Warum hat man nach dem Essen von Spinat so ein raues Gefühl auf den Zähnen? Und gibt es zahnfreundliche Alternativen?
Das
ist der Alptraum eines jeden (Hobby)Kochs: Da hat man stundenlang in
der Küche gestanden, um eine hervorragende und superleckere
Spinattarte zu backen – mit Blätterteig, Käse, Frühlingszwiebeln
und natürlich ganz viel Spinat – und dann schiebt Ihr Tischgenosse
den Teller schon nach ein paar Bissen von sich weg. Nicht, weil er es
nicht lecker findet, „aber ich bekomme davon so ein seltsames
Gefühl auf meinen Zähnen. Ganz rau. Als ob die Zahnglasur sich
auflöst“, erklärt Ihr Tischgenosse entschuldigend.
Ist der
sandige Boden schuld?
Nein,
das ist ausnahmsweise keine faule Ausrede. Viele Menschen, die
frischen Spinat essen – roh oder gekocht – kennen das
„Raue-Zähne-Gefühl“. Auch die Liebhaber von Rhabarber kennen
das pelzige Feeling. Wissenschaftler äußerten in einer
Frage-Antwort-Rubrik in „The
New York Times“
1991 noch, dass dieses Gefühl auf den sandigen Boden zurückzuführen
ist, auf dem beide Gemüse wachsen. Aber besser Waschen hilft leider
nicht.
Ist die
Salicylsäure schuld?
Lange
Zeit galt Salicylsäure als Übeltäter: Diese Säure ätzt ein wenig
die schützende und schmierende Schicht auf den Zähnen weg und
dadurch fühlen sie sich rau und pelzig an. Tatsächlich kann
Salicylsäure der Zahnglasur Schaden zufügen. Das steht
beispielsweise im Lehrbuch „Dental Erosion: From Diagnosis to
Therapy“. Allerdings gilt das nur für hohe Konzentrationen und die
sind weder im Spinat noch im Rhabarber zu finden: weniger als ein
Milligramm pro 100 Gramm. Himbeeren haben da schon höhere Werte:
Fünf Milligramm pro 100 Gramm Früchte.
Ist die
Oxalsäure schuld?
Was
wirklich Spitzenwerte im Spinat und Rhabarber liefert – mehr als
600 Milligramm pro 100 Gramm – ist die Oxalsäure. Und auch sie
wird häufig als Übeltäter angewiesen. „Dieses Molekül formt
zusammen mit Kalzium Kalziumoxalatkristalle, die sich auf der
Zahnglasur niederschlagen. Das verursacht das pelzige Gefühl“,
sagt Hochschuldozent Cor van Loveren vom akademischen Zentrum für
Zahnheilkunde in Amsterdam. Das Kalzium stammt teilweise aus
Zahnglasur. „Das ist die dünne Speichelschicht, die sich über das
Kalzium an die Zahnglasur bindet. Das intakte Pellikel (lat.
pellicula = kleines Fell, kleine Haut), ein schützender Biofilm auf
den Zähnen, sorgt gerade dafür, dass unsere Zähne sich glatt
anfühlen.“
Oxalat
hilft darüber hinaus, so Van Loveren, bei empfindlichen Zähnen:
Wenn das Zahnfleisch sich zurückzieht, liegt das Zahnbein bloß und
das reagiert besonders empfindlich auf Temperaturunterschiede. Eine
Schicht Kalziumoxalatkristalle kann die Überempfindlichkeit
reduzieren.
Ist der
Speichel schuld?
Wie
kommt es nun, dass der eine empfindlicher für den Spinat-Effekt ist
als ein anderer? Das hat möglicherweise mit unserem Speichel zu tun.
Im Buch „Speeksel en speekselklieren“ (niederl. „Speichel und
Speicheldrüsen“) von Veerman und Vissink (2014) steht, dass
bestimmte Arten von Speichel besser gegen das Herauslösen von
Kalzium schützen als andere Speichelarten. Wir haben eine gemischte
Form dieser Speicheltypen in unserem Mund, aber die Verhältnisse
können individuell unterschiedlich sein. Van Loveren: „Auch wie
man isst, kann Einfluss haben. Wer gut kaut, sorgt dafür, dass seine
Zähne besonders viel in Kontakt kommen mit den Oxalaten.“
Sorgfältige Spinat-Kauer fühlen ihre Zähne schneller rau werden.
Solange dieses Gefühl auf den Zähnen besteht, sollte man nicht
gleich zur Zahnbürste greifen, denn der Zahnschmelz reagiert
vorübergehend empfindlicher. Der Gehalt an Oxalsäure ist beim
Spinat im späten Frühjahr und Sommer am höchsten. Wer zur Bildung
von Nierensteinen neigt, sollte generell nicht allzu oft
oxalsäurehaltige Gemüse wie Spinat essen, weil Oxalsäure die
Steinbildung im Körper fördert.
Der Blubb im
Spinat verhindert pelzige Zähne
Wer
der Spinat-Pelzigkeit vorbeugen will, kann einfach weniger gut kauen
oder weniger oxalsäurehaltige Gemüse essen. Aber der raue Effekt
ist auch ganz leicht zu vermeiden, in dem man während des Kochens
dem Spinat oder Rhabarber etwas Kreidepulver hinzufügt: Dann bindet
sich die Oxalsäure an die Kalziumionen im Kalk. Die allereinfachste
Lösung ist die zahnfreundliche Alternative: Nehmen Sie Rahmspinat.
Denn Sahne, Milch und Eier machen die Oxalsäure unschädlich. Der
berühmte Blubb im Spinat erhält daher das glatte Gefühl auf den
Zähnen.
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