Können Würmer Diabetes verhindern? (Foto: Dmitry Lobanov - Fotolia.com) |
Eine
Infektion mit einem parasitären Wurm kann zu Krankheiten führen,
doch nach neuen Erkenntnissen kann es in einigen Fällen auch heilsam
sein.
Auf
der Liste der unerwünschten Erkrankungen rangiert eine Infektion mit
einem Wurmparasiten
mit Sicherheit ziemlich hoch. Auch wenn durch moderne Arzneimittel
solche Infektionen in einigen Regionen nicht mehr so bedrohlich sind,
sind diese Parasiten in den Entwicklungsländern immer noch ein
Hauptgrund für Krankheiten und Arbeitsunfähigkeit.
Heilsame
Parasiten
Doch
einer neuen internationalen Studie zufolge sind nicht alle Parasiten
schlecht. Denn sobald ein parasitärer Wurm sich in seinem Wirt
festgesetzt hat, scheidet er oft ein Zuckermolekül mit
entzündungshemmenden Eigenschaften aus. Mit Hilfe des Zuckermoleküls
kann der Parasit sich problemlos im Körper des Wirtes verbergen:
Durch das Zuckermolekül wird das Immunsystem des Wirtes
ausgetrickst, in dem Entzündungsreaktionen unterdrückt werden. Der
Wirt hat keinerlei Beschwerden durch seinen ungebetenen Gast und die
Anwesenheit des Wurms bleibt verborgen. Dieses Molekül könnte bei
der Behandlung metabolischer Krankheiten helfen, die im Zusammenhang
mit Adipositas stehen.
Zuckermolekül
bremst Folgen der Fettleibigkeit
Weil
im Fettgewebe übergewichtiger Menschen Entzündungsprozesse
entstehen, die Folgeerkrankungen wie Arteriosklerose,
Insulinresistenz und Diabetes hervorrufen, erwarteten die
Wissenschaftler einen Einfluss des Zuckermoleküls. Sie testeten ihre
Hypothese an Mäusen, die an einer fettreichen Diät teilnahmen. Die
Mäuse in der Testgruppe entwickelten durch die fetthaltige Ernährung
unter anderem eine Insulinresistenz und hohe Cholesterin- und
Triglyceridwerte. Die Kontrollmäuse, denen das Zuckermolekül
verabreicht wurde, nahmen zwar an Gewicht zu, allerdings ohne die
negativen Gesundheitsfolgen, die sich bei den Testmäusen zeigten.
»Alle metabolischen Indikatoren, die mit Fettleibigkeit verbunden
sind, gingen nach der Gabe des Zuckermoleküls auf Normalwerte
zurück«, sagt Donald Harn, Co-Autor der Studie. »Es wird
Adipositas nicht verhindern, aber es könnte einige Folgeerkrankungen
lindern«.
Dieselben
Zuckermoleküle, die die Parasiten ausschütten, wurden auch in
menschlichen Föten und in Muttermilch gefunden, was nach Harns
Vermutung für einen gut funktionierenden Stoffwechsel beim
Neugeborenen sorgt. Außer in der Kindheit sind jedoch solche
Zuckerverbindungen nur noch in wenigen Zellen zu finden und die
einzige externe Quelle für solche Zuckermoleküle sind parasitäre
Würmer. Weil Parasiten sich über Millionen von Jahren mit den
Säugetieren mitentwickelt haben, glauben einige Wissenschaftler,
dass die Beziehung zwischen Menschen und Würmern mehr symbiotisch
als parasitär ist und dass leichte Wurminfektionen auch Vorteile
haben können.
»Die
Häufigkeit entzündungsbasierter Krankheiten ist sehr niedrig in
Ländern, in denen Menschen verbreitet mit Würmern infiziert sind«,
sagt Harn. »Sobald man anfängt, die Menschen zu entwurmen, dauert
es nicht lange, bis solche Autoimmunerkrankungen auftauchen.«
Keine
Eigentherapie mit Würmern
Die
Wissenschaftler betonen, dass Menschen sich nun aber nicht selbst mit
einer Wurminfektion behandeln sollten. Die Forschungen bieten aber
Hinweise für neue Therapiemethoden. Nicht nur für Erkrankungen, die
mit Übergewicht zusammenhängen, sondern auch für
entzündungsbasierte Erkrankungen wie beispielsweise Schuppenflechte
(Psoriasis). Das Zuckermolekül könnte sogar als Mittel gegen
Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantationen eingesetzt werden.
Weiterhin hat es bei Mäusen die Symptome von multipler Sklerose
gestoppt und rückgängig gemacht.
Bevor
das Zuckermolekül an Menschen getestet werden kann, sind
Folgestudien nötig, aber Wissenschaftler Donald Harn ist begeistert:
»Wir sehen viel Potenzial für das Zuckermolekül. Hoffentlich kann
sich das in Zukunft beweisen.« Die Studienergebnisse wurden im
Fachmagazin »Nature Medicine« veröffentlicht.
Quelle:
Donald A. Harn et al.: Immunomodulatory glycan LNFPIII alleviates
hepatosteatosis and insulin resistance through direct and indirect
control of metabolic pathways. Nature Medicine 18, 1665–1672
(2012), doi: 10.1038/nm.2962
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