Cholesterin senkende Medikamente, bekannt als Statine, schützen vielleicht vor einer gestörten Darmflora und Entzündungsprozessen bei Fettleibigkeit.
Das Europäische MetaCardis-Konsortium, eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler aus sechs EU-Ländern, begann 2012 mit einer Studie über die mögliche Rolle der Darmflora bei der Entwicklung von Herz- und Gefäßkrankheiten. Daraus ergab sich jetzt, dass Cholesterinsenker (Statine) vielleicht einer gestörten Darmflora entgegenwirken.
Statine schützen die Darmflora
Das Europäische MetaCardis-Konsortium untersuchte mehr als 2.000 Patienten mit verschiedenen Stadien von Herz-Kreislauf-Erkrankungen: von gesunden Teilnehmern bis zu Patienten mit Fettleibigkeit, Diabetes, Herz- und Gefäßkrankheiten.
Kürzlich hat Metacardis die ersten Ergebnisse in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Nature“ vorgestellt. Die Wissenschaftler zeigen, dass cholesterinsenkende Medikamente (Statine) möglicherweise Störungen in der Zusammensetzung der Darmflora entgegenwirken können.
Spezifische Zusammensetzung der Darmflora
Erst vor Kurzem haben Wissenschaftler eine spezifische Zusammensetzung der Darmflora („Darmtyp“ oder „Enterotyp“) nachgewiesen, die bei Personen, die an Darmentzündungen wie Morbus Crohn, multipler Sklerose und Depressionen leiden, häufiger aufzutreten scheint. Dieser gestörte Enterotyp hat sehr wenige Bakterien und auch eine geringe Bakterienvielfalt. Zudem fehlen gerade die Bakterien, die nachweislich Darmentzündungen hemmen, wie zum Beispiel Faecalibakterien. Selbst bei gesunden Freiwilligen, die Träger eines sogenannten Bact2-Enterotyps sind, fanden die Wissenschaftler leicht erhöhte Entzündungswerte. Da Fettleibigkeit auch mit mehr Entzündungen einhergeht, wollten die Forscher untersuchen, ob Bact2 auch bei fettleibigen Personen häufiger vorkommt.
Die Forscher erfassten dafür die Zusammensetzung der Darmflora bei Menschen mit unterschiedlichem Körperbau und fanden heraus, dass das Auftreten des Bact2-Enterotyps bei Menschen mit einem höheren Body-Mass-Index tatsächlich zunimmt. Während Bact2 bei kaum vier Prozent der Teilnehmer mit normalem Körperbau gefunden wurde, stieg es bei fettleibigen Personen auf 19 Prozent an.
Statine reduzieren Entzündungen im Körper
Die Wissenschaftler stellten außerdem fest, dass die Träger des Bact2-Enterotyps mehr Entzündungswerte aufwiesen, als man aufgrund des Body-Mass-Indexes erwartet hatte. Die Forscher waren jedoch sehr überrascht, als sie die Zusammensetzung der Darmflora von Teilnehmern näher untersuchten, die cholesterinsenkende Statine einnahmen.
Statine sind Medikamente, die Menschen mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschrieben werden. Der Einsatz von Statinen senkt nicht nur den Cholesterinspiegel, sondern reduziert auch Entzündungsprozesse im gesamten Körper. Die Forscher entdeckten eine mögliche dritte therapeutische Wirkung der Statine, nämlich einen Einfluss auf die Zusammensetzung der Darmflora. Bei fettleibigen Personen, die Statine einnahmen, wurde festgestellt, dass der Bact2-Enterotyp nur bei sechs Prozent der Probanden vorkam. Dies ist bemerkenswert niedriger als bei fettleibigen Probanden, die keine Statine einnahmen (19 Prozent) und vergleichbar mit dem Auftreten bei Teilnehmern mit normalem Körperbau (4 Prozent).
Statine beeinflussen Bakterienarten
Die Forschungsergebnisse deuten daraufhin, dass Statine die gestörte Darmflora, die bei fettleibigen Menschen Entzündungen fördert, positiv beeinflussen können. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen. Einerseits ist es möglich, dass die entzündungshemmende Wirkung der Statine die Entwicklung einer normalen gesunden Darmflora ermöglicht. Auf der anderen Seite haben frühere Forschungen gezeigt, dass Statine das Wachstum verschiedener Bakterien beeinflussen können. Diese direkte Wirkung kann zu Verschiebungen in der Zusammensetzung der Darmflora führen, die möglicherweise für die entzündungshemmenden Eigenschaften der Statine verantwortlich sind.
Forscher bleiben vorsichtig
Trotz ihres Enthusiasmus rufen die MetaCardis-Wissenschaftler noch zur Vorsicht bei der Interpretation ihrer Ergebnisse auf. Die Forscher haben keine Personen überwacht, die gerade erst mit der Einnahme von Statinen angefangen haben. Infolgedessen kann derzeit kein Kausalzusammenhang geltend gemacht werden. Es ist auch nicht auszuschließen, dass von den Wissenschaftlern nicht berücksichtigte Faktoren eine Rolle gespielt haben. Zum Beispiel könnten Teilnehmer mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die deshalb Statine bekamen, plötzlich ihren Lebensstil radikal geändert haben. Auch eine gesündere Lebensweise könnte die Ergebnisse erklären. Die Analysen sind sicherlich vielversprechend, betonen die MetaCardis-Forscher, aber bevor man anfängt, Statine zu verschreiben, um die Darmflora zu verändern, müssen die Ergebnisse wie immer in einer randomisierten Interventionsstudie bestätigt werden.
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