Freitag, 19. Oktober 2018

Parodontose-Bakterien könnten am Anfang der Alzheimer-Krankheit stehen


Man weiß schon seit einigen Jahren, dass Zahnfleischentzündungen ein Risikofaktor für Krankheiten wie Herzinfarkt und Diabetes sind. Nun gibt es Hinweise, dass sie auch Alzheimer auslösen können.
Eine lange andauernde Belastung durch Parodontose-Bakterien verursacht Entzündungen und den Abbau von Gehirnzellen bei Mäusen, was den Auswirkungen der Alzheimer-Krankheit beim Menschen ähnelt, berichtet eine neue Studie der Universität von Illinois in Chicago.
Zahnfleischbakterien fördern Ablagerungen im Gehirn
Die im Fachjournal "PLOS ONE" veröffentlichten Ergebnisse deuten darauf hin, dass Parodontose, eine häufige, aber vermeidbare Zahnfleischentzündung, ein Auslöser der Alzheimer-Krankheit sein könnte, für die es derzeit keine Behandlung oder Heilung gibt.
"Andere Studien haben einen engen Zusammenhang zwischen Parodontitis und geistiger Beeinträchtigung gezeigt, aber dies ist die erste Studie, die zeigt, dass die Belastung durch Parodontosebakterien zur Bildung altersbedingter Eiweißablagerungen oder Plaques führt, die die Entwicklung der kranken Gehirnzellen bei Alzheimer-Patienten beschleunigen", berichtete Dr. Keiko Watanabe, Professorin für Parodontologie an der Universität von Illinois und Autorin der Studie.
Chronische Parodontose für 22 Wochen

"Das war eine große Überraschung", sagte Watanabe. "Wir hatten nicht erwartet, dass der Parodontose-Erreger so viel Einfluss auf das Gehirn haben würde, oder dass die Auswirkungen durchweg so stark der Alzheimer-Krankheit ähneln würden."
Um die Auswirkungen der Bakterien auf die Gesundheit des Gehirns zu untersuchen, haben Watanabe und ihre Kollegen, darunter Dr. Vladimir Ilievski, Forschungsassistent an der Universität von Illinois und Mitautor der Studie, bei zehn nicht genetisch veränderten Mäusen eine chronische Parodontose herbeigeführt, die durch Weichteilschäden und Knochenverlust in der Mundhöhle gekennzeichnet ist. Weitere zehn Mäuse dienten als Kontrollgruppe. Nach 22 Wochen wiederholter Verabreichung der Bakterien untersuchten die Forscher das Hirngewebe und verglichen bei beiden Gruppen die Gesundheit des Gehirns.
Deutlich mehr Ablagerungen und Entzündungen im Gehirn
Die Forscher fanden heraus, dass die Mäuse, die den Bakterien ausgesetzt waren, erheblich höhere Mengen an angesammelten Beta-Amyloiden hatten - altersbedingte Ablagerungen im Hirngewebe von Alzheimer-Patienten. Die Mäuse aus der Bakteriengruppe hatten auch mehr Hirnentzündungen und weniger intakte Nervenzellen.
Diese Ergebnisse wurden durch die Beta-Amyloid-Proteinanalyse und die RNA-Analyse, die mehr Anzeichen für Entzündungen und Degeneration auf genetischer Ebene zeigten, weiter unterstützt. DNA aus den Parodontosebakterien wurde auch im Hirngewebe der untersuchten Mäuse gefunden, und ein bakterielles Protein wurde innerhalb der Nervenzellen beobachtet. "Unsere Daten zeigen nicht nur den Weg der Bakterien vom Mund zum Gehirn, sondern auch, dass eine chronische Infektion zu ähnlichen Auswirkungen auf die Nervenzellen führt wie bei der Alzheimer-Erkrankung", sagte Watanabe.
Ergebnisse wissenschaftlich besonders bedeutsam
Die Forscher sagen, dass diese Ergebnisse zum Teil deshalb überzeugend sind, weil sie ein Wildtyp-Mausmodell verwendet haben; die meisten Modellsysteme zur Untersuchung von Alzheimer basieren auf genetisch veränderten Mäusen.
"Die Verwendung eines Wildtyp-Mausmodells hat unserer Studie zusätzliche Bedeutung verliehen, da diese Mäuse nicht auf die Entwicklung der Krankheit vorbereitet wurden, und unsere Erkenntnisse zeigen daher umso deutlicher, dass Parodontosebakterien die Entwicklung der Alzheimer-Krankheit in Gang setzen könnten", sagte Watanabe.
Mundgesundheit als Vorbote für andere Krankheiten
Die Forscher sagen, dass das Verständnis von Ursachen und Risikofaktoren für Alzheimer für die Entwicklung von Behandlungsmöglichkeiten entscheidend ist, insbesondere wenn es um sporadisch oder spät auftretende Krankheiten geht, die mehr als 95 Prozent der Fälle ausmachen und weitgehend unbekannte Ursachen und Mechanismen haben. Die Ergebnisse der Forschungen sind aber nicht nur für die wissenschaftliche Welt von enormer Bedeutung. "Die Mundhygiene ist ein wichtiger Vorbote für Krankheiten, einschließlich Krankheiten außerhalb der Mundhöhle", sagte Watanabe. "Die Menschen können so viel für ihre persönliche Gesundheit tun, indem sie die Mundgesundheit ernst nehmen."

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