Wissenschaftler der Universität
Maastricht haben in einer klinischen Studie keine Hinweise für die
allgemein vorherrschende Meinung gefunden, dass besonders Zucker
süchtig macht und uns dick werden lässt. Sie konnten nur
feststellen, dass eine Nahrungsmittelabhängigkeit mit kombinierten
hochkalorischen Nahrungsmitteln am stärksten Übergewicht fördert
und nicht so sehr das Produkt Zucker alleine. Die niederländischen
Forscher präsentierten ihre Ergebnisse im Fachmagazin „Appetite“.
Nahrungsabhängigkeit
unter der Lupe
In
der Bevölkerung sind einige der festen Überzeugung, dass Nahrung
süchtig macht und dass Zucker dabei eine besondere Position
einnimmt. Obwohl mit Sicherheit eine Beziehung zwischen dem Essen
leckerer Nahrungsmittel wie Zucker und der Produktion von Dopamin im
Gehirn besteht, sagt das nichts aus über eine offensichtliche Sucht.
Viele wissenschaftliche Studien, die sich mit dem gesellschaftlichen
Problem des Übergewichts beschäftigen, richten sich bis jetzt auf
die Ernährungsweise. Angesichts der oft gehörten Auffassung, dass
Nahrung – und vor allem Zucker – süchtig machen kann, wollte der
Neuropsychologe Professor Dr. Rob Markus jetzt einmal wissen, wie
sich das nun verhält mit der Nahrungsabhängigkeit. Dafür
erweiterte er das internationale Standarmessinstrument für
Nahrungssucht, die Yale Food Addiction Scale (YFAS), um vier
Produktkategorien. Danach legte er seine angepasste Befragung 1.500
gesunden jungen Menschen vor, deren Gewicht in seinem Labor gemessen
wurde. Zwei Fragen interessierten Professor Markus besonders: „Bei
welcher Produktkategorie tritt Nahrungsabhängigkeit am häufigsten
auf?“ und „Welche Produktabhängigkeit ist am stärksten mit
Gewichtszunahme verbunden?“
Viel
Fett und Eiweiß ist verführerisch
Professor
Markus teilte seine Produktkategorien folgendermaßen ein:
-
niedrig-kalorische Nahrung wie Reiswaffeln, Cracker, Gemüse
-
zuckerreiche Nahrung wie Konfekt, Süßigkeiten, Limonaden, Trockenobst
-
kombinierte fettreiche-süße Nahrung wie Gebäck und schließlich
-
kombinierte fett- und eiweißreiche Nahrung wie Käse, Frittiertes, Wurst
Von
den Personen, die angaben, manchmal nur schwer Nahrung liegenlassen
zu können, erkannte fast 30 Prozent die Neigung zu kombinierter
hochkalorischer Nahrung mit viel Fett und Eiweiß. Für überwiegend
zuckerreiche Nahrung galt das nur für fünf Prozent. Zudem zeigte
sich die Beziehung zwischen Nahrungsabhängigkeit und Gewichtszunahme
nur bei Problemen mit kombinierter Nahrung und hatten Testpersonen
mit Übergewicht vor allem Schwierigkeiten mit kombinierter Nahrung
hochkalorisch-süß und hochkalorisch-eiweißreich und weniger mit
zuckerreichen Nahrungsmitteln.
Zuckersucht
gibt
es nicht
Der
vermeintlich süchtig machende Charakter von Nahrung, vor allem von
Zucker, wird in der wissenschaftlichen Welt schon länger nicht ganz
wörtlich genommen. Eine Sucht wie bei Drogen und Alkohol, ruft im
Gehirn eine völlig andere Reaktion hervor als zum Beispiel Zucker.
Das Produkt Zucker trägt darüber hinaus nicht mehr zu einer
Gewichtszunahme bei als andere Nahrungsenergiequellen. „Das Problem
mit Übergewicht ist eher, dass wir im allgemeinen Sinn zu viel essen
im Vergleich mit unserem Verbrauch. Es ist dabei egal, was wir genau
essen“, so Professor Markus. „Vielleicht müssen wir den Ausdruck
„Nahrungsabhängigkeit“ in Kürze ändern in „Esssucht“.
Dieser Ausdruck wird auch mehr der einzigartigen individuellen
Erfahrung mit dem Essen von Nahrung gerecht als die Zuweisung süchtig
machender Aspekte an bestimmte Nahrungsmittel wie Zucker.“
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