Freitag, 9. November 2018

Ghee: Das neue Wunderfett?


Ernährungshypes kommen und gehen. Einer der neuesten Trends ist Ghee, auch bekannt als die "ayurvedische Wunderbutter".
Was ist Ghee?
Ghee ist ursprünglich eine indische Form von geklärter Butter oder Butterschmalz. Ghee wird in Indien zum Frittieren und Braten verwendet, und in der asiatischen Küche auch zum Würzen von Reis und Currygerichten.
Bei geklärter Butter wird die Flüssigkeit des Butterfettes getrennt, in dem man die Butter schmelzt und wieder abkühlen lässt. Danach kann das auf dem Wasser schwimmende Butterfett abgeschöpft werden. Im Gegensatz dazu wird bei der Herstellung von Ghee die Butter länger bei niedriger Temperatur erhitzt, bis sämtliches Wasser verdampft ist und die Butter noch nicht gebräunt. Was übrig bleibt, ist beinahe reines Fett. Durch das längere Erhitzen bekommt Ghee sein typisches nussiges Aroma.
Der große kulinarische Vorteil von Ghee gegenüber Butter und vielen pflanzlichen Ölen besteht darin, dass es auf eine viel höhere Temperatur erhitzt werden kann. Butter verbrennt bei 130 Grad, Oliven- und Sonnenblumenöl bei 170 Grad. Ghee hingegen kann problemlos bis 250 Grad erhitzt werden. Dadurch eignet sich es hervorragend zum Frittieren von Fleisch oder Fisch oder für die Zubereitung im Wok.
Ist Ghee ein "gesundes" Fett?
Wenn wir den vielen Internetseiten glauben wollen, auf denen Loblieder auf Ghee gesungen werden, dann ist es ein wahres Superfett, das für alles Mögliche gut ist. Es ist die ideale natürliche Energiequelle, die viele Vitamine und Antioxidantien enthält. Es soll unter anderem das Immunsystem stärken und vor allerlei chronischen Krankheiten schützen, den Cholesterinspiegel senken, das Verdauungssystem unterstützen, Entzündungen hemmen, Allergien verringern und vieles mehr. Für die meisten dieser Behauptungen gibt es allerdings keinerlei Beweise. Hier einige Fakten:
Ghee enthält mehr Fett als Butter
Die Zusammensetzung von Ghee ist der von Butter sehr ähnlich. Ghee enthält jedoch mehr Fett und damit mehr Energie als Butter. Butter enthält 80 Prozent Fett, Ghee besteht fast vollständig aus Fett, denn die restlichen Bestandteile wie Eiweiß, Milchzucker und Wasser werden bei der Ghee-Herstellung entfernt. Mit 900 Kalorien gegenüber 750 Kalorien in der Butter, ist Ghee auch nicht direkt ein Schlankmacher.
Ghee enthält mehr gesättigte Fette als Butter
Und obwohl in der letzten Zeit die negativen gesundheitlichen Auswirkungen gesättigter Fette sehr kontrovers diskutiert werden, lautet die Empfehlung noch immer, nicht mehr als zehn Prozent der täglichen Energie aus gesättigten Fetten zu beziehen. Das bedeutet weniger als 28 Gramm pro Tag für Männer und weniger als 22 Gramm für Frauen. Es wird empfohlen, gesättigte Fette so weit wie möglich durch ungesättigte pflanzliche Fette zu ersetzen. Der Austausch von gesättigten Fettsäuren durch ungesättigte Fettsäuren senkt das schlechte LDL-Cholesterin im Blut.
Ghee enthält mehr Cholesterin als Butter
100 Gramm Butter enthalten ungefähr 215 Milligramm Cholesterin, 100 Gramm Ghee etwa 300 Milligramm Cholesterin. Durch die große Menge an gesättigten Fettsäuren und Cholesterin erscheint dann auch die Behauptung, dass Ghee einen positiven Einfluss auf den Cholesterinspiegel hat, eher seltsam.
Es gibt allerdings einzelne kleine Tierstudien, die zeigten, dass Ghee das LDL-Cholesterin und das Gesamtcholesterin leicht senken. Aber diese Studien wurden mit relativ niedrigen Dosierungen (10 Prozent der gesamten Energiezufuhr) und für sehr kurze Zeit durchgeführt. Andere Tierstudien und klinische Studien an Menschen haben diese Ergebnisse nicht bestätigt. Im Gegenteil, die einzelnen Studien an Menschen deuten - wie erwartet - eher auf einen negativen Effekt hin (1, 2, 3).
