Mittwoch, 1. November 2017

Grippezeit: Rotwein, Blaubeeren und Tee schützen - mit den richtigen Darmbakterien


Flavonoide sind bekannt für ihre stärkende Wirkung auf das Immunsystem. Und mit den passenden Darmbakterien schützen sie vor schweren Grippeinfektionen.


In Australien geht der Winter mit der schlimmsten Grippewelle seit 15 Jahren zu Ende. Die Zahl der Erkrankungen gilt auch als Gradmesser für unsere Region und Experten erwarten daher auch in Deutschland eine starke Verbreitung der Influenza-Viren.
Flavonoide arbeiten mit Darmbakterien zusammen
Flavonoide, natürliche Pflanzenstoffe in Beeren, Tee und Rotwein sind bekannt für ihre schützenden Eigenschaften, die dem Immunsystem helfen, Infektionen zu bekämpfen. Eine neue Studie in „Science“ zeigte nun, dass solche Flavonoide mit bestimmten Darmbakterien zusammenarbeiten, um schwere Influenzainfektionen zu verhindern.
Bei ihren Tests an Mäusen, stellten die Wissenschaftler fest, dass dies die hoch ansteckende Infektion nicht stoppt. Aber das Immunsystem wurde angeregt und verhinderte, dass die Grippe das Lungengewebe angriff. Laut den Wissenschaftlern helfen die Forschungsergebnisse zu verstehen, warum Menschen unterschiedlich auf eine Grippeinfektion reagieren.
Influenza für Ältere und Kranke immer noch gefährlich
Die meisten Menschen erholen sich innerhalb einer Woche von einer Grippe, aber für Ältere und chronisch Kranke kann es gefährlich werden. Weltweit sterben nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich 250.000 bis 500.000 Menschen an der Infektionskrankheit Influenza. „Jahrelang dachte man, dass Flavonoide schützende Eigenschaften besitzen, die das Immunsystem bei der Bekämpfung von Infektionen unterstützen“, sagt Erstautorin der Studie Dr. Ashley Steed, eine Kinderärztin am St. Louis Children’s Hospital in Missouri. „Flavonoide kommen in unserer Nahrung viel vor, daher ist eine wichtige Schlussfolgerung unserer Studie, dass möglicherweise die Flavonoide mit Darmbakterien zusammenarbeiten, um uns vor der Virusgrippe und anderen Virusinfektionen zu schützen. Offensichtlich müssen wir noch mehr darüber lernen, aber unsere Ergebnisse sind faszinierend.“
Clostridium orbiscindens nutzt die Flavonoide
Frühere wissenschaftliche Beweise haben schon angedeutet, dass die Darmflora eine wichtige Rolle spielen könnte beim Schutz vor schweren Grippeerkrankungen. Die neue Studie, durchgeführt von der Washington University School of Medicine in St. Louis, hatte das Ziel, die Darmbakterien zu identifizieren, die für den Schutz verantwortlich sind. Zusätzlich haben Ernährungswissenschaftler lange Zeit die potenziellen gesundheitlichen Vorteile von Flavonoiden erforscht. Dabei entdeckten sie, dass das Bakterium Clostridium orbiscindens für die Schutzfunktion verantwortlich war. Sie glauben, dass dieses Bakterium mit den Nahrungssubstanzen interagiert, um die Produktion von Interferonen anzuregen. Diese Proteine werden von den Körperzellen hergestellt als Abwehrantwort auf einen Virenangriff. Das Stoffwechselprodukt, das diese Reaktion hervorruft, heißt Desaminotyrosin, auch bekannt als DAT.
DAT schützt die Lunge
Es spielt nicht nur eine flavonoidreiche Ernährung eine Rolle, sondern unsere Ergebnisse zeigen, dass man außerdem die richtigen Bakterien im Darm braucht, um diese Flavonoide dazu zu nutzen, die Immunantwort zu kontrollieren“, erklärt ein anderer Autor der Studie, Dr. Thaddeus Stappenbeck. „Das verhinderte bei Mäusen Influenza bedingte Lungenschäden. Und besonders diese Art von Schäden verursachen häufig ernste Komplikationen wie Lungenentzündung beim Menschen.“
Dr. Steed fügt hinzu: „Als wir den Mäusen DAT gegeben haben und sie anschließend mit Influenza infizierten, erlitten die Mäuse weit weniger Lungenschäden als Mäuse, die nicht mit DAT behandelt wurden.“ Obwohl die Lungen der mit DAT behandelten Mäuse viel weniger Lungenschäden aufwiesen, war der Grad der viralen Infektion identisch mit dem der unbehandelten Mäuse. „Die Infektionen waren grundsätzlich gleich“, sagt Dr. Stappenbeck. „Die Bakterien und DAT verhinderten nicht die eigentliche Grippeinfektion; die Mäuse hatten immer noch den Virus. Aber das DAT verhinderte, dass das Immunsystem das Lungengewebe schädigt.“
DAT reduziert die Schwere der Krankheit
Die Ergebnisse sind wichtig, weil jährliche Grippeimpfungen nicht immer effektiv vor einer Ansteckung schützen, sagen die Wissenschaftler. „Mit DAT könnte es möglich sein, dass Menschen weniger stark erkranken, wenn sie sich anstecken“, erklärt Dr. Steed. „Diese Strategie zielt nicht auf den Virus selbst, sondern auf die Immunreaktion auf den Virus. Das könnte wertvoll sein, weil es eine Herausforderung darstellt, Therapien und Impfstoffe, die sich auf den Virus richten, wegen ständiger Mutationen des Influenzavirus, dauernd anzupassen.“
Beeren sind das neue Viagra
Nahrungsmittel, die viele Flavonoide enthalten, sollen die erektile Dysfunktion – im Volksmund schlicht Impotenz genannt – genauso gut behandeln können wie die sagenhafte blaue Pille. Experten behaupten, dass eine Handvoll Beeren dreimal wöchentlich oder einige Gläser Rotwein Wunder bewirken können bei der Erkrankung, die schätzungsweise die Hälfte aller Männer im Alter zwischen 40 und 70 betrifft. Die Studie aus 2016 berichtet, dass Obstsnacks die Sexualfunktion genauso gut stärken wie fünf Stunden laufen wöchentlich, dank der natürlichen Inhaltsstoffe Flavonoide und Anthocyane. Man findet sie in Kirschen, Brombeeren, Radieschen, schwarzen Johannisbeeren und Heidelbeeren. Zitrusfrüchte enthalten Substanzen wie Flavanone und Flavone, die eine ähnliche Wirkung besitzen.
Flavonoide gegen Impotenz
Die Wissenschaftler zeigten, dass Flavonoide aus diesen Früchten die Impotenz um 14 Prozent reduzieren konnten. Während schon bekannt war, dass Flavonoide gesundheitliche Vorteile haben, entdeckten Forschungen der University of East Anglia und der Harvard-Universität, dass wahre Ausmaß des gesundheitlichen Nutzens. Und eine Kombination einer flavanoidreichen Ernährung mit Bewegung wird eine noch weitaus größere Verbesserung der erektilen Dysfunktion bewirken: um 21 Prozent, wie die Studie festgestellt hat.

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