Freitag, 7. Juni 2013

Nahrungsergänzung Glukosamin fördert ein Glaukom


Nahrungsergänzung Glukosamin
erhöht Risiko für ein Glaukom
(Foto: geralt/pixabay.com)


Bei Senioren, die Glukosamin als Nahrungsergänzung einnehmen, wurde ein höheres Risiko für grünen Star (Glaukom) festgestellt.


Millionen von Menschen nehmen täglich Glukosamin-Präparate als unterstützende Therapie ihrer Hüft- und Kniearthrose. Eine kleine Studie mit Senioren deutet nun auf einen unerwarteten und unerwünschten Nebeneffekt hin: Nahrungsergänzungsmittel mit Glukosamin können das Risiko für die Entwicklung eines Glaukoms erhöhen.
Ein Glaukom tritt auf, wenn der Augeninnendruck zu stark ansteigt. Unbehandelt ist das Glaukom einer der führenden Gründe für Erblindung.

Augeninnendruck höher mit Glukosamin

An der neuen Studie nahmen 17 Senioren mit einem Durchschnittsalter von 76 Jahren teil. Bei 11 Teilnehmern wurde der Augendruck vor, während und nach der Einnahme von Glukosamin-Supplementen gemessen. Bei den restlichen sechs Teilnehmern wurde der Augendruck nur während und nach der Anwendung von Glukosamin gemessen.
Insgesamt war der Augeninnendruck höher, wenn die Probanden Glukosamin einnahmen. Er normalisierte sich aber, sobald die Einnahme von Glukosamin beendet wurde, so das Ergebnis der Studie.

Langzeitschäden durch Dauereinnahme von Glukosamin?

»Die Studie zeigt einen reversiblen Effekt der Veränderungen, der zunächst beruhigt«, schreiben die Forscher unter der Leitung von Dr. Ryan Murphy von der »University of New England College of Osteopathic Medicine« in Biddeford. »Dennoch ist nicht auszuschließen, dass eine verlängerte Anwendung von Glukosamin-Präparaten bleibenden Schaden anrichtet.«
Wie genau Nahrungsergänzungsmittel mit Glukosamin den Augeninnendruck beeinflussen, ist noch nicht völlig klar, es existieren aber verschiedene Theorien. Beispielsweise ist Glukosamin ein Vorläufer für bestimmte Moleküle, sogenannte Glykosaminoglykane, die den Augendruck erhöhen könnten. Die Ergebnisse wurden als Forschungsbrief im Fachjournal »JAMA Ophthalmology« veröffentlicht.

Kritiker fordern weitere Untersuchungen

Die Studie hatte einige Unzulänglichkeiten. Die Wissenschaftler hatten keinerlei Informationen über die Dosis oder die Marke der Glukosamin-Präparate. Weiterhin war unbekannt, wie lange einige Studienteilnehmer die Nahrungsergänzungsmittel schon einnahmen.
Duffy MacKay, Vizepräsident einer Washingtoner Handelsgruppe der Nahrungsergänzungmittel-Hersteller, ist der Meinung, dass die Ergebnisse kein Anlass sind, mit der Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln aufzuhören.
»Dieser Forschungsbrief wirft Fragen auf und stellt eine Hypothese auf, die weiter erforscht werden muss. Die geringe Anzahl der untersuchten Fälle und die Tatsache, dass die Forscher weder die Kapseln gezählt haben, noch Dosierung, eingenommene Menge oder Dauer der Anwendung kontrollierten, geben nur sehr begrenzte Hinweise auf mögliche Schädigungen,« kritisiert MacKay.

»Diese Studie sollte nicht die Gewohnheiten der Verbraucher ändern; dennoch sollten Personen mit Glaukom oder okularer Hypertension, die Glukosamine nehmen, ihren Arzt darüber informieren, damit er anhand regelmäßiger Messungen des Augeninnendrucks eventuelle Änderungen frühzeitig entdeckt.«

Zweifel an der Wirksamkeit bei Arthrose

Schon frühere Studien haben Fragen aufgeworfen, inwieweit Glukosamin-Supplementen überhaupt einen Nutzen für die Gesundheit von Verbrauchern liefern. Eine große aktuelle Studie kam zu dem Schluss, dass Glukosamin keine schmerzlindernde Wirkung bei Arthrose hat.
Die mögliche Beziehung zwischen Glukosamin und Glaukom ist neu für Dr. Scott Fudemberg, einem Glaukom-Chirurgen am »Wills Eye Institute« in Philadelphia. »Der Mechanismus wie Menschen ein Glaukom entwickeln, ist noch nicht völlig verstanden und das gleiche gilt für die Rolle, die Supplementen dabei spielen«, sagt er.
Zwar fand die Studie eine Verbindung zwischen der Glukosamin-Einnahme und erhöhtem Augeninnendruck, sie konnte allerdings keine Kausalität nachweisen.

Zur Erhaltung der Sehfähigkeit sind am besten regelmäßige Augenchecks, empfiehlt Fudemberg. »Ein Glaukom kann behandelt werden mit Medikamenten, Laser und/oder durch Operation«, sagt er. »Diese Ergebnisse stellen die Frage auf, ob die Einnahme von Glukosamin den Augeninnendruck erhöhen kann, aber sie geben keine Antwort. Mehr Forschung ist jetzt notwendig, bevor überhaupt Schlüsse gezogen werden können.«

Was ist Glukosamin?

Glukosamin ist ein natürlicher Bestandteil der Gerüstsubstanz (Chitin) von Krebstieren und Insekten. Auch in den Zellwänden von Flechten und Pilzen ist dieses Chitin vorhanden. Beim Menschen wird in jungen Jahren das Glukosamin aus der Nahrung selbst produziert und bildet den Grundstoff für Knochen, Bänder und vor allem Knorpel. Glukosamin unterstützt die Regeneration von beschädigtem Knorpel. Mit fortschreitendem Alter nimmt die Glukosamin-Produktion des Körpers ab.
Glukosamin ist auch Bestandteil der Gelenkflüssigkeit, die den Knorpel feucht hält und mit Nährstoffen versorgt. In Laborversuchen zeigte Glukosamin entzündungshemmende und schmerzlindernde Eigenschaften und schützte vor Knorpelverlust. Allerdings gab es auch Studien, die widersprüchliche Ergebnisse zeigten.

Nebenwirkungen

Glukosaminsulfat kann die Aufnahme bestimmter Antibiotika (Tetrazykline) beschleunigen und die Aufnahme von Antibiotika wie Penizillin und Chloramphenicol reduzieren und sollten daher nicht gleichzeitig eingenommen werden. Selten wurden unter der Einnahme von Glukosamin Magen-Darm-Beschwerden, Hautreaktionen, Kopfschmerzen, Sehstörungen oder Haarausfall beobachtet. Die Beschwerden waren in der Regel nicht ausgeprägt und nur vorübergehend. Trotzdem sollten Sie in jedem Fall die Einnahme von Glukosamin mit Ihrem Arzt besprechen oder ihn über die Anwendung informieren.

Quelle: Murphy RK, Ketzler L, Rice RE, Johnson SM, Doss MS, Jaccoma EH. Oral Glucosamine Supplements as a Possible Ocular Hypertensive Agent. JAMA Ophthalmol. 2013;():1-3. doi:10.1001/jamaophthalmol.2013.227

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