Britische Wissenschaftler haben gezeigt, warum man nach
alkoholischen Getränken immer Hunger bekommt. Unser Gehirn glaubt,
dass wir verhungern.
Ein Gläschen Wein, Bier oder Sekt
und dann dauert es nicht lange, bis man zu Chips, Flips, Nüssen oder
Schokolade greift. Meist hat man - in weiser Voraussicht - schon die
nötigen Knabbereien bereitgestellt. Oft genug bleibt es nicht bei
diesen kleinen Snacks. Mit fortschreitender Uhrzeit und steigendem
Alkoholpegel schleicht man zu späterer Stunde doch noch mal zum
Kühlschrank, um die Reste des Mittag- oder Abendessens zu
»vernichten«. Gibt der Kühlschrank nichts mehr her, muss
vielleicht der Pizza-Lieferdienst dran glauben. Denn das Hungergefühl
nagt derart am Magen, dass man nach dem »Gläschen in Ehren« ohne
etwas zu essen sowieso nicht schlafen kann. Warum wir so schwierig
von Chips und Knabbereien lassen können, wenn wir einige Gläser
Alkohol getrunken haben, erklären nun britische Wissenschaftler.
Demnach überzeugt Alkoholkonsum unser Gehirn davon, dass wir quasi
ausgehungert sind.
Agrp-Nervenzellen
signalisieren Energiemangel
Nicht
umsonst gilt Alkohol seit Jahrhunderten als Appetitanreger. Ein
Aperitif, um das Hungergefühl zu wecken, ist in Restaurants nichts
Ungewöhnliches. Wer beim Trinken ordentlich versackt, der isst dann
auch oft eine ganze Menge. Stärker als der Verlust an
Selbstkontrolle soll dafür eine neurologische Ursache verantwortlich
sein, sagen Forscher des Francis Crick Instituts. Sie entdeckten das,
indem sie Mäusen großzügige Alkoholmengen verabreichten,
vergleichbar mit eineinhalb Flaschen Wein beim Menschen. Daraufhin
beobachteten sie nicht nur, dass die Mäuse anfingen, mehr zu essen,
sondern auch eine erhöhte Aktivität in dem Teil des Gehirns, der
signalisiert, wenn der Körper zu verhungern droht. Als die Forscher
zur Kontrolle diese spezifischen Nervenzellen - sogenannte
Agrp-Nervenzellen - ausschalteten, fraßen die Mäuse deutlich
weniger. Diese Nervenzellen werden normalerweise aktiv bei
Energiemangel wie beispielsweise beim Fasten. Aber auch im
gesättigten Zustand, wenn man zum Beispiel an einem
Schnellrestaurant vorbeiläuft. Die Stimulation der Agrp-Zellen
zwingt uns quasi zum Essen.
Hungeralarm
durch Alkohol
Es
ist kein Zufall, dass Snackbars an Ausgeh-Abenden immer rappelvoll
sind. Alkoholkonsum stimuliert Menschen dazu, mehr zu essen als ihnen
gut tut und hängt auch mit Adipositas zusammen. Diese Verbindung
wurde schon in früheren Studien gelegt. Nur die zugrundeliegende
Ursache blieb undeutlich. Alkohol ist eine Substanz, die viele
Kalorien liefert, nur Fett hat mehr Kalorien. Normalerweise
unterdrückt die Zufuhr von Kalorien gerade die Hungersignale des
Gehirns, denn man hat schließlich genug Energie zugeführt. Aber
Alkohol regt zum Essen an, statt es zu bremsen. Das kann schon mal
einen Unterschied von 15 bis 20 Prozent bei der aufgenommenen
Essensmenge bedeuten. Die Agrp-Nervenzellen werden auch durch Alkohol
aktiviert. Der Konsum einer größeren Menge Alkohols löst den
»Hungeralarm« im Gehirn aus.
Alkohol
wirkt vielleicht auch auf andere Hunger-Nervenzellen
»Das
ist eine neue Entdeckung. Es gab noch keine Hinweise, dass das
Anregen des Appetits durch Alkohol über diese Nervenzellen
verläuft«, sagt Roger Adan, Professor für molekulare Pharmakologie
am UMC Utrecht. Er forscht an den neuralen Mechanismen, die
Essstörungen und Adipositas zugrunde liegen. Die britische Studie
gibt, laut Adan, neue Einsichten ins Essverhalten. »Alkoholische
Getränke enthalten viele Kalorien, daher ist es logisch, dass man
davon dicker wird. Aber die Kalorien sind nicht der einzige Grund.
Burdakov hat gezeigt, dass Alkohol direkt auf die Hunger-Nervenzellen
im Gehirn wirkt. Dicker werden von Bier und Wein scheint wirklich im
Gehirn programmiert zu sein.« Im Gehirn liegen neben
Agrp-Nervenzellen auch noch andere Neuronen, die ebenfalls eng an der
Regulierung der Nahrungsaufnahme beteiligt sind. Die Wissenschaftler
schließen deshalb auch die Möglichkeit nicht aus, dass Alkohol in
andere Teile dieses Netzwerks eingreift. »Verstehen,
wie Alkohol den Körper verändert, kann uns lehren, besser umzugehen
mit Übergewicht und Adipositas«, sagt Co-Autor Denis Burdakov.
Keine überflüssige Sorge, denn zwei Drittel der Briten kämpft mit
Übergewicht oder ist adipös. Die Forschungsergebnisse des Francis
Crick Instituts wurden publiziert in »Nature
Communications«.
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