Ghee enthält mehr einfach ungesättigte Fettsäuren als Butter
Aber dieser Unterschied ist praktisch zu vernachlässigen. Die besten Quellen für einfach ungesättigte Fette sind unter anderem Oliven, Olivenöl, Erdnussöl (Arachidöl) und die meisten Nüsse.
Ghee enthält mehr Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren als Butter
Auch hier ist der Unterschied zwischen Butter und Ghee vernachlässigbar. Auf jeden Fall ist Ghee keine gute Quelle für Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Die besten Quellen für Omega-6-Fettsäuren sind Sonnenblumen-, Mais-, Soja-, Weizenkeim-, Distel- und Traubenkernöl. Leinsamen, Raps, Nüsse, Soja und das Öl dieser Nahrungsmittel sind reich an Omega-3-Fettsäuren. Diese Öle sind vor allem für kalte Zubereitungen geeignet. Fetter Fisch und Fischöl ist ebenfalls reich an Omega-3-Fetten.
Ghee enthält mehr konjugierte Linolsäure (konjugierte Octadecadiensäure CLA) als Butter
Da Ghee mehr gesättigte Fettsäuren als Butter enthält, gilt dasselbe auch für konjugierte Linolsäure (CLA). Aber auch dieser Unterschied ist vernachlässigbar (ca. 5 Milligramm gegenüber ca. 4,5 Milligramm pro Gramm Fett).
Möglicherweise ist CLA positiv bei chronischen Krankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aber darüber herrscht bis jetzt noch viel Unklarheit.
Ghee enthält weniger Zucker als Butter
Butter enthält ungefähr 700 Milligramm Laktose und 1,5 Milligramm Galaktose pro 100 Gramm. Ghee enthält ungefähr zwei Milligramm Laktose und 0,5 Milligramm Galaktose. Der Unterschied ist also minimal. Für Menschen, die keine Laktose oder Galaktose essen dürfen, weil sie an einer Laktose-Intoleranz oder einer Galaktosämie leiden, kann der Unterschied allerdings etwas ausmachen (4).
Ghee enthält weniger Eiweiß als Butter
In 100 Gramm Butter befindet sich ungefähr ein Gramm Eiweiß. Ghee enthält ungefähr 0,5 Gramm Eiweiß. Der Unterschied zur Butter ist minimal und macht kaum einen gesundheitlichen Unterschied. Im Gegensatz zu dem, was häufig behauptet wird, ist Ghee nicht für Menschen mit einer nachgewiesenen Kuhmilchallergie geeignet.
Ghee ist reich an Vitaminen
Genau wie Butter enthält Ghee relativ hohe Konzentrationen der Vitamine A, D, E und K. Auch bei diesem Punkt gibt es kaum einen Unterschied.
Ghee produziert weniger Acrylamid
Beim Erhitzen von Ghee soll weniger Acrylamid gebildet werden. Acrylamid ist ein Stoff, der entstehen kann, wenn stärkehaltige Produkte wie Kartoffeln und Getreide über 120 Grad erhitzt werden. Untersuchungen an Versuchstieren haben gezeigt, dass Acrylamid für Tiere schädlich ist. Bei Menschen kann eine höhere Aufnahme dieser Substanz potenziell schädlich sein.
Bei der Verbrennung von ungesättigten pflanzlichen Fetten entsteht mehr Acrylamid als beim Erhitzen von gesättigten tierischen Fetten. Das macht tierische Fette allerdings nicht gesünder als ungesättigte Fette. Außerdem ist der Unterschied zwischen Ghee und Butter an diesem Punkt wieder vernachlässigbar (5).
Pflanzliches Ghee
Neben dem klassischen Ghee tierischen Ursprungs gibt es auch pflanzliches Ghee auf dem Markt. Dieses pflanzliche Ghee enthält jedoch viele Transfettsäuren (ca. 40 Prozent).
Transfette haben einen noch größeren negativen Einfluss auf den Cholesterinspiegel als gesättigte Fette. Für jede vier bis fünf Gramm Transfette, die man täglich isst, kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um ein Viertel steigen.
Wenn Sie mit Ghee kochen wollen, sollten Sie das echte Ghee tierischen Ursprungs kaufen.
Fazit
Ghee hat sicherlich eine Reihe kulinarischer Vorzüge (hohe Verbrennungstemperatur, Geschmack). In Bezug auf die gesundheitlichen Auswirkungen ist Ghee jedoch mit herkömmlicher Butter vergleichbar.

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