Magensäurehemmer stören die Darmflora (Foto: By Siufaiho (talk).Siufaiho at en.wikipedia [Public domain], from Wikimedia Commons) |
Magensäurehemmer, sogenannte Protonenpumpenhemmer, verändern
drastisch die Darmflora und fördern so Magen-Darm-Infekte.
Magengeschwür,
Zwölffingerdarmgeschwür, Zwerchfellbruch, starkes Sodbrennen durch
zurückfließende Magensäure: Das sind nur einige der Gründe, warum
Patienten sogenannte Protonenpumpeninhibitoren (PPI) verordnet
werden, die die Magensäureproduktion stark einschränken. Auch
bestimmte Medikamente wie Acetylsalicylsäure zur Blutverdünnung
können eine Therapie mit solchen Säurehemmern erforderlich machen.
Doch die Magensäurehemmer sollten nur so kurz wie möglich
eingenommen werden, wie Forschungen in den letzten Jahren ergaben.
Denn neben den inzwischen bekannten Risiken wie Magnesium-, Vitamin
B12- und Eisenmangel, stellten niederländische Wissenschaftler nun
fest, dass die Säureblocker die Darmflora drastisch verändern. Das
macht den Verdauungstrakt empfindlich für schwere Infektionen mit
krankmachenden Keimen.
Anstoß gaben Morbus Crohn-Patienten
In
diese Richtung zu forschen, kommt nicht von ungefähr: »Während
meiner Studie, welche Faktoren die Darmflora von Morbus
Crohn-Patienten beeinflussen, bekam ich die Vermutung, dass der am
meisten verwendete Typ Magensäurehemmer, die
Protonenpumpeninhibitoren, einen großen Effekt haben. Deshalb
beschlossen wir, das nicht nur in der Gruppe von Morbus
Crohn-Patienten zu untersuchen, sondern auch in zwei anderen Gruppen:
gesunde Teilnehmer und Patienten mit Reizdarmsyndrom. Insgesamt
hatten wir 1.815 Studienteilnehmer«, erklären die Studienautoren
Rinse Weersma und Floris Imhann von den Universitätszentren
Groningen und Maastricht. Der Kot der Studienteilnehmer wurde
eingefroren und aufbewahrt und anschließend mit DNA-Technik im Labor
untersucht. »Dank einer einzigartigen Zusammenarbeit von
Gastroenterologen mit Bioinformatikern und Statistikern der Abteilung
Genetik am Universitätszentrum Groningen können wir die Bakterien
im Stuhlgang gut analysieren und verstehen«, erklärt Imhann.
Gute Bakterien werden verdrängt
Die
Ergebnisse der Studie waren eindeutig: Ungefähr 20 Prozent der
Darmflora ist bei Anwendern von Protonenpumpenhemmern anders. »Manche
Bakterienstämme waren deutlich mehr vorhanden, während andere
Bakteriengruppen in ihrer Anzahl verringert waren«. Imhann
untersuchte bei einem Teil der Probanden auch die Zusammenstellung
des Speichels. »Magensäureblocker machen die Magensäure etwas
weniger sauer. Normalerweise sterben viele Bakterien durch die
Magensäure, doch nun trafen wir Bakterien aus dem Mund im Darm an.«
Die veränderte Zusammenstellung der Darmflora kann erklären, wie
die Anwendung von Magensäureblockern das Risiko für Darminfektionen
erhöht. »Wenn manche »guten« Darmbakterien verschwinden, machen
sie Platz für krankmachende Keime wie Salmonellen. Das gilt
besonders für das Bakterium Clostridium
difficile,
eine besonders für geschwächte Patienten gefährliche Bakterienart,
die schwere Durchfälle und Entzündungen des Dickdarms verursachen
kann.«
Magensäureblocker werden oft zu lange eingenommen
Die
Studienergebnisse sind erstaunlich und aufschlussreich. »Es ist
bereits länger bekannt, dass zum Beispiel der Gebrauch von
Antibiotika die Darmflora beeinflusst. Unsere Studie zeigt, dass die
Anwendung von Protonenpumpenhemmern auch einen großen Einfluss auf
die Zusammenstellung der Darmflora hat.« Dennoch gibt es keinen
Grund zur Panik, betont Professor Dr. Weersma, Gastroenterologe und
einer der Studienleiter. »Magensäureblocker sind manchmal absolut
notwendig.« Die Ergebnisse zeigen allerdings, dass sorgfältig mit
den Säureblockern umgegangen werden muss. »Aus früheren Studien
ging hervor, dass etwa die Hälfte der Anwender, die dieses Mittel
einnehmen, es eigentlich nicht mehr braucht.«
Umdenken ist notwendig
Weersma
und Imhann empfehlen deshalb Ärzten auch, sich der Nebenwirkungen
bewusst zu sein und immer kritisch zu überlegen, ob die Einnahme von
Magensäureblockern wirklich nötig ist. In Amerika wurde
beispielsweise festgestellt, dass die Hälfte der Anwender von
Magensäurehemmern, diese gar nicht mehr braucht. Wenn ein Arzt sie
einmal verordnet hat, schlucken Patienten sie immer weiter. Vor allem
bei geschwächten Patienten müssen Mediziner vor einer Verschreibung
die Erkenntnisse berücksichtigen, dass Magensäureblocker für
Darmprobleme sorgen können. Das Medikament darf nicht schlimmer sein
als die Krankheit selbst.
Doch
auch hierzulande muss die Gesundheitspolitik durch die neuen
Forschungen zum Nachdenken gebracht werden. In den Niederlanden sind
seit 2014 Magensäurehemmer einfach im Supermarkt erhältlich und für
jeden ohne Rezept zu bekommen. Wenn man dann den großen Einfluss auf
die Darmflora sieht, muss man sich fragen, ob das wohl vernünftig
ist.
Was der Darmflora gut tut
Ist
das bakterielle Gleichgewicht im Darm gestört, beeinträchtigt das
vor allem die Verdauung und die Immunabwehr. Denn drei Viertel aller
Zellen, die Abwehrstoffe bilden und uns vor Krankheiten schützen,
sind im Darm angesiedelt. Wenn Sie ihre Darmflora unterstützen
wollen, können Sie probiotische Kulturen einnehmen. Diese lebenden
Milchsäurebakterien - vor allem Bifido- und Laktobazillen - sind in
Kapselform widerstandsfähig gegen die Magen- und Gallensäure und
können die Vermehrung krankmachender Keime bremsen. Wenn Sie
zusätzlich ihre »Mitbewohner« im Darm mit Präbiotika wie den
pflanzlichen Ballaststoffen Inulin, Oligofruktose und Topinambur
füttern, können Sie Ihre Darmflora wieder ins Gleichgewicht
bringen. Dazu sollten Sie viel Obst und Gemüse essen, aber wenig
tierisches Eiweiß. Viel Zucker und Weißmehlprodukte können die
Ausbreitung von Pilzen im Darm fördern und sollten deshalb auch eher
die Ausnahme als die Regel darstellen. Ein gesunder Tee, der auch den
Darmbakterien schmeckt und sie unterstützt, kann aus gleichen Teilen
von Koriander, Kümmel, Fenchel und Anis zusammengemischt werden.
Diese Teemischung ist angenehm im Geschmack und beugt Blähungen vor.
Quelle:
Floris Imhann, Marc Jan Bonder, Arnau Vich Vila, Jingyuan Fu, Zlatan
Mujagic, Lisa Vork, Ettje F Tigchelaar, Soesma A Jankipersadsing,
Maria Carmen Cenit, Hermie J M Harmsen, Gerard Dijkstra, Lude Franke,
Ramnik J Xavier, Daisy Jonkers, Cisca Wijmenga, Rinse K Weersma,
Alexandra Zhernakova: Gut microbiota: Original article: Proton pump
inhibitors affect the gut microbiome. Gut gutjnl-2015-310376,
doi:10.1136/gutjnl-2015-310376
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