Salmonellen unterdrücken die Appetitlosigkeit ihres Wirtes, damit
sie sich besser vermehren und verbreiten können.
Jeder, der schon mal eine Grippe
oder eine schwere Erkältung hatte, kann von der Antriebslosigkeit,
Müdigkeit und einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit berichten.
Alles Symptome, die häufig als Folge einer Infektion mit
Krankheitskeimen auftreten. Eine Studie im Fachjournal »Cell«
des amerikanischen Salk Instituts in San Diego untersuchte eines der
bekanntesten Krankheitssymptome, den Appetitverlust, bei Mäusen. Es
wurde überraschend festgestellt, dass, wenn ein Bakterium seine
Ansteckungsfähigkeit senkt, in dem es diese Appetitlosigkeit
blockiert, die Überlebenschance der Maus sich erhöht. Zusätzlich
hilft es den Krankheitskeimen bei der Vermehrung, denn mehr Appetit
und damit mehr Nahrung bedeutet mehr infektiösen Kot.
Weniger gefährlich für den Wirt,
aber infektiöser
»Bei
einer Infektionskrankheit denken wir normalerweise, dass je stärker
die Fähigkeit eines Erregers ist, eine Erkrankung zu verursachen,
desto größer ist auch sein Potenzial, andere Wirte zu infizieren«,
sagt Senior-Autorin Janelle Ayres, Professorin für Immunbiologie und
molekulare Infektionsbiologie am Salk Institut. »Aber wir haben
einen Krankheitserreger entdeckt, der sich so entwickelt hat, dass er
weniger gefährlich ist für den Wirt. Durch diese Strategie ist es
für den Krankheitserreger einfacher, andere Wirte zu infizieren.«
Verhalten des Erregers passt sich
an
Die
Studie untersuchte das Bakterium Salmonella
Typhimurium, ein
natürlich vorkommender Darmkeim bei Mäusen und Menschen, der leicht
auf andere Wirte übertragen werden kann. Frühere Arbeiten, die die
Verbindung zwischen Salmonellen und Appetitverlust untersucht haben,
nutzten meistens Injektionen mit Krankheitserregern und studierten
dann den Effekt. Bei der aktuellen Studie wurden die Tiere über den
Mund infiziert und so der natürliche Weg der Verbreitung nachgeahmt,
der über das gegenseitige Fressen von infiziertem Kot verläuft.
»Die Reaktion des Wirtsorganismus ist aber nur eine Hälfte der
Gleichung. Wir wollten auch verstehen, wie das Verhalten des
Bakteriums durch den Appetitverlust des Wirtes beeinflusst wird«,
sagt Ayres. »Was ein Krankheitserreger will, ist eine ständige
Versorgung mit Nähstoffen, einen sicheren Platz, um sich zu
vermehren, und eine verlässliche Art der Übertragung.« In diesem
Fall bedeutet das, das Verhalten des Krankheitserregers muss gebremst
werden, damit die Maus mehr Nahrung aufnimmt und gesund bleibt.
Dadurch produziert sie mehr Fäkalien, was eine Infektion weiterer
Tiere ermöglicht.
Bakterium blockiert Kommunikation
zwischen Darm und Gehirn
Weitere
Forschungen deckten den Mechanismus auf, mit dem Salmonella
Typhimurium
den Appetitverlust blockiert. Ein Krankheitsgefühl wird größtenteils
durch ein Zytokin herbeigeführt, ein Molekül, das bei der
Zellkommunikation eine Rolle spielt. Es sendet Signale zum
Hypothalamus, eine Gehirnregion, die auch den Appetit reguliert. Aber
dieses spezielle Salmonellen-Bakterium blockiert die Aktivierung des
Zytokins im Darm und verhindert die Kommunikation zwischen Darm und
Gehirn.
Infektionen besser verstehen
Ayres
erwartet, solche Strategien auch bei anderen Mikroben zu finden, denn
solche Gene, die die Aktivierung des Zytokins verhindern, findet man
auch in anderen Krankheitserregern. »Aber viel interessanter ist die
Untersuchung der Bestandteile des Mikrobioms, besonders beim
Menschen«, fügt Ayres hinzu. »Wenn eine Infektion den Appetit
beeinflusst, wird möglicherweise das Mikrobiom durch den
Nahrungsverlust geschädigt. Ich denke, dass die Darmflora Strategien
entwickelt hat, um diese Krankheitsreaktion zu blockieren«, sagt
Ayres. Das soll in Folgestudien erforscht werden. Die Forscher
hoffen, dass ihre Ergebnisse zu einem besseren Verständnis der
Übertragung von Infektionen führen und zu neuen Behandlungswegen
wie Nährstoffergänzungen statt Antibiotikatherapie. Das Ziel könnte
sein, Patienten so zu behandeln, dass sie die Infektion nicht weiter
verbreiten.
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