Schlafstörungen fördern Alzheimer (Foto: Giuliamar - pixabay.com) |
Schlaf
könnte das fehlende Puzzleteil bei der Erforschung der
Alzheimer-Krankheit sein. Bei fehlendem Tiefschlaf sammeln sich mehr
schädliche Eiweißablagerungen im Gehirn.
Wissenschaftler
an der Universität von Kalifornien in Berkley haben zwingende
Beweise dafür gefunden, dass schlechter Schlaf eine Ursache dafür
ist, dass die Beta-Amyloid-Eiweiße, die als Auslöser für die
Alzheimer-Erkrankung gelten, das Langzeitgedächtnis angreifen. Dies
gilt besonders dann, wenn zu wenig erholsame Tiefschlafphasen
stattfinden, die normalerweise für eine Speicherung von
Informationen im Gedächtnis sorgen.
Welle
von Alzheimer-Patienten durch Babyboomers
»Unsere
Forschungsergebnisse enthüllen einen neuen Weg, durch den Alzheimer
im späteren Leben Gedächtnisverlust verursacht«, sagt
Neurowissenschaftler Matthew Walker, Senior-Autor der Studie, die er
im Journal »Nature Neuroscience« veröffentlicht.
Übermäßige
Ablagerungen von Beta-Amyloid-Proteinen sind die Hauptverdächtigen
bei der Alzheimer-Erkrankung, einer extremen Form von Demenz,
verursacht durch das allmähliche Absterben der Gehirnzellen. Eine
beispiellose Welle alternder Babyboomer wird erwartungsgemäß die
Alzheimer-Krankheit - die in mehr als 40 Millionen Menschen
diagnostiziert wurde - zu einem weltweit am schnellsten wachsenden
und die öffentliche Gesundheit am meisten belastenden
Gesundheitsproblem machen.
Schlafstörungen
sind gut behandelbar
Die
gute Nachricht bei den Forschungsergebnissen ist, sagt Walker, dass
schlechter Schlaf wahrscheinlich behandelbar ist und ergänzt werden
kann mit Sport, Verhaltenstherapie und sogar elektrischer
Stimulation, die die Gehirnwellen während des Schlafens stärken.
Diese Technologie wurde bereits bei jungen Erwachsenen angewendet, um
ihr »über Nacht« Gedächtnis zu vergrößern.
»Die
Entdeckung bietet Hoffnung«, sagt Walker. »Schlaf könnte ein neues
therapeutisches Ziel sein, um Gedächtnisbeeinträchtigungen bei
älteren Erwachsenen zu bekämpfen, sogar bei Menschen mit Demenz.«
Die
Studie wurde in Zusammenarbeit mit den Neurowissenschaftlern Bryce
Mander und William Jagust, einem führenden Experten für Alzheimer,
durchgeführt. Das Forschungsteam erhielt weitere finanzielle Mittel,
um eine Langzeitstudie durchzuführen und zu prüfen, ob Schlaf
tatsächlich ein frühes Warnzeichen oder ein Biomarker für die
Alzheimer-Krankheit sein kann.
Teufelskreis
von schlechtem Schlaf und Eiweißablagerungen
Ȇber
die letzten Jahre wurden die Hinweise für einen Zusammenhang
zwischen Schlaf, Beta-Amyloiden, Gedächtnis und Alzheimer-Krankheit
stärker«, sagt Jagust. »Unsere Studie zeigt, dass diese
Beta-Amyloid-Ablagerungen zu einem Teufelskreis führen können, in
dem der Schlaf weiter gestört wird und das Gedächtnis
beeinträchtigt.«
Mit
Hilfe von aussagekräftigen Bildern des Gehirns und weiteren
diagnostischen Möglichkeiten bei 26 älteren Erwachsenen, die noch
keine Demenz hatten, untersuchten die Forscher die Verbindung
zwischen schlechtem Schlaf, schlechtem Gedächtnis und der Ansammlung
von giftigen Beta-Amyloid-Proteinen.
