Sonntag, 15. Februar 2015

Biologische Uhr reagiert bei Senioren weniger flexibel


Die biologische Uhr reagiert im Alter
weniger flexibel
(zwekke2 - pixabay.com)
Die biologische Uhr reagiert bei Senioren weniger flexibel als bei Jüngeren. Deshalb gerät oft ihr Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinander.


Die Anpassung des Schlaf-Wach-Rhythmus an veränderte Lichtverhältnisse verläuft bei älteren Menschen nicht mehr so reibungslos wie bei jungen Menschen. Zu diesem Schluss kommt die Chronobiologin Marina C. Giménez in einer Studie an der Reichsuniversität Groningen. Sowohl der Schlaf-Wach-Rhythmus als auch die Produktion des Schlafhormons Melatonin normalisiert sich schnell bei Jüngeren, die lichtfilternde Kontaktlinsen tragen. Bei älteren Menschen mit einer Trübung der Augenlinse, dem sogenannten grauen Star oder Katarakt, ist das nicht der Fall.

Licht wichtig für die biologische Uhr
Der Mensch hat eine Reihe von 24-Stunden-Rhythmen wie den Schlaf-Wach-Rhythmus. Sie werden von der biologischen Uhr im Gehirn gesteuert. Licht spielt dabei eine wichtige Rolle, um die biologische Uhr auf die Außenwelt abzustimmen. Doch wie diese Abstimmung unter natürlichen Umständen funktioniert, ist zu einem großen Teil noch unklar. Senioren leiden häufig mit den Jahren an einem gestörten Schlafrhythmus. Tagsüber nicken sie des Öfteren ein, während sie nachts wach liegen und oft früh wieder aufwachen. Giménez untersuchte den Einfluss von Lichtintensität, Lichtzusammenstellung und Timing auf den Schlafrhythmus von Senioren. Sie bestimmte dabei auch den Spiegel des Schlafhormons Melatonin im Speichel der Teilnehmer. Melatonin wird vom Körper ausgeschüttet, wenn es dunkel ist und hat einen großen Einfluss auf den Schlaf-Wach-Rhythmus.

Grauer Star verhindert Aufnahme blauen Lichtes
Giménez untersuchte Senioren zwischen 66 und 87 Jahren, die gerade am grauen Star operiert worden waren. Das innere Regulierungssystem für den 24-Stunden-Rhythmus ist besonders empfindlich für Licht mit einer kurzen Wellenlänge zwischen 420 und 500 Nanometer (blaues Licht). Eine trübe Augenlinse, wie sie durch grauen Star entsteht, lässt weniger blaues Licht durch. Giménez hatte deshalb angenommen, dass der Schlaf-Wach-Rhythmus nach einer Staroperation besser würde, weil dann die Betroffenen wieder eine größere Menge blauen Lichtes aufnehmen können. Die Teilnehmer führten deshalb vor und nach der Augenoperation ein Tagebuch, sammelten Speichelproben zur Bestimmung des Melatoningehaltes und trugen ein Messgerät am Handgelenk, das den Schlaf-Wach-Rhythmus aufzeichnete.

Verschiebung des Rhythmus nach Staroperation
Die Staroperation schien tatsächlich den Melatoninhaushalt und den Schlaf-Wach-Rhythmus zu beeinflussen. Giménez: »Beide Rhythmen verschoben sich auf einen späteren Zeitpunkt. Diese Verschiebung war bei Nachtmenschen größer als bei den Morgentypen. Wir glauben, dass sich nach einer Staroperation der alte Rhythmus wieder normalisiert.« Dass die Verschiebung vor allem bei Nachtmenschen größer ist, liegt laut Giménez daran, dass die gestiegene Lichtintensität am Abend stärkeren Einfluss gewinnt. »Wahrscheinlich ist der Effekt einer neuen klaren Augenlinse abends relativ am größten, weil das Umgebungslicht dann niedrig ist und eine trübe Linse davon einen relativ großen Teil wegnimmt. Tagsüber ist die Lichtintensität doch schon so hoch, dass eine trübe Linse weniger Einfluss hat.«

Zirkadianer Rhythmus bei Jüngeren flexibler
Zur Bestätigung ihrer Ergebnisse machte Giménez anschließend ein Experiment bei jungen Leuten zwischen 19 und 28 Jahren. Die Teilnehmer trugen zwei Wochen lang orangefarbene Kontaktlinsen, die kein blaues Licht durchließen. Die Ergebnisse die Giménez feststellte, waren bemerkenswert: »Bei den jungen Teilnehmern trat der Star-Effekt nicht auf. Obwohl die Kontaktlinsen kurz nach dem Start des Experimentes die Melatoninproduktion beeinflussten, war dies nach zwei Wochen wieder völlig normal. Sowohl der Schlaf-Wach-Rhythmus als auch die Melatoninproduktion verschoben sich nicht durch die orangefarbenen Linsen. Das innere Regulierungssystem für den 24-Stunden-Rhythmus ist bei Jüngeren also flexibler als bei Senioren. Es passt sich schnell an veränderte Umstände an und wird empfindlicher für blaues Licht«, sagt Giménez.

Lichteinfluss altersabhängig
Ob die Studienteilnehmer auch tatsächlich weniger Schlafprobleme nach der Staroperation hatten, hat Giménez noch nicht untersucht. Co-Promotor Marijke Gordijn: »Wir wissen schon länger, dass Licht äußerst wichtig ist für einen guten Schlaf-Wach-Rhythmus. Aber diese Studienergebnisse zeigen uns, dass dieser Lichteinfluss auch altersabhängig ist. Das 24-Stunden-Regelsystem von Senioren scheint weniger flexibel zu sein. Ein gesundes, junges System kann sich leicht an Lichtveränderungen anpassen. Ein gealtertes System ist dazu viel weniger in der Lage.«

Passende Lichtverhältnisse helfen
Laut Marijke Gordijn plädieren diese Ergebnisse für einen guten Schlaf-Wach-Rhythmus bei Senioren: »Ein konsequenter Lichtrhythmus kann helfen: viel Licht tagsüber, um wach zu bleiben, aber nachts auch möglichst dunkel, um gut schlafen zu können.« Und vor allem nicht den ganzen Tag drinnen sitzen, sagt Gordijn: »Im Haus nehmen Sie ungefähr 200 Lux Lichtstärke auf und das sinkt zum Abend hin vielleicht noch auf 20 Lux. Draußen bei Sonnenlicht sind es 200.000 Lux. Da kommt keine Lampe gegen an.«

Quelle: RijksuniversiteitGroningen, Stand 04.06.2013
Promotionsarbeit von M.C. Giménez: Light from dawn to dusk. Human entrainment in a changing environment, 10.06.2013.

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