Kühle Umgebung steigert die Insulinempfindlichkeit (Foto: Dmitry Lobanov - fotolia.com) |
Typ
2-Diabetiker können durch niedrigere Umgebungstemperaturen die
Insulinempfindlichkeit steigern.
Kurze
Abkühlungsphasen scheinen die Insulinempfindlichkeit in den Muskeln
zu steigern und damit die Aufnahme von Zucker in die Muskelzellen zu
verbessern. Dieses Studienergebnis der Universität Maastricht wurde
im Fachjournal »Nature Medicine« veröffentlicht und soll neue
Therapiemöglichkeiten für Menschen mit Typ 2-Diabetes eröffnen.
14
bis 15 Grad Umgebungstemperatur steigert Insulinempfindlichkeit um 43
Prozent
Laut
den niederländischen Forschern konnte überzeugend dargestellt
werden, dass sich die Situation von Menschen mit Diabetes Typ 2
erheblich verbessert, wenn sie kälteren Temperaturen ausgesetzt
werden. Das bemerkenswerte Ergebnis wurde in einer Studie mit acht
Typ 2-Diabetikern festgestellt, die zehn Tage lang bis zu sechs
Stunden einer Temperatur von 14 bis 15 Grad Celsius ausgesetzt
wurden. Bei Diabetikern reagieren die Muskeln kaum noch auf das
Hormon Insulin, wodurch der Blutzucker ansteigt und die Gesundheit
bedroht. In der erfolgreichen Studie stieg durch die Kälte die
Empfindlichkeit der Muskeln für das Insulin um durchschnittlich 43
Prozent an und es konnte mehr Glukose aus dem Blut aufgenommen
werden. »Ein unerwartetes, aufsehenerregendes und sehr positives
Ergebnis«, so die Wissenschaftler, die mit einem weitaus geringeren
Effekt gerechnet hatten. Darüber hinaus wurde der Großteil des
positiven Effektes nicht - wie zuvor angenommen - durch zusätzliche
Verbrennung von braunem Fett verursacht, sondern durch eine Wirkung
auf den Muskel.
Typ
2-Diabetes: Insulin verliert seine Wirkung
Typ
2-Diabetes ist eine chronische Stoffwechselerkrankung und bedroht die
Gesundheit im Laufe der Jahre vor allem durch ernste Verkalkung der
Blutgefäße. Kern der Krankheit ist, dass das Hormon Insulin zu
wenig Wirkung auf die Muskeln hat, sie dadurch zu wenig Zucker
(Glukose) aufnehmen und das Blut zu viel Glukose enthält. Patienten
bekommen meistens Ernährungsempfehlungen und Medikamente, die den
Blutzuckerspiegel senken. Einen guten Ansatz, um die Ursachen zu
bekämpfen, gibt es nicht. In den Niederlanden leben 900.000 Menschen
mit Typ 2-Diabetes und ihre Lebenserwartung sinkt um fünf bis zehn
Jahre. In Deutschland werden derzeit etwa sechs Millionen Menschen
wegen eines Typ 2-Diabetes behandelt.
Wirkungsmechanismus
noch unklar
Die
neue Studie liefert einen Nachweis der Machbarkeit, wobei zu Beginn
gezeigt wurde, dass eine Temperaturabsenkung einen positiven Effekt
auf die Zuckeraufnahme in die Muskeln hat. Tatsächlich ist mehr
Forschung notwendig, um die Langzeitwirkung festzustellen. Darüber
hinaus ist es wichtig zu wissen, wie lange jemand sich in der Kälte
aufhalten muss, zum Beispiel an zehn aufeinanderfolgenden Tagen oder
nur ab und zu ein einzelner Tag.
Auch
soll zusätzliche Grundlagenforschung Klarheit bringen, warum die
Muskeln mehr Glukose aufnehmen können. Das könnte beispielsweise
ein Signal sein, dass durch die niedrigen Temperaturen hervorgerufen
wird, aber vielleicht auch auf andere Weise erzeugt werden kann. Das
würde die praktische Anwendung vereinfachen, denn niemand bleibt
gerne für lange Zeit in einem so kalten Raum. Die Wissenschaftler
sind davon überzeugt, dass die Machbarkeitsstudie und die noch zu
gewinnenden Erkenntnisse zu einer neuen und wirksameren Behandlung
des Diabetes Typ 2 führen werden.
Braunes
Fett spielt untergeordnete Rolle
Forschungen
über das braune Fettgewebe derselben Forschungsgruppe 2009 zeigten,
dass dieses besondere Gewebe beim Menschen vorhanden ist. Dieses
braune Fett, das in den 60-er Jahren auch schon bei Mäusen gefunden
wurde, befindet sich beim Menschen hauptsächlich unter dem
Schlüsselbein und besteht aus Fettzellen mit einer großen Menge von
Mitochondrien. Diese »Zellkraftwerke« sind in der Lage den Körper
aufzuwärmen, wenn er unterkühlt wird. Zunächst dachten die
Maastrichter Wissenschaftler, dass das Absenken der Temperatur in der
neuen Studie zu einer erhöhten Aktivität im braunen Fett führt,
wodurch die Glukose in diesen kleinen »Heizkraftwerken« verbrannt
wird. Aber dieser Effekt scheint untergeordnet und viel geringer als
die gesteigerte Verbrennung in den Muskeln.
Quelle:
Mark J W Hanssen, Joris Hoeks, Boudewijn Brans, Anouk A J J van der
Lans, Gert Schaart, José J van den Driessche, Johanna A Jörgensen,
Mark V Boekschoten, Matthijs K C Hesselink, Bas Havekes, Sander
Kersten, Felix M Mottaghy, Wouter D van Marken Lichtenbelt &
Patrick Schrauwen: Short-term cold acclimation improves insulin
sensitivity in patients with type 2 diabetes mellitus. Nature
Medicine (2015), doi: 10.1038/nm.3891
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