Donnerstag, 23. Juni 2016

Im Stehen arbeiten macht auch nicht gesünder


Im Stehen arbeiten verbessert nicht die Gesundheit
(Foto: jerrykimbrell10 - pixabay.com)
Weil wir während des Tages zuviel sitzen, schienen Stehschreibtische ein optimales Mittel, unsere Gesundheit zu verbessern. Doch der Nutzen ist gering.


Wir sitzen zuviel, sagen Mediziner schon seit Jahren. Das viele Sitzen macht uns dick und krank, so die einheitliche Meinung der Experten. Herz- und Gefäßkrankheiten, Diabetes, Übergewicht: Diese gesundheitlichen Folgen drohen durch die ständige Unbeweglichkeit. Aus diesem Grund folgen viele dem aufkommenden Trend, mehr im Stehen zu arbeiten. Doch die eigens dafür entwickelten Sitz-Steh-Schreibtische oder Stehpulte haben nur wenig Effekt für eine bessere Gesundheit.

Sitzen im Beruf und zu Hause
Körperliche Inaktivität ist die vierthäufigste Todesursache der Welt. Sitzen ist das neue Rauchen, sind Ärzte und Wissenschaftler sich einig. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verursacht eine überwiegend sitzende Lebensweise 3,2 Millionen Todesfälle jährlich. 2010 bewegten sich 23 Prozent der Erwachsenen zu wenig.
Wir sitzen im Berufsleben oft stundenlang am Computer, ohne uns groß zu bewegen. Zu Hause sieht es nicht viel besser aus. Wir sitzen zum Entspannen abends vor dem Fernsehgerät oder starren stundenlang regungslos aufs Smartphone oder Tablet. Und die Spielfreudigen vergnügen sich am liebsten mit einer Spielkonsole. Natürlich im Sitzen. Doch in vielen Fällen ist der Hauptübeltäter der Bürojob. Um zumindest in diesen Bereich Veränderung zu bringen, wurden Sitz-Steh-Schreibtische erfunden. Ein in Höhe verstellbarer Schreibtisch, um mal sitzend, mal stehend arbeiten zu können. Im Handumdrehen wurden solche Stehpulte oder Sitz-Steh-Schreibtische ungemein beliebt. Doch wer auf dieses Büromöbel all seine Hoffnungen für ein gesünderes Arbeiten gesetzt hat, wurde nun bitter enttäuscht: Eine neue Studie hat gezeigt, dass es eigentlich keinen Unterschied macht, ob man im Büro sitzt oder steht.

30 bis 120 Minuten weniger Sitzzeit
Gesundheitsforscher von Cochrane, einem internationalen Netzwerk von Wissenschaftlern, Gesundheitsdienstleitern und Patienten, analysierten in einer Übersichtsarbeit 20 Studien mit insgesamt 2.174 Teilnehmern aus Europa und Amerika. »Obwohl sie so populär sind, sind die möglichen Vorteile von Sitz-Steh-Schreibtischen für die Gesundheit noch sehr unsicher«, schlussfolgern die Wissenschaftler in ihrem Bericht.
Der Hauptgrund: Wer ein solch hippes Büromöbel hat, scheint nicht sehr viel weniger Zeit im Sitzen zu verbringen. Menschen, die an einem Sitz-Steh-Schreibtisch arbeiten, sitzen pro Tag nur 30 bis 120 Minuten weniger, was einen völlig unerheblichen Effekt für die Gesundheit hat, berichten die Forscher in ihrem Fachartikel. Darüber hinaus scheinen auch andere Maßnahmen wie ein Spaziergang in der Mittagspause, die Sitzzeit bei der Arbeit nicht wesentlich zu verkürzen.

Energieverbrauch kaum erhöht
Also sollten wir doch unseren gewohnten Schreibtisch samt Bürostuhl aus dem Keller hervorholen? Studienleiter Nipun Shrestha, vom »Health Research and Social Development Forum« im nepalesischen Thapathali, sagt, dass mehr Forschungen notwendig sind, und gönnt dem Sitz-Steh-Schreibtisch noch den Vorteil des Zweifels. »Es gibt noch sehr viel Unsicherheit über die Auswirkungen solcher Schreibtische auf die tatsächliche Sitzzeit«, sagt er. Doch sein finnischer Kollege Jos Veerbek von der »Cochran Work Review Group« im finnischen Kuopio sieht eher wenig gesundheitsfördernde Aspekte bei solchen Büromöbeln. »Aufrecht stehen statt zu sitzen erhöht kaum den Energieverbrauch. Wir dürfen daher nicht erwarten, dass ein Sitz-Steh-Schreibtisch oder Stehpult uns dabei hilft, Gewicht zu verlieren. Im Moment gibt es nur wenig wissenschaftliche Beweise, ob mehr Stehen während der Arbeit die Nachteile eines sitzenden Lebensstils ausgleichen kann. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten das bedenken, wenn sie über die Anschaffung solch spezieller Büromöbel nachdenken.«

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.