Kojibiose ist eine gesunde Zucker-Alternative (Foto: Maddox74 - pixabay.com) |
Der Zuckerersatz Kojibiose ist kalorienarm, zahn- und
figurfreundlich und gut für die Darmflora.
Die Vorliebe für den süßen
Geschmack ist uns tatsächlich angeboren. Für unsere Vorfahren
bedeutete Süßes viele Kalorien und damit viel Energie. In den
Anfängen der Evolution bildete das die Grundlage fürs tägliche
Überleben. Nicht umsonst schmeckt Muttermilch sehr süß und lieben
Kinder Süßigkeiten in jeder Form. Der süße Geschmackssinn ist
auch eine Geschmacksrichtung, die uns bis ins hohe Alter erhalten
bleibt. Im Gegensatz zu den restlichen Geschmäckern, die wir mit
zunehmendem Lebensalter immer schlechter wahrnehmen können. Kein
Wunder also, dass in jedem von uns eine mehr oder weniger große
Naschkatze steckt. Zucker gehört zu unserem täglichen Leben und nur
die wenigsten wollen darauf komplett verzichten. Doch leider birgt
der süße Genuss auch gewisse Gefahren: Übergewicht, Fettleber und
Zahnschäden sind nur einige davon. Eine Alternative stellen
Zuckerersatzstoffe dar, auch wenn sie geschmacklich meist nicht mit
Haushaltszucker mithalten können. Doch nun gibt es wieder Hoffnung
auf eine weitere Alternative aus der Kategorie Zuckerersatz:
Kojibiose.
Kojibiose: natürlicher Zweifachzucker
Kojibiose?
Nie von gehört, werden Sie jetzt sagen. Doch Wissenschaftlern ist
Kojibiose durchaus ein Begriff. Der Zweifachzucker wurde schon in den
1950-er Jahren in japanischem Reiswein entdeckt und erhielt den Namen
Koji nach dem Schimmel Aspergillus
oryzae,
mit dem der japanische Reiswein Sake hergestellt wird. Kojibiose
kommt in kleinen Mengen in der Natur vor, zum Beispiel auch in Honig.
Doch das Extrahieren von Kojibiose aus natürlichen Quellen ist nicht
lohnend und eine synthetische Herstellung ist schwierig. Deshalb
schwankt der Preis für wenige Milligramm des Zuckers um die 1.000
Euro. Wissenschaftler der Fakultät biochemische und mikrobielle
Technologie der Universität Gent haben nun ein Enzym entwickelt,
dass aus normalem Zucker Kojibiose macht. Kojibiose enthält viel
weniger Kalorien, ist ungefährlich für die Zähne und wirkt sogar
wie ein Präbiotikum, das das Wachstum gesunder Bakterien im Dickdarm
fördert. Kojibiose ist den Wissenschaftlern zufolge ein idealer
Ersatz für klassische Süßstoffe wie Sucrose und Fruktose.
Kalorienarm, zahnschonend und darmfreundlich
»Es
schmeckt süß, hat aber wenig Kalorien«, sagt Professor Tom Desmet.
»Im Gegensatz zu normalem Zucker wie Sucrose und Fruktose ist dieser
Süßstoff nicht schlecht für die Zähne. Außerdem ist dieser
Zucker gut für den Darm. Er wirkt wie ein Präbiotikum, ein
Nahrungsmittel, das für eine gesunde Darmflora sorgt.«
Präbiotika,
wie auch beispielsweise Inulin, werden immer wichtiger für die
Vorbeugung von Krankheiten wie Diabetes, Krebs und Darmentzündungen
wie Morbus Crohn. Es gibt tatsächlich nur wenige Präbiotika, die
süß schmecken und daher als Zuckerersatz dienen können, doch das
kann sich mit dem neuen Zucker Kojibiose nun ändern. Und im
Gegensatz zu anderen natürlichen Zuckerersatzstoffen wie Stevia hat
Kojibiose keinen Beigeschmack.
Zufällige Entdeckung
Das
Forschungsteam von Professor Desmet ist spezialisiert auf die
Anpassung von Enzymen und die Wissenschaftler stießen mehr zufällig
auf diesen besonderen Zucker. »Wir spielten ein wenig mit dem Enzym
Sucrose-Phosphorylase aus dem Bifidobakterium
adolescentis
herum und wie das häufiger so geht, merkten wir rein zufällig, dass
das Enzym winzige Mengen Kojibiose produzierte«, sagt Professor
Desmet. »Also fingen wir an auszuprobieren, wie sich das Enzym so
verbessern lässt, dass es nur noch diesen Zucker herstellt.«
Eigentlich dient das Enzym dazu, um Sucrose in Glucose-1-Phosphat und
Fruktose zu spalten. Umgekehrt kann es auch Glukose dimerisieren,
also verbinden; normalerweise entsteht dann Maltose, aber manchmal
verdreht sich eine der Glukosen ein wenig und es entsteht Kojibiose.
Genetischer Eingriff fördert die Produktion von Kojibiose
Durch
die Kombination von rationalem Proteindesign und zufälliger
Mutagenese - ein wissenschaftlicher Prozess, bei dem die Gene eines
Organismus so verändert werden, dass wieder ein stabiler Organismus
entsteht - konnte Tom Verhaeghe, ein Doktorand innerhalb des
Forschungsteams, einen doppelten Mutanten des Enzyms entwickeln, der
zu 95 Prozent Kojibiose produziert. Um große Testmengen zu erzeugen,
wird das Enzym einfach mit herkömmlichem Zucker aus Zuckerrüben
gemischt.
Produktion auf industrieller Ebene jetzt möglich
Mit
diesem Biokatalysator kann Kojibiose auf industriellem Niveau
hergestellt werden, mit sehr billigen Grundstoffen und mit einer
endgültigen Reinheit von mehr als 99 Prozent. Auf diese Weise würden
einige Kilogramm Kojibiose auch nur wenige Euro kosten, meint
Professor Desmet.
»Die
Studie
ist bemerkenswert, weil sie bereits die Schritte beinhaltet, die
notwendig sind, um erfolgreich den biokatalytischen Prozess zu
entwickeln, vom Enzym bis hin zum Endprodukt«, sagt Bernd Nidetzky,
ein Spezialist für Enzyme an der Technischen Universität Graz in
Österreich. Desmet hofft nun, zusammen mit der
Nahrungsmittelindustrie zu erforschen, ob Kojibiose tatsächlich ein
tragfähiger Ersatz für herkömmlichen Zucker sein kann. Eine Reihe
großer Firmen hat das Forschungsteam bereits kontaktiert.
Dennoch
müssen sich Naschkatzen, Schleckermäulchen und Genussspechte noch
mindestens drei bis vier Jahre gedulden, bevor das süße Vergnügen
ohne Reue Wirklichkeit werden kann, denn solange dauert die Prüfung
und Zulassung als Inhaltsstoff für Nahrungsmittel.
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