Schlafmangel verwirrt unsere Erinnerungen (Foto: tatlin / pixabay.com) |
Schlafmangel
beeinträchtigt nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern kann auch
zu falschen Erinnerungen führen. Bereits einige Stunden zu wenig
Schlaf reichen dafür aus.
Mal
wieder einige Stunden zu wenig geschlafen? Für die meisten von uns
ist das eher die Regel als die Ausnahme. Lange Arbeitstage, familiäre
Verpflichtungen und wenig Freizeit: Alles unter einen Hut zu bringen
ist schwierig. Meist gehen wir deshalb später ins Bett, als wir
sollten. Die Zeit, die wir pro Nacht brauchen, um morgens wieder fit
zu sein, ist natürlich auch individuell verschieden. Im Durchschnitt
benötigen wir ungefähr sieben bis acht Stunden Schlaf, um tagsüber
leistungsfähig zu sein. Und jeder bleibt natürlich mal länger auf
und weiß dann schon im Voraus, dass er am nächsten Tag vermutlich
übermüdet ist. Doch Wissenschaftler haben festgestellt, dass wir
nach dem Auslassen einiger Stunden Schlaf nicht nur mit Müdigkeit,
schlechterer Gehirnleistung und verzögertem Reaktionsvermögen zu
kämpfen haben, sondern dass sich falsche Erinnerungen in unser
Gedächtnis schleichen.
Schlafmangel
erschwert das Verarbeiten neuer Informationen
Eine
Studie im Journal »Psychological Science« verbindet Schlafmangel
mit falschen Erinnerungen. An der Studie nahmen 193 Studenten teil.
Diejenigen, die höchstens fünf Stunden in einer Nacht geschlafen
hatten, gaben an, ein Nachrichtenvideo viel häufiger gesehen zu
haben, als das tatsächlich der Fall war. Wer mit gerade mal fünf
Stunden ungenügend Schlaf bekommen hatte, ging auch schneller auf
falsche Vorschläge des Forschungsteams ein. Diese falschen
Vorschläge flossen in 38 Prozent ihrer Antworten ein. Bei der
Gruppe, die ausreichend geschlafen hatte, passierte das nur in 28
Prozent der Fälle. Laut den Studienautoren erschwert der
Schlafmangel die Verarbeitung neuer Informationen.
Falsche
Erinnerungen schon bei geringem Schlafmangel
Die
Forscher schließen aus ihren Untersuchungen, dass kein totaler
Schlafentzug notwendig ist, um falsche Erinnerungen hervorzurufen.
Bereits einige Stunden zu wenig Schlaf können ausreichen, um »Träume
wahr werden zu lassen«. Traum und Realität können nach einer zu
kurzen Nachtruhe vom Gehirn nicht mehr gut unterschieden werden.
Aktuelle Studien zeigen zudem, dass in der heutigen Zeit die
durchschnittliche Schlafdauer abnimmt und chronischer Schlafmangel
mehr und mehr Personen betrifft. Solch ein Problem kann ernste und
weitreichende Folgen haben: Falsche Erinnerungen bei Augenzeugen
sollen laut den Studienautoren zu falschen Identifizierungen führen
können, die wichtigste Ursache für falsche Verurteilungen in den
USA. Weitere Studien sollen mehr Verständnis für die Zusammenhänge
zwischen Schlafmangel und falschen Erinnerungen bringen. Erst dann
können Wissenschaftler Strafverfolgungsbehörden mit
wissenschaftlich basierten Richtlinien versorgen, die sicherstellen,
dass die Erinnerungen von Augenzeugen der Wahrheit entsprechen.
Schlafmangel kann also durchaus Folgen haben, die weiter reichen als
die eigene Gesundheit.
Quelle:
S. J. Frenda, L. Patihis, E. F. Loftus, H. C. Lewis, K. M. Fenn.
Sleep Deprivation and False Memories. Psychological Science, 2014;
DOI: 10.1177/0956797614534694
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.