Psychische Erkrankungen werden häufig von Hauterkrankungen begleitet (Foto: Hans - pixabay.com) |
Nicht
nur die Augen sind ein »Spiegel der Seele«, sondern auch unser
größtes Organ: die Haut. Jede dritte Hautkrankheit tritt gemeinsam
mit psychischen Leiden auf.
Nesselsucht
als Folge unterdrückter Wut, Neurodermitis durch zu viel Stress –
eine Vielzahl von Hauterkrankungen hat seelische Ursachen. Eine neue
europäische Studie belegt nun, dass fast jeder dritte Hautkranke
auch unter psychischen Problemen leidet. In Anbetracht dieser
Ergebnisse fordert die deutsche Gesellschaft für Psychosomatische
Medizin (DGPM), bei der Behandlung von Hautkrankheiten Diagnostik und
Therapie gleichzeitig auftretender seelischer Erkrankungen stärker
als bisher zu berücksichtigen.
Hautkrankheiten:
genetische Veranlagung + psychische Verfassung
In
den vergangenen Jahrzehnten haben Hauterkrankungen immer mehr
zugenommen. Neurodermitis oder Schuppenflechte etwa sind zu
Volkskrankheiten geworden. Meistens sind die Hautleiden genetisch
veranlagt. Doch darüber, ob und wann sie ausbrechen, entscheiden
viele Faktoren mit – vor allem auch die psychische Verfassung.
Dies
belegt eine neue europäische Studie, in der Wissenschaftler in
dreizehn Staaten insgesamt rund 3600 Menschen mit Hautkrankheiten
befragt und untersucht haben. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis,
dass 29 Prozent der Hautkranken gleichzeitig auch an einer
psychischen Erkrankung litten. Zum Vergleich: In der Kontrollgruppe,
die aus 1400 Menschen ohne Hautkrankheiten bestand, lag dieser Anteil
bei nur 16 Prozent. Die Forscher stellten außerdem fest, dass der
Anteil von Menschen mit Depressionen unter den Hautkranken mehr als
doppelt so hoch war, und Angsterkrankungen oder Suizidgedanken
anderthalbmal so häufig vorkamen wie in der Kontrollgruppe.
Allergische
Hauterkrankungen haben oft seelische Ursachen
„In
solch großem Umfang wurde der Zusammenhang von Haut- und psychischen
Krankheiten bisher nicht nachgewiesen“, sagt Professor Dr. med. Uwe
Gieler, der als kommissarischer Leiter der Universitäts-Hautklinik
in Gießen maßgeblich an der Studie beteiligt war und sich nun
Fortschritte bei der Behandlung Hautkranker verspricht. „Wenn eine
Hauterkrankung auf psychische Probleme zurückgeht, ist die
Behandlung nur adäquat, wenn die psychischen Probleme erkannt und
mitbehandelt werden“, betont Gieler. Vor allem bei allergischen
Hauterkrankungen gebe es zunehmend Hinweise auf seelische Ursachen.
„Neurodermitis kann sich durch belastenden Stress verschlimmern,
unterdrückte Wut in Nesselsucht äußern“, erläutert der
DGPM-Experte. Ursache sind höchstwahrscheinlich Neuropeptide –
Botenstoffe, die der Körper in Stress-Situationen ausschüttet.
Diese könnten durch die Nervenbahnen bis zu den Organen gelangen und
dort Entzündungen verstärken.
Haut
als Überdruckventil der Seele
„Gerade
die Haut reagiert häufig als Überdruckventil der Seele“, sagt
Gieler. In der deutschen „Leitlinie Allergieprävention“, an der
Gieler als Experte der DGPM mitarbeitete, findet sich seit diesem
Jahr erstmals der Bezug zu psychischen Leiden: Schwerwiegende
Lebensereignisse, wie die Trennung der Eltern oder der Tod eines
Elternteils, in der Schwangerschaft oder in der frühen Kindheit,
erhöhen das Risiko für spätere allergische Erkrankungen der
Kinder. „Diese Leitlinie verdeutlicht, wie wichtig es ist,
beispielsweise im Fall frühkindlicher Traumata gegebenenfalls
frühzeitig eine psychische Behandlung in Angriff zu nehmen, bevor
das seelische Leid in einer Allergie oder Hauterkrankung mündet “,
sagt Professor Dr. med. Harald Gündel, ärztlicher Direktor der
Universitätsklinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie
in Ulm und Mediensprecher der DGPM.
Quellen:
Presseinformation der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische
Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM), Stand: 18.12.2014
Dalgard
F, Gieler U et al (2014): The psychological burden of skin diseases:
a cross-sectional multicenter study among dermatological out-patients
in 13 European countries Journal of Investigative Dermatology, epub
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