»Die
Daten, die wir gesammelt haben, weisen sehr stark auf einen kausalen
Link hin«, sagt Mander, Studienleiter und Postdoktorand im
Schlaflabor von Walker. »Wenn es uns gelingt, einzugreifen und den
Schlaf zu verbessern, können wir vielleicht die kausale Kette
durchbrechen.«
Schlaf
reinigt das Gehirn von schädlichem Eiweiß
Eine
Ansammlung von Beta-Amyloiden wurde bei Alzheimer-Patienten gefunden
und, unabhängig davon, bei Menschen mit Schlafstörungen. Darüber
hinaus stellte 2013 eine Studie der Universität Rochester fest, dass
die Gehirnzellen von Mäusen schrumpfen während der
Non-REM-Schlafphase, um Platz zu machen für Flüssigkeit aus Gehirn
und Rückenmark, die die giftigen Stoffwechselprodukte wie
Beta-Amyloide wegspült. »Schlaf unterstützt das Auswaschen
giftiger Eiweiße während der Nacht und verhindert, dass sie sich
ansammeln und die Gehirnzellen zerstören«, erklärt Walker. »Schlaf
liefert sozusagen einen Power-Cleaner fürs Gehirn.«
Besonders
untersuchten die Forscher, wie die Menge von Beta-Amyloiden im
medialen Frontallappen des Gehirns den tiefen Non-REM-Schlaf
behindert, den wir brauchen, um faktenbasierte Erinnerungen zu
speichern und zu festigen.
Non-REM-Schlaf
wichtig fürs Gedächtnis
In
einer früheren Studie fanden Mander, Jagust und Walker, dass die
kraftvollen Gehirnwellen, die während des Non-REM-Schlafes erzeugt
werden, eine Schlüsselrolle spielen bei der Übertragung von
Erinnerungen vom Hippocampus - zuständig für das Kurzzeitgedächtnis
- zum Langzeitgedächtnis im präfrontalen Kortex. Eine
Verschlechterung in diesem Bereich des Gehirns war bei Senioren mit
schlechtem Schlaf verbunden. Während der Non-REM-Schlafphasen träumt
der Schläfer in der Regel nicht. Während dieser Schlafphase sinken
Blutdruck und Körpertemperatur und es finden keine Augenbewegungen
statt wie beim REM-Schlaf. Diese Schlafphase reicht bis in den
Tiefschlaf und der Schläfer lässt sich nur mit Mühe aufwecken.
»Je
mehr Sie sich nach einer guten Nacht merken können, je weniger sind
sie vom Hippocampus (Kurzzeitgedächtnis) abhängig und desto mehr
nutzen Sie den präfrontalen Kortex (Langzeitgedächtnis)«, erklärt
Walker. »Man kann es vergleichen mit dem Speichern von Dateien auf
der sicheren Festplatte eines Computers und dem kurzzeitigen
Zwischenspeichern von Daten auf einem USB-Stick.«
Viele
Eiweißablagerungen: schlechter Schlaf und schlechtes Gedächtnis
Insgesamt
zeigte die Studie, dass die Teilnehmer mit den höchsten
Beta-Amyloid-Spiegeln im medialen Frontallappen den schlechtesten
Schlaf hatten und daraus resultierend, die schlechtesten Ergebnisse
bei den Gedächtnistests erzielten. Teilweise fehlte die Hälfte der
Informationen, die sie sich von einem auf den anderen Tag merken
sollten.
»Je
mehr Beta-Amyloid-Eiweiße sich in bestimmten Teilen des Gehirns
befinden, desto weniger tief ist der Schlaf und desto schlechter ist
das Gedächtnis«, sagt Walker. »Und je weniger Tiefschlafphasen Sie
haben, desto weniger effektiv funktioniert die »Reinigung« von
diesem schädlichen Protein. Es ist ein Teufelskreis. Aber wir wissen
bis jetzt nicht, welcher dieser beiden Faktoren - schlechter Schlaf
oder schädliches Eiweiß - diesen Kreislauf in Gang setzt. Was war
zuerst: Henne oder Ei?«, fügt Walker hinzu. Und das wollen die
Forscher nun mit einer neuen Gruppe von Senioren in den nächsten
fünf Jahren herausfinden. »Das ist ein neuer Mechanismus, der
Alzheimer mit Gedächtnisverlust verbindet und er ist besonders
wichtig, denn dagegen können wir etwas unternehmen«, betont Mander.
Quelle:
Bryce A Mander, Shawn M Marks, Jacob W Vogel, Vikram Rao, Brandon
Lu, Jared M Saletin, Sonia Ancoli-Israel, William J Jagust &
Matthew P Walker: β-amyloid disrupts human NREM slow waves and
related hippocampus-dependent memory consolidation. Nature
Neuroscience (2015), DOI: 10.1038/nn.4035
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