Samstag, 2. April 2022

Künstliche Süßstoffe erhöhen vielleicht das Krebsrisiko



Ein Ende der anhaltenden Debatte über die Sicherheit von Süßstoffen scheint nicht in Sicht zu sein.

 

Viele Lebensmittel und Getränke enthalten künstliche Süßungsmittel. Wie der Name schon vermuten lässt, werden diese Süßstoffe den Nahrungsmitteln anstelle von Zucker zugesetzt, damit sie genauso süß schmecken, aber weniger oder gar keine Kalorien enthalten. Süßstoffe sind jedoch seit vielen Jahren in der Diskussion. Obwohl die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 15 Süßstoffe zugelassen hat und sie als sicher einstuft, behaupten einige Wissenschaftler, dass bestimmte zugelassene Süßstoffe schädlich und sogar krebserregend sein könnten.

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Wie bereits erwähnt, werden insbesondere zuckerfreien Produkten Süßstoffe zugesetzt, um sie etwas süßer zu machen. Man findet sie in Light-Getränken, aber auch in zuckerfreien Lebkuchen und Süßigkeiten. Einige Süßstoffe stammen aus der Natur, wie das inzwischen bekannte Stevia, das aus der Stevia-Pflanze gewonnen wird. Andere Süßungsmittel werden industriell hergestellt, wie das häufig verwendete Aspartam. Da Süßstoffe - ob nun natürlich oder künstlich produziert - Zusatzstoffe sind, werden sie oft mit einer E-Nummer angegeben. Süßstoffe erhalten diese E-Nummer nur, wenn sie von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit nach eingehender Untersuchung als sicher eingestuft wurden.

Weil Millionen Menschen täglich Süßstoffe zu sich nehmen, haben Forscher beschlossen, die Sicherheit dieser Zusatzstoffe in einer neuen Studie nochmals zu untersuchen. Das Team interessierte sich insbesondere für die Frage, ob einige Süßstoffe möglicherweise das Krebsrisiko erhöhen können.

Die Studie

Die Forscher analysierten die Daten von 102.865 Franzosen, die am sogenannten NutriNet-Santé-Programm teilgenommen hatten. Dabei handelt es sich um ein Forschungsprogramm, das 2009 ins Leben gerufen wurde, um die Ernährungsgewohnheiten und eine Verbindung zur Gesundheit von Internetnutzern zu untersuchen. Die Teilnehmer melden sich freiwillig an und beschreiben ihre Krankengeschichte, teilen soziodemografische Daten wie Alter, Einkommen und Geschlecht mit und machen Angaben zu Ernährung, Lebensweise und Gesundheitszustand.

Der Zusammenhang

In der neuen Studie sammelten die Forscher zunächst Daten über den Verzehr von künstlichen Süßungsmitteln. Unter anderem untersuchten die Forscher die Süßungsmittel Acesulfam-K (E950), Aspartam (E951), Cyclamat (E952), Saccharin (E954), Sucralose (E955), Steviolglykosid (E960) und Aspartam-Acesulfamsalz (E962). Acesulfam-K (E950), Aspartam (E951) und Sucralose (E955) werden von der Bevölkerung am häufigsten konsumiert und wurden daher einzeln untersucht.

Anschließend untersuchte das Team, bei welchen Teilnehmern des Forschungsprogramms bei einer Nachuntersuchung Krebs diagnostiziert wurde. Anhand statistischer Analysen ermittelte man dann einen möglichen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von künstlichen Süßstoffen und dem Krebsrisiko. Das Team korrigierte eine Reihe von Variablen, darunter Alter, Geschlecht, Ausbildung, körperliche Aktivität, Rauchen, Diabetes und Body-Mass-Index.

Erhöhtes Krebsrisiko

Die Studie kommt zu einer ziemlich beunruhigenden Schlussfolgerung. Es wurde nämlich festgestellt, dass Teilnehmer, die viele künstliche Süßstoffe - vor allem Aspartam (E951) und Acesulfam-K (E950) - konsumierten, ein höheres Krebsrisiko hatten. Die Ergebnisse deuten auf einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von künstlichen Süßstoffen und einem erhöhten Krebsrisiko hin, insbesondere für Brustkrebs und Krebsarten, die mit Fettleibigkeit zusammenhängen. Das würde bedeuten, dass künstliche Süßstoffe möglicherweise doch keine sichere Alternative zu Zucker sind.

Randbemerkung zur Studie

Allerdings lassen sich einige Vorbehalte hinsichtlich des Studienaufbaus und der Sicherheit der Ergebnisse, geltend machen. Zum Beispiel haben die Teilnehmer des Studienprogramms selbst über ihre Nahrungsaufnahme berichtet, was bedeutet, dass dies keine völlig zuverlässige Darstellung der Realität sein kann. Außerdem waren die meisten Teilnehmer Frauen, hatten ein höheres Bildungsniveau und zeigten oft ein gesundheitsbewusstes Verhalten. Die Wissenschaftler weisen aber auch auf die zuverlässige Komponente der Studie hin. Die Studie basiert auf einem Langzeitprogramm mit einer großen Stichprobe und Nachuntersuchungen, erklärt das Forschungsteam. Jeder Teilnehmer teilte bei der Anmeldung und dann regelmäßig bei Nachuntersuchungen detaillierte Informationen mit. Darüber hinaus wurden genaue Daten zu Gesundheitszustand, Größe, Gewicht, körperliche Aktivität usw. geliefert. Die Fragebögen zur Ernährung überprüfte man durch ein Gespräch mit einem ausgebildeten Ernährungsberater und ergänzte das durch Blut- und Urinproben.

Den Forschern zufolge bedeuten die Ergebnisse also, dass die Sicherheit von Süßstoffen nicht garantiert werden kann. Die Ergebnisse sind zuverlässig und konstant, auch nach wiederholten Analysen. Außerdem stimmen sie mit mehreren experimentellen Studien überein.

Kausaler Zusammenhang muss noch bewiesen werden

Dennoch sind zusätzliche Forschungen nötig, um einen echten Kausalzusammenhang zwischen dem Verzehr von Süßstoffen und einem erhöhten Krebsrisiko nachzuweisen. Wie jede wissenschaftliche Studie hat auch diese einige Einschränkungen, erklären die Forscher. Daher kann ein kausaler Zusammenhang auf der Grundlage einer einzigen Beobachtungsstudie derzeit nicht schlüssig nachgewiesen werden. Auch eine umgekehrte Kausalität kann nicht ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse müssen daher in anderen großangelegten Kohortenstudien wiederholt werden. Die zugrunde liegenden Mechanismen müssen ebenfalls durch weitere experimentelle Studien aufgeklärt werden.

Warum sind einige Süßungsmittel krebserregend?

Es stellt sich also die dringende Frage, warum einige künