Steigender Konsum von Nahrungsergänzungen: die neue Essstörung bei Männern? (Foto: Bonoz - pixabay.com) |
Immer
mehr Männer greifen im Übermaß zu Nahrungsergänzungsmitteln, um
mehr Leistung zu bringen und besser auszusehen.
In
dem Bemühen die körperliche Leistungsfähigkeit ständig
aufzubauen, greifen immer mehr Männer nicht zu verbotenen Mitteln
wie Anabolika, sondern zu legalen und frei verkäuflichen
Nahrungsergänzungsmitteln. Sie schlucken diese Mittel jedoch
zunehmend in solchen Mengen, dass Experten es bereits als drohende
Essstörung einordnen.
Nahrungsergänzungsmittel
überall verfügbar
»Diese
Produkte sind in Amerika beinahe allgegenwärtig in den Speisekammern
junger Männer und können scheinbar inzwischen auch überall gekauft
werden - vom Lebensmittelgeschäft bis zur
Universitäts-Buchhandlung«, sagt Dr. Richard Achiro, Psychologe an
der Alliant International University in Los Angeles, der die
Forschungsergebnisse auf dem Jahreskongress der American
Psychological Association präsentierte. »Die Werbestrategien, die
maßgeschneidert auf die zugrunde liegenden Unsicherheiten mit der
»Männlichkeit« passen, lassen diese Produkte als perfekte Lösung
erscheinen. Sie füllen eine Lücke, die von so vielen in unserer
heutigen Gesellschaft empfunden wird.«
Studie:
30 Tage Nahrungsergänzungen
Für
die Studie untersuchten die Forscher 195 Männer im Alter zwischen 18
und 65 Jahren, die in den vergangenen 30 Tagen legale
Nahrungsergänzungsmittel zur Leistungssteigerung oder für besseres
Aussehen (z. B. Whey-Proteine, Kreatin, L-Carnitin) eingenommen
hatten und mindestens zweimal wöchentlich aus denselben Gründen
trainierten. Die Teilnehmer beantworteten online Fragen über
Nahrungsergänzungsmittel-Konsum, Selbstachtung, Körperbild,
Essgewohnheiten und Probleme mit der Geschlechterrolle.
Steigender
Konsum von Nahrungsergänzungen riskant
Achiro
und Co-Autor Peter Theodore stellten fest, dass mehr als 40 Prozent
der Teilnehmer angegeben hatten, dass ihr
Nahrungsergänzungsmittel-Gebrauch mit der Zeit gestiegen war und 22
Prozent ersetzten sogar regelmäßig Mahlzeiten durch
Nahrungsergänzungen, die dafür eigentlich nicht bestimmt sind.
Höchst alarmierend fand Achiro auch die Tatsache, dass 29 Prozent
bereits selbst besorgt waren über den eigenen Umgang mit
Nahrungsergänzungen. Und 8 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass ihr
Hausarzt ihnen bereits empfohlen hatte, die Nahrungsergänzungsmittel
wegen vorhandener oder möglicher unerwünschter Nebenwirkungen zu
reduzieren oder ganz aufzugeben. Drei Prozent der Teilnehmer waren
sogar bereits mit Leber- oder Nierenproblemen aufgrund der
Nahrungsergänzungen im Krankenhaus gelandet. Diese Daten waren Teil
einer Skala, die von Achiro und Theodore entwickelt worden war, um
eine riskante Anwendung von Nahrungsergänzungen entschlüsseln.
Diese Skala stimmt sehr stark mit den anerkannten Symptomen für
Essstörungen überein wie essensbezogene Sorgen und eingeschränkte
Nahrungsaufnahme.
Ähnliche
Symptome wie bei Essstörungen
»Die
kritischste Auswirkung dieser Ergebnisse ist, dass riskanter und
exzessiver Gebrauch von Nahrungsergänzungen in diese Skala
aufgenommen werden muss, denn es betrifft eine bedeutende Anzahl von
Männern«, sagt Achiro. Was diesen gefährlichen Missbrauch von
legalen Trainings-Mitteln antreibt, meint Achiro, scheint eine
Kombination verschiedener Faktoren zu sein, einschließlich
Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, niedrige Selbstachtung und
Probleme mit der Geschlechterrolle, die der Männlichkeit in unserer
modernen Kultur enge Grenzen setzt.
»Körperbewusste
Männer, die aufgrund von psychologischen Faktoren versuchen
physische oder maskuline Perfektion zu erreichen, werden Opfer
solcher Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente. Sie nutzen sie
derart übermäßig, dass es gemäß unserer Studie eine Art von
Essstörung darstellt«, sagt Achiro. »Weil legale
Nahrungsergänzungen weltweit immer verbreiteter werden, ist es umso
wichtiger, die psychologischen Ursachen und Wirkungen zu begutachten
und den übermäßigen Gebrauch dieser Mittel zu behandeln.«
Quelle:
Excessive workout supplement use: an emerging eating disorder in men,
Richard Achiro and Peter Theodore, presented at the 2015 American
Psychological Association Convention on 6 August 2015, abstract.
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