Die Umstellung auf Sommerzeit erhöht das Risiko für Schlaganfälle (Foto: zwekke2 - pixabay.com) |
Durch die Umstellung auf Sommerzeit steigt das Risiko für
Schlaganfälle, sagen neue Forschungen.
Jedes Jahr am letzten
März-Wochenende ist es wieder soweit: Die Uhr wird für die
Sommerzeit um eine Stunde vorgestellt. Das ist in Deutschland nun
schon seit 1980 so und über die Jahre gab und gibt es mehr und mehr
Zweifel, ob die Zeitumstellung noch sinnvoll ist. Das ursprüngliche
Ziel nach dem Schrecken der Ölkrise 1973, durch eine bessere Nutzung
des Tageslichtes mehr Energie einzusparen, wurde bis heute nicht
erreicht. Das elektrische Licht, das abends eingespart wird, wird
durch mehr verbrauchte Heizenergie in den Morgenstunden wieder
zunichtegemacht. Der Energieverbrauch steigt dadurch sogar insgesamt
an. Und inzwischen lehnt die Mehrheit der Deutschen die Sommerzeit
ab, wie Umfragen immer wieder ergeben haben. Und nicht nur »Otto
Normalverbraucher« hält die Sommerzeit für überflüssig.
Wissenschaftliche Untersuchungen in den vergangenen Jahrzehnten
belegen, dass die Zeitumstellung für viele Probleme im Verkehr, in
der Wirtschaft und vor allem im Gesundheitsbereich sorgt.
Erhöhtes Risiko für Schlaganfall
Eine
aktuelle Studie der amerikanischen Neurologie-Gesellschaft AAN
(American Academy of Neurology) kommt zu dem Schluss, dass die
Zeitumstellung zumindest zeitweise das Risiko für einen ischämischen
Schlaganfall erhöht. Ein ischämischer Schlaganfall ist die
häufigste Form des Schlaganfalls. In 87 Prozent aller Schlaganfälle
handelt es sich um diese Form, bei der durch ein Blutgerinnsel die
Blutzufuhr im Gehirn beeinträchtigt wird. Das führt zum Absterben
der Nervenzellen und zum Ausfall von Körperfunktionen, die von der
betroffenen Hirnregion gesteuert werden.
»Frühere
Studien haben gezeigt, dass Störungen des zirkadianen Rhythmus, auch
biologische Uhr genannt, das Risiko für ischämische Schlaganfälle
erhöhen. Deshalb wollten wir herausfinden, ob die Sommerzeit das
Risiko tatsächlich für Menschen erhöht«, erklärt Studienautor
Dr. Jori Ruuskanen von der finnischen Turku-Universität.
Mehr Schlaganfälle bei
Vorerkrankungen und im Alter
Für
die Studie analysierten die Forscher Daten eines Jahrzehntes. Sie
verglichen die Schlaganfall-Rate in der Woche nach der
Sommerzeit-Umstellung mit der Rate zwei Wochen vor und nach der
Zeitumstellungswoche. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Gesamtzahl
der ischämischen Schlaganfälle in den beiden Tagen nach
Sommerzeit-Beginn acht Prozent höher war. Nach den beiden Tagen gab
es keinen Unterschied mehr. Krebs-Patienten hatten ein 25 Prozent
höheres Risiko nach dem Sommerzeit-Beginn einen Schlaganfall zu
erleiden. Auch für Senioren über 65 erhöht sich das Risiko nach
der Zeitumstellung um 20 Prozent. Einziger Trost: Die Anzahl der
klinischen Todesfälle nach einem Schlaganfall stieg in der Woche
nach dem Beginn der Sommerzeit nicht an. »Weitere Studien müssen
den Zusammenhang zwischen Zeitumstellung und Schlaganfall-Risiko
klären und auch zeigen, ob es möglich ist, dieses Risiko zu
senken«, sagt Ruuskanen.
Mehr Herzinfarkte und Unfälle
In
der ersten Woche der Sommerzeit gibt es eine Häufung von
Herzinfarkten, ergaben Forschungen in den vergangenen Jahren.
Dasselbe trifft auch für tödliche Autounfälle zu und auch
Arbeitsunfälle treten gehäuft nach dem Beginn der Sommerzeit auf.
Und eine australische Studie
berichtete schon 2008 über mehr Selbsttötungen in der ersten Woche
nach der Zeitumstellung im Frühjahr.
Diabetiker,
die mit einer Insulinpumpe behandelt werden und vergessen, die Uhr
des Gerätes rechtzeitig neu einzustellen, laufen Gefahr zu viel oder
zu wenig Insulin zu erhalten. Das stellte eine Studie
der Michigan State University fest. Steigt der Blutzucker zu stark an
oder fällt er zu sehr ab, kann das schwerwiegende Folgen für diese
Patienten haben. Besonders bei einer Unterzuckerung können
Ohnmachtsanfälle bis hin zum Koma auftreten.
Cyberloafing: die kleine
Internetpause kostet Millionen
Zigarettenpause,
ein Schwätzchen in der Kaffeküche, Spaziergang um den Block: Das
alles war gestern. Wer heute während der Arbeit eine kurze Auszeit
braucht, taucht einfach in das große Universum des World Wide Web
ab. Viele Arbeitnehmer empfinden das als eine Art Kurzurlaub und
fühlen sich danach eher wieder bereit für neue Aufgaben.
»Cyberloafing« nennen das Psychologen. Und obwohl Chefs dieses
»virtuelle Bummeln« eher mit Argwohn betrachten und Experten einen
erheblichen wirtschaftlichen Schaden berechnen, gibt es auch Studien,
die über einen positiven Effekt der Internetspaziergänge berichten.
Die virtuellen Ausflüge sollen entspannen und Stress abbauen, so
dass die Arbeitnehmer dann wieder konzentriert und produktiv
weiterarbeiten können. Die Universitätvon Texas
in San Antonio sieht die Sache etwas differenzierter. Professor
Mathew McCarter macht einen Unterschied zwischen »Freizeit-Surfen
und »Cyberloafing«. »Freizeit-Surfen kann sogar nützlich sein«,
sagt McCarter. »Es entstresst und kann helfen, wieder kreativ zu
sein und neue Gedanken zu schöpfen. Aber Cyberloafing ist anders.
Dabei geben die Leute vor zu arbeiten und surfen statt dessen im
Internet.« Das verursacht in den USA jährlich einen Schaden von
mehreren hundert Millionen Dollar. Und es ist beinahe unmöglich, die
Leute in Zeiten mobiler internetfähiger Geräte von der Benutzung
des Internets abzuhalten. In einer britischen Studie wurde
dokumentiert, dass Mitarbeiter durch Twitter- und
Facebook-Nachrichten alle zehn Minuten ihre Arbeit unterbrachen und
es etwa 23 Minuten dauerte, bis sie schließlich zum Arbeitsablauf
zurückkehrten.
Gestörter Biorhythmus verstärkt
chronische Beschwerden
Die
durch die Zeitverschiebung gestörte innere Uhr löst bei vielen
Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Migräne oder
Cluster-Kopfschmerz eine Schmerzattacke aus. Der Schlafentzug bringt
den Hormonhaushalt durcheinander und kann unterschiedliche chronische
Beschwerden verschlimmern. Das reicht von Schlafapnoe über
Verdauungsbeschwerden bis hin zu depressiven Symptomen. Ebenso muss
die Einnahme von Medikamenten zeitlich angepasst werden, was
ebenfalls Beschwerden verstärken kann.
Sogar
unsere mikroskopisch kleinen Mitbewohner leiden unter einer
Zeitumstellung. Israelische Forscher stellten in einer Studie
fest, dass auch die Darmflora eine eigene biologische Uhr besitzt.
Bei Mäusen zumindest ändert sich die Zusammensetzung der
Darmbakterien im Verlauf des Tages. Die Anzahl verschiedener
Bakterienarten schwankt in 24 Stunden und auch die damit verbundenen
Funktionen der Darmflora unterliegen einem Rhythmus. Je nach
Helligkeit und Nahrungsaufnahme werden Stoffwechselvorgänge wie
Energieproduktion, Nahrungsverwertung, Wachstum oder Entgiftung
ausgelöst. Bringt man unsere bakteriellen Untermieter also aus dem
Takt, kann das auf Dauer ernsthafte Folgen haben. Schichtarbeiter und
Leute, die häufig Flugreisen in unterschiedliche Zeitzonen machen,
sind dafür bekannt, ein höheres Krankheitsrisiko für
beispielsweise Diabetes zu haben.
Doch
trotz dieses Wissens werden wir auch in diesem Jahr wieder leiden
müssen: Ausgerechnet der Osterhase klaut uns am Ostersonntag eine
Stunde Schlaf. Hoffen wir, dass er dafür als Entschädigung
wenigstens reichlich Ostereier mitbringt.
Quelle:
Jussi O.T. Sipilä, Jori Ruuskanen, Päivi Rautava, Ville Kytö.
Daylight Saving Time Transitions, Incidence and In-hospital Mortality
of Ischemic Stroke. American Academy of Neurology’s 68th Annual
Meeting in Vancouver, Canada, April 15 to 21, 2016
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