Fluchen hat zwar keinen guten Ruf, dafür sind
Menschen, die häufiger fluchen, ehrlicher als andere, sagen
Wissenschaftler.
»Verdammt noch
mal! Wie blöd bist Du eigentlich?« Solche oder ähnliche lautstarke
Beschimpfungen sind jedem von uns schon mal rausgerutscht. Ob bei der
Arbeit, beim Autofahren oder in der Freizeit: Wenn etwas schief geht,
wir genervt sind oder unter Zeitdruck alles erst recht wie in
Zeitlupe passiert, dann bricht es vor lauter Frustration aus uns
heraus und wir müssen der aufgestauten Wut einfach freien Lauf
lassen. Wenn wir alleine sind, ist das auch weiter kein Problem, aber
in Gesellschaft von Mitmenschen wird lautes Fluchen als eher
unpassend, unhöflich und als Zeichen schlechter Manieren angesehen.
Und der Fluchende gilt nicht unbedingt als Gutmensch oder soziales
Vorbild. Bestimmt erinnern Sie sich auch noch an die mahnenden Blicke
von Vater oder Mutter, wenn Sie Ihren Spielkameraden mit
unüberhörbaren Schimpftiraden überschüttet haben, weil er Ihnen
gerade Ihr Lieblingsspielzeug weggenommen hatte. Doch Menschen, die
ihrem Ärger freien Lauf lassen und öfter mal fluchen, sind besser
als ihr Ruf, sagen Wissenschaftler der Universität Cambridge. Denn
sie sind bisweilen ehrlicher als ihre höflichen und beherrschten
Mitmenschen.
Wer
flucht, lügt weniger
Forschungen
von Wissenschaftlern aus den Niederlanden, Großbritannien, Amerika
und Hongkong haben gezeigt, dass Menschen, die fluchen, weniger dazu
neigen, zu lügen und zu betrügen. Die Studie
im Fachjournal »Social Psychological and Personality Science«
beschreibt, wie 276 Befragte eine Liste ihrer beliebtesten und meist
verwendeten Schimpfworte anlegten und warum sie gerade diese
Ausdrücke gebrauchten. Danach nahmen sie an einem Lügentest teil,
um zu bestimmen, ob sie ehrlich waren oder einfach auf eine
sozialverträgliche Weise antworteten. Die Forscher entdeckten, dass
die meist ehrlichen Teilnehmer auch die schlimmsten Flucher waren:
Diejenigen, die ein größeres Repertoire an Schimpfworten notiert
hatten, zeigten sich weniger bereit zum Lügen.
Soziale
Normen beeinflussen Ehrlichkeit
Dr.
David Stillwell, der an den Forschungen beteiligt war, sagt, dass die
Wechselbeziehung möglicherweise den Beschränkungen durch soziale
Konventionen zuzuschreiben ist. »Wenn man versucht, den sozialen
Normen zu folgen, anstatt zu sagen, was man wirklich denkt, dann sagt
man das, was Menschen gerne hören wollen«, sagt er. »Auf diese
Weise ist man nicht wirklich ehrlich. Menschen, die fluchen, sagen
zumindest, was wirklich in ihnen vorgeht«, so Stillwell.
Amerika:
»Fluchende Staaten« haben weniger Betrugsdelikte
Ob
diese Behauptung sich auch aufrecht erhalten lässt bei extremer
Unehrlichkeit wie Täuschung oder Betrug, ist unklar, sagt er: Diese
Verbindung wurde nicht untersucht. Aber die Ergebnisse passen zu
Forschungen in Amerika, die eine Verbindung feststellten zwischen
Staaten, in denen viel geflucht wird und niedrigeren Zahlen bei
ehrlichkeitsbezogener Kriminalität. In Staaten wie Utah, wo selten
geflucht wird, gibt es zum Beispiel mehr Betrugsdelikte als in
Staaten wie New Jersey, wo Fluchen an der Tagesordnung ist.
Die
Forscher untersuchten auch die Facebook-Berichte von 75.000 Menschen
hinsichtlich der Benutzung von Schimpfworten und entdeckten einen
gleichwertigen Zusammenhang: Wer häufiger fluchte, neigte mehr dazu,
eine Sprache anzuwenden, die in früheren Forschungen mit Ehrlichkeit
verbunden wurde, beispielsweise die Wörter »ich« und »mir«.
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