Soja ist nur was für Vegetarier und Veganer? Weit gefehlt, denn
auch als Fleischesser essen Sie mehr Soja, als Sie denken.
Die meisten Menschen wissen, dass
Soja in allerlei typischen vegetarischen oder veganen Produkten
verwendet wird: Tofu, Sojamilch, Fleischersatz und Ähnliches. Aber
man braucht kein Vegetarier zu sein, um Soja zu essen. Soja als
billige Zutat erscheint in allerlei Formen in unserer alltäglichen
Nahrung. Auch - kurioserweise - in Fleisch.
Fleisch
mit Soja
Eine
Hähnchenbrust aus dem Supermarkt hat eine besondere Eigenschaft: Sie
schrumpft auf ein Minimum beim Braten zusammen. Oder muss man sagen
beim »Kochen«? Denn während der Zubereitung kommt regelmäßig
eine große Menge Flüssigkeit in der Pfanne frei. Das ist schon ganz
schön eigenartig, denn Fleisch hat von Natur aus eigentlich die
Neigung zum Austrocknen. Das Phänomen ist jedoch nicht mehr so
seltsam, wenn man weiß, woher das kommt: In fleischverarbeitenden
Betrieben wird den Fleischprodukten regelmäßig Wasser zugesetzt, um
so ein höheres Gewicht auf dem Etikett deklarieren zu können. Mehr
Gewicht bedeutet natürlich mehr Gewinn.
Mit
Soja mehr Wasser ins Fleisch bringen
Unverarbeitetes
Fleisch absorbiert allerdings kein Wasser. Dafür benötigen die
Fleischfabrikanten Ballaststoffe oder Mehl, die die Feuchtigkeit
speichern. Wenn man zubereitete Produkte wie Wurst, Pastete und
Frikadellen kauft, kann man davon ausgehen, dass ihnen wahrscheinlich
»Fleischvermehrer« zugesetzt wurden. Manche dieser Zusätze werden
aus Weizen hergestellt, andere aus Kartoffeln und wieder andere aus
Soja. Der Prozess, um Sojaeiweiß als Fleischzusatz zu verwenden, ist
durch die vielen chemischen Beigaben, die dafür nötig sind,
umstritten, aber allgemein verbreitet.
Fleisch
darf mehr als 30 Prozent Soja enthalten
Laut
der »Food
and Agriculture Organization«
der Vereinten Nationen kann das Fleisch in Produkten wie Wurst,
Soßen, Frikadellen und Fertigmahlzeiten durch mehr als 30 Prozent
Sojaeiweiß ersetzt werden. Aber Mischungen, die Sojaeiweiß
enthalten, können seit Kurzem auch in ganze Fleischstücke injiziert
werden. Ein bequeme Art, die Erlöse zu maximieren, denn Sojaeiweiß
ist nun mal viel billiger als Fleisch: Der Gewinn für die
Lebensmittelproduzenten lässt sich leicht ausrechnen.
Surimi,
Gebäck, Brot: Soja inklusive
Surimi
- oder auch Garnelen-Imitat - ist eine Mischung aus vielfach
gewaschenem Fischfleisch mit zugefügten Farb- und Aromastoffen. Um
die gallertartige Textur zu erhalten, braucht man etwas Bindendes:
Das ist regelmäßig Sojaeiweiß.
Manche
Sorten Gebäck enthalten Sojaeiweiß, Sojamehl oder eine Kombination
von beidem als Milchersatz. Auch in bestimmten Nudelsorten und
manchen Qualitätsbroten tauchen die Eiweiße regelmäßig auf. »Der
hohe Gehalt an Proteinen und der neutrale Geschmack« ist für die
Industrie ein bemerkenswerter Vorteil in derartigen Produkten. Brot
schrumpft nicht und Kuchen bleiben länger saftig.
Früchte-Shakes
mit Soja
Trinken
Sie ab und zu vorgefertigte Shakes? Die Chance ist sehr real, dass
die nicht mit frischem Obst hergestellt sind, sondern mit einem
getrockneten Püree dieser Früchte und dieser Trockenvorgang
funktioniert besonders gut, wenn Sojaeiweiß hinzugefügt wird.
Solche Shakes können laut der »Food
and Agriculture Organization«
etwa 20 Prozent Sojaeiweiß enthalten. Eine Eigenschaft von
Sojaeiweiß ist auch, dass es Schaum stabilisiert. Darum eignet es
sich auch für die Herstellung von Süßigkeiten und Desserts. Auch
Öl lässt sich aus Sojabohnen pressen. Das ist wiederum ein
kostengünstiges Produkt und daher findet man Soja auch in diversen
frittierten Snacks, Mayonnaisen, Margarinen oder Sahneeis.
Die
Folgen des Soja-Booms
Die
Nachfrage nach Soja steigt noch immer an und das geht zulasten des
Urwalds. Wegen der Gier nach Agrarflächen müssen nämlich immer
mehr Hektar Wald weichen. Auch die Frage, ob Soja wohl tatsächlich
so gesund ist - vor allem, wenn es in solch großen Mengen konsumiert
wird - muss gestellt werden. Forschungen in dieser Richtung kamen in
Gang, als Richard James Ende des vorigen Jahrhunderts begann,
Papageien mit Sojabohnen zu füttern. Die wurden damals in den
Vereinigten Staaten als neue Wundernahrung promotet, aber leider
läutete die Ernährungsumstellung eine katastrophale Periode ein.
Viele Vögel wurden unfruchtbar oder starben und junge Vogelmännchen
kamen viel zu früh in die Pubertät. Der Wissenschaftler Mike
Fitzpatrick beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. »Wir
wussten, dass etwas den Hormonhaushalt durcheinanderbrachte, aber wir
hatten schon alle Chemikalien wie eventuell verwendete Pestizide
ausgeschlossen.«
Soja
enthält pflanzliche Östrogene
Während
seiner Forschungen entdeckte er, dass man bereits in den 80-er Jahren
wusste, dass Soja von Natur aus pflanzliche Östrogene, sogenannte
Phytoöstrogene, enthält und dass diese Stoffe Veränderungen im
Körper verursachen können. Beunruhigt über die Wirkung von
Sojamilch auf kleine Kinder, berechnete er, wie viel Östrogen sie
aufnahmen, wenn sie nur Sojamilch zu trinken bekamen: Basierend auf
ihrem Körpergewicht entsprach das einer Menge von fünf
Antibabypillen pro Tag.
Gesund
oder nicht gesund?
Etwa
20 Jahre später ist der Streit immer noch nicht beigelegt, denn
einige beharren hartnäckig darauf, dass Soja gerade gesund ist: In
Asien tritt tatsächlich seltener Brustkrebs auf. Aber, sagen die
Kritiker, in diesen Ländern werden die meisten Sojaprodukte in
fermentierter Form gegessen, während wir hier mehr rohe
Verarbeitungen essen. Außerdem vermehrten sich bereits vorhandene
Brustkrebszellen nicht durch eine Ernährung mit vielen
Phytoöstrogenen. Für unanfechtbare Standpunkte muss noch auf
wissenschaftliche Beweise gewartet werden, auch wenn der sehr häufige
Konsum schon Fragen aufwirft. Fragen, die wohl für jeden wichtig
sind, nicht nur für Vegetarier.
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