Die biologische Uhr reagiert im Alter weniger flexibel (zwekke2 - pixabay.com) |
Die
biologische Uhr reagiert bei Senioren weniger flexibel als bei
Jüngeren. Deshalb gerät oft ihr Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinander.
Die
Anpassung des Schlaf-Wach-Rhythmus an veränderte Lichtverhältnisse
verläuft bei älteren Menschen nicht mehr so reibungslos wie bei
jungen Menschen. Zu diesem Schluss kommt die Chronobiologin Marina C.
Giménez in einer Studie an der Reichsuniversität Groningen. Sowohl
der Schlaf-Wach-Rhythmus als auch die Produktion des Schlafhormons
Melatonin normalisiert sich schnell bei Jüngeren, die lichtfilternde
Kontaktlinsen tragen. Bei älteren Menschen mit einer Trübung der
Augenlinse, dem sogenannten grauen Star oder Katarakt, ist das nicht
der Fall.
Licht
wichtig für die biologische Uhr
Der
Mensch hat eine Reihe von 24-Stunden-Rhythmen wie den
Schlaf-Wach-Rhythmus. Sie werden von der biologischen Uhr im Gehirn
gesteuert. Licht spielt dabei eine wichtige Rolle, um die biologische
Uhr auf die Außenwelt abzustimmen. Doch wie diese Abstimmung unter
natürlichen Umständen funktioniert, ist zu einem großen Teil noch
unklar. Senioren leiden häufig mit den Jahren an einem gestörten
Schlafrhythmus. Tagsüber nicken sie des Öfteren ein, während sie
nachts wach liegen und oft früh wieder aufwachen. Giménez
untersuchte den Einfluss von Lichtintensität, Lichtzusammenstellung
und Timing auf den Schlafrhythmus von Senioren. Sie bestimmte dabei
auch den Spiegel des Schlafhormons Melatonin im Speichel der
Teilnehmer. Melatonin wird vom Körper ausgeschüttet, wenn es dunkel
ist und hat einen großen Einfluss auf den Schlaf-Wach-Rhythmus.
Grauer
Star verhindert Aufnahme blauen Lichtes
Giménez
untersuchte Senioren zwischen 66 und 87 Jahren, die gerade am grauen
Star operiert worden waren. Das innere Regulierungssystem für den
24-Stunden-Rhythmus ist besonders empfindlich für Licht mit einer
kurzen Wellenlänge zwischen 420 und 500 Nanometer (blaues Licht).
Eine trübe Augenlinse, wie sie durch grauen Star entsteht, lässt
weniger blaues Licht durch. Giménez hatte deshalb angenommen, dass
der Schlaf-Wach-Rhythmus nach einer Staroperation besser würde, weil
dann die Betroffenen wieder eine größere Menge blauen Lichtes
aufnehmen können. Die Teilnehmer führten deshalb vor und nach der
Augenoperation ein Tagebuch, sammelten Speichelproben zur Bestimmung
des Melatoningehaltes und trugen ein Messgerät am Handgelenk, das
den Schlaf-Wach-Rhythmus aufzeichnete.
Verschiebung
des Rhythmus nach Staroperation
Die
Staroperation schien tatsächlich den Melatoninhaushalt und den
Schlaf-Wach-Rhythmus zu beeinflussen. Giménez: »Beide Rhythmen
verschoben sich auf einen späteren Zeitpunkt. Diese Verschiebung war
bei Nachtmenschen größer als bei den Morgentypen. Wir glauben, dass
sich nach einer Staroperation der alte Rhythmus wieder normalisiert.«
Dass die Verschiebung vor allem bei Nachtmenschen größer ist, liegt
laut Giménez daran, dass die gestiegene Lichtintensität am Abend
stärkeren Einfluss gewinnt. »Wahrscheinlich ist der Effekt einer
neuen klaren Augenlinse abends relativ am größten, weil das
Umgebungslicht dann niedrig ist und eine trübe Linse davon einen
relativ großen Teil wegnimmt. Tagsüber ist die Lichtintensität
doch schon so hoch, dass eine trübe Linse weniger Einfluss hat.«
Zirkadianer
Rhythmus bei Jüngeren flexibler
Zur
Bestätigung ihrer Ergebnisse machte Giménez anschließend ein
Experiment bei jungen Leuten zwischen 19 und 28 Jahren. Die
Teilnehmer trugen zwei Wochen lang orangefarbene Kontaktlinsen, die
kein blaues Licht durchließen. Die Ergebnisse die Giménez
feststellte, waren bemerkenswert: »Bei den jungen Teilnehmern trat
der Star-Effekt nicht auf. Obwohl die Kontaktlinsen kurz nach dem
Start des Experimentes die Melatoninproduktion beeinflussten, war
dies nach zwei Wochen wieder völlig normal. Sowohl der
Schlaf-Wach-Rhythmus als auch die Melatoninproduktion verschoben sich
nicht durch die orangefarbenen Linsen. Das innere Regulierungssystem
für den 24-Stunden-Rhythmus ist bei Jüngeren also flexibler als bei
Senioren. Es passt sich schnell an veränderte Umstände an und wird
empfindlicher für blaues Licht«, sagt Giménez.
Lichteinfluss
altersabhängig
Ob
die Studienteilnehmer auch tatsächlich weniger Schlafprobleme nach
der Staroperation hatten, hat Giménez noch nicht untersucht.
Co-Promotor Marijke Gordijn: »Wir wissen schon länger, dass Licht
äußerst wichtig ist für einen guten Schlaf-Wach-Rhythmus. Aber
diese Studienergebnisse zeigen uns, dass dieser Lichteinfluss auch
altersabhängig ist. Das 24-Stunden-Regelsystem von Senioren scheint
weniger flexibel zu sein. Ein gesundes, junges System kann sich
leicht an Lichtveränderungen anpassen. Ein gealtertes System ist
dazu viel weniger in der Lage.«
Passende
Lichtverhältnisse helfen
Laut
Marijke Gordijn plädieren diese Ergebnisse für einen guten
Schlaf-Wach-Rhythmus bei Senioren: »Ein konsequenter Lichtrhythmus
kann helfen: viel Licht tagsüber, um wach zu bleiben, aber nachts
auch möglichst dunkel, um gut schlafen zu können.« Und vor allem
nicht den ganzen Tag drinnen sitzen, sagt Gordijn: »Im Haus nehmen
Sie ungefähr 200 Lux Lichtstärke auf und das sinkt zum Abend hin
vielleicht noch auf 20 Lux. Draußen bei Sonnenlicht sind es 200.000
Lux. Da kommt keine Lampe gegen an.«
Quelle:
RijksuniversiteitGroningen,
Stand 04.06.2013
Promotionsarbeit von M.C. Giménez: Light from dawn to dusk. Human entrainment in a changing environment, 10.06.2013.
Promotionsarbeit von M.C. Giménez: Light from dawn to dusk. Human entrainment in a changing environment, 10.06.2013.
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