher gedacht. Die Wissenschaftler schließen aus ihren Untersuchungsergebnissen, dass Bewegungsmangel und der daraus resultierende geringere Kalorienverbrauch nicht die Hauptursache von Fettleibigkeit in den westlichen Nationen sein kann.

Mit höherer Wahrscheinlichkeit spielen Umfang und Art der aufgenommenen Nahrungsmittel die entscheidende Rolle. Speisen mit vielen Kalorien und stark verarbeitete Nahrungsmittel führen vermutlich eher zu Übergewicht. Als Beispiele seien hier Fertiggerichte, Fast Food, Chips, Pommes Frites, Nussnougatcreme, Geschmacksverstärker, Cola und Energydrinks genannt. Sie liefern viel wertlose Energie, aber wenig Ballaststoffe und wertvolle Nährstoffe für den Körper. Die Studienautoren betonen allerdings in ihrer Veröffentlichung, dass Bewegung aus alternativen Gründen wesentlich für die Gesundheit ist und Maßnahmen zur Vermeidung von Fettleibigkeit unterstützen kann.
Also letztlich doch zu früh gefreut: Am Ende müssen wir also wieder mal runter vom Sofa und rauf aufs Fahrrad!

Quellen: Hunter-Gatherer Energetics and Human Obesity, Herman Pontzer et al.; PLoS ONE, DOI: 10.1371/journal.pone.0040503

I-Min Lee et al.; Effect of physical inactivity on major non-communicable diseases worldwide: an analysis of burden of disease and life expectancy; The Lancet, Volume 380, Issue 9838, Pages 219 - 229, 21 July 2012, doi:10.1016/S0140-6736(12)61031-9

Harold W Kohl et al.; The pandemic of physical inactivity: global action for public health, The Lancet, Volume 380, Issue 9838, Pages 294 - 305, 21 July 2012, doi:10.1016/S0140-6736(12)60898-8

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