Mittwoch, 9. März 2016

Nikotinablagerungen auf Oberflächen schädlicher als gedacht


Nikotin-Rückstände auf Oberflächen sind
schädlicher als bisher angenommen
(Foto: blizniak - pixabay.com)
Nicht nur aktives und passives Rauchen ist ungesund, sondern auch die Rückstände, die sich auf Oberflächen und Kleidung ansammeln schädigen die Zellen.


Wir wissen schon lange, dass Rauchen und Passivrauchen schädlich sind für unsere Gesundheit, doch die Auswirkungen des Rauchens gehen noch viel weiter. Aus aktuellen Forschungen geht zum ersten Mal hervor, dass der »Thirdhand Smoke«, also die Rückstände des Zigarettenrauches, die sich auf Oberflächen ansammeln, die Erbanlagen in den menschlichen Zellen schädigt. Die giftigen Überbleibsel des Nikotingenusses haften besonders gut auf Stoffoberflächen. Außerdem sollen diese Reste sogar mit der Zeit noch schädlicher werden, in dem sie giftige chemische Verbindungen bilden.

Wie giftig ist der Rückstandsrauch?
»Bis jetzt gab es wenig Klarheit über die Giftigkeit der Substanzen im Drittehandrauch, vor allem weil er weniger chemische Substanzen enthält als Passivrauch. Das ist die erste Studie, die zeigt, dass auch Drittehandrauchen die DNA schädigen kann«, berichtet Co-Autorin Lara Gundel von der Universität von Kalifornien. Für ihre Untersuchungen platzierten die Wissenschaftler Papierstreifen in Raucherzimmern. Ein Teil der Streifen wurde kurzzeitig Zigarettenrauch ausgesetzt: fünf Zigaretten in zwanzig Minuten. Die restlichen Streifen blieben 196 Tage lang für etwa 258 Stunden im Zigarettenrauch liegen. Während dieser Zeit wurde dieses Zimmer ungefähr 35 Stunden gelüftet.

Rasche Veränderung der Zellen nach Rauch-Kontakt
Es wurde festgestellt, dass die Konzentrationen von mehr als der Hälfte der analysierten Substanzen in den Streifen höher war, die lange im Raucherzimmer gelegen hatten. Die Wissenschaftler fanden dabei auch mehr DNA-Schäden am Versuchsgewebe, die letztendlich zur Entstehung von Krebs führen können. Es war sogar innerhalb der ersten Stunde nach dem Rauchkontakt eine Veränderung von 0,4 Prozent an menschlichen Zellen festzustellen. Nach drei Stunden verdreifachte sich diese Menge.

Nikotin bildet mit anderen Substanzen Nitrosamine
»Angesichts der schnellen Ablagerung und des langandauernden Verbleibs von Nikotin auf Stoffen und der menschlichen Haut, ist Rückstandsrauch ein großes Gesundheitsrisiko«, sagt Studienleiter Mohamad Sleiman über die Ergebnisse. »Der Rauch gelangt in den Körper über die Haut, das Einatmen von Staub und durch Nahrungsaufnahme«, erklärt er. Nikotin, der sich absetzt, kann mit Ozon und salpetriger Säure - beides verbreitete Luftverschmutzer - gefährliche Verbindungen wie Nitrosamine bilden. Und es gibt noch mindestens 250 weitere Substanzen, die als besonders giftig und krebserregend gelten: Kohlenmonoxid, Cyanid-Verbindungen, Butan, Arsen, Blei, Chrom, Kadmium gehören in diese Kategorie.

Nitrosamine haften an verschiedenen Oberflächen
»Bestimmte tabakspezifische Nitrosamine im Drittehandrauch gehören zu den krebserregendsten Substanzen, die es gibt«, warnt Dr. Gundel. »Sie kleben an verschiedenen Oberflächen. Wenn es sich dabei um Kleidung oder Teppiche handelt, ist die Gefahr vor allem für Kinder sehr ernst, weil sie noch viel auf dem Boden herumkriechen«, warnt sie weiter. Schon 2011 stellte die Universität Heidelberg in einer Studie fest, dass Kinder aus Raucherhaushalten ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck haben. Das Passivrauchen ließ bei den untersuchten fünf- bis sechsjährigen Kindern das Risiko einen Bluthochdruck zu entwickeln um 21 Prozent steigen. Vor allem kritisch sei demnach, wenn die Mütter rauchen. Sie greifen eher zu Hause zur Zigarette, während die Väter mehr am Arbeitsplatz rauchen. Im Urin von »mitrauchenden« Kleinkindern sind sechsmal so hohe Konzentrationen an schädigenden Substanzen zu finden als bei Kindern, die rauchfrei aufwachsen. Auch Entwicklungsstörungen und Lernschwächen sind häufiger bei Kindern von Rauchern zu finden.

Rauchablagerungen kaum zu entfernen
Zudem ist es sehr schwierig, den Drittehandrauch loszuwerden. So ergaben frühere Studien, dass die Rauchteilchen noch zwei Monate nach dem Umzug eines Rauchers immer noch zu finden sind im Staub und auf den Oberflächen innerhalb des Hauses. Normale Putzmethoden wie Staubsaugen, kehren und Lüften sind nicht effektiv genug, um die Anzahl der Rauchteilchen zu senken.
»Man kann zwar etwas gegen den Geruch tun, aber es ist schwierig, den Rauch komplett loszuwerden. Das Beste ist, Materialien auszutauschen, zum Beispiel einen neuen Teppich zu verlegen und die Wände zu streichen«, lautet die Empfehlung.

Auch Haustiere erkranken schneller
Nicht nur Menschen leiden unter den Ablagerungen des Rauchens. Hunde und Katzen atmen die krebserregenden Substanzen ebenso ein wie der Mensch. Außerdem nehmen unsere vierbeinigen Hausgenossen die giftigen Ablagerungen des Nikotins auf, wenn sie ihr Fell lecken. Hunde aus einem Raucherhaushalt haben ein doppelt so hohes Risiko für Nasen- und Lungenkrebs. Besonders Rassen mit einer langen Schnauze wie Windhunde erkranken eher an Nasenkrebs. Katzen haben ein doppelt so hohes Risiko für ein Katzenlymphom, ein Krebs, der das Blut und das Immunsystem der Tiere befällt. Und auch wenn die Haustiere nicht an Krebs erkranken, so haben Studien gezeigt, dass die Vierbeiner durch das Passivrauchen schneller Asthma oder Bronchitis entwickeln.

Quelle: Bo Hang, Altaf H. Sarker, Christopher Havel, Saikat Saha, Tapas K. Hazra, Suzaynn Schick, Peyton Jacob III, Virender K. Rehan, Ahmed Chenna, Divya Sharan, Mohamad Sleiman, Hugo Destaillats, and Lara A. Gundel Thirdhand smoke causes DNA damage in human cells. Mutagenesis (2013) 28 (4): 381-391, doi:10.1093/mutage/get013

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