Eine Lithium-Therapie geht oft mit stärkerem Harndrang einher (Foto: VitaBuona/pixabay.com) |
Eine
Lithium-Therapie hat oft einen gestörten Flüssigkeitshaushalt zur
Folge. Gegen den vermehrten Harndrang soll nun ein bereits bekanntes
Medikament helfen.
Wissenschaftler
am UMC St. Radboud im niederländischen Nijmegen entdeckten jetzt,
dass man mit einem bereits bekannten Medikament - Acetazolamid - die
erhöhte Urinproduktion bei einer Lithium-Therapie senken kann.
Lithium
wird in vielen Fällen zur Behandlung von psychischen Erkrankungen
verordnet. Dabei können verschiedene Nebenwirkungen wie stärkeres
Durstgefühl und häufiger Harndrang auftreten. Einige Patienten
entwickeln einen nephrogenen Diabetes insipidus (NDI), eine
Erkrankung, bei der die Nieren nicht in der Lage sind den Urin zu
konzentrieren. Dadurch müssen sie häufiger zur Toilette, auch
nachts, was den Tag- und Nachtrhythmus stört.
Weniger
Aquaporine in den Nieren
Promovend
A. P. Sinke betrieb Grundlagenforschung für den Wasserstoffwechsel,
um die zugrundeliegenden Mechanismen zu verstehen und die
Veränderungen zu erklären. Er untersuchte in vitro anhand von
Nierenzellen von Mäusen die Reaktion auf Lithium und Acetazolamid.
Das zeigte, dass Lithium die Produktion von Wasserkanälen in der
Niere, sogenannte Aquaporine, reduzierte. Anschließend führten die
Forscher verschiedene Tests an lebenden Mäusen durch. Sie mussten
nach der Gabe von Lithium häufiger Wasser lassen. Sowohl bei den
Tests an Nierenzellen als auch bei den lebenden Versuchstieren war
Acetazolamid in der Lage, die Störungen im Wasserstoffwechsel zu
korrigieren.
Acetazolamid
fördert die Bildung neuer Aquaporine
Um
einer Austrocknung des Körpers entgegen zu wirken, finden
normalerweise zwei Dinge statt: Man bekommt ein Durstgefühl und das
Gehirn gibt ein Signal an die Nieren zur Bildung eines bestimmten
Hormons, das antidiuretische Hormon Vasopressin.
»Vasopressin
sorgt dafür, dass mehr Wasserkanäle in den Nieren gebildet werden,
die das Wasser wieder in den Körper zurückführen. Bei Patienten
mit einem durch Lithium verursachten nephrogenen Diabetes insipidus
sind weniger Aquaporine in den Nieren vorhanden und das Wasser kann
nicht wieder in den Körper aufgenommen werden. Das führt zu
erhöhten Urinmengen. Acetazolamid stimuliert die Bildung
zusätzlicher Wasserkanäle in den Nieren und senkt so das
Urinvolumen«, erklärt Doktorand Sinke.
Weniger
Nebenwirkungen
Menschen,
die durch die Anwendung von Lithium unter einer erhöhten
Harnausscheidung (Polyurie) leiden, werden durchweg mit einer
Kombination von Diuretika behandelt, um den Wasserhaushalt wieder in
Balance zu bringen: Amilorid und Thiazid. »Leider haben diese Mittel
Nebenwirkungen wie Elektrolytstörungen. Bei Amilorid und Thiazid
geht es um ein erhöhtes Kaliumniveau und ein vermindertes
Natriumniveau. Das möchte man lieber nicht haben«, erklärt Sinke
weiter. Lithium wird momentan noch hauptsächlich bei bipolaren
Störungen (manisch-depressiven Erkrankungen) eingesetzt, aber
zukünftig vielleicht auch bei der Alzheimer-Erkrankung. Zwischen
1996 und 2005 wuchs die Zahl der Lithium-Anwender um 10.000 und die
Zahlen steigen noch immer an. »Das Mittel verbessert die
Lebensqualität von Patienten mit bipolaren Störungen derart, dass
es oft keine Option ist, das Mittel abzusetzen. Aber bei Polyurie ist
es vielleicht besser um Acetazolamid zu verordnen anstelle der
bisherigen Diuretika. Acetazolamid zeigte bei Mäusen auf jeden Fall
wesentlich weniger Nebenwirkungen«, so Sinke.
Erprobtes
Arzneimittel
Acetazolamid
wird auch angewendet zur Augeninnendrucksenkung beim Glaukom, im
Volksmund als grüner Star bekannt und bei der Höhenkrankheit, denn
Acetazolamid fördert die Ausschwemmung übermäßiger
Flüssigkeitsansammlungen. Es ist ein erprobtes Arzneimittel und
deshalb sind erneute Sicherheitstests unnötig. Anstehende Studien in
den Niederlanden und in Neuseeland müssen zeigen, ob Acetazolamid
auch für Menschen in der Lithiumtherapie geeignet ist. »Wenn es
funktioniert, haben wir wirklich etwas gefunden, um Patienten zu
helfen. Dabei geht es um 20.000 Menschen in den Niederlanden und
sieben Millionen Patienten weltweit«, so die Forscher.
Quelle:
P. A. Sinke: Understanding the mechanisms of disorders in
osmoregulation and their potential treatments, UMC St. Radboud
Nijmegen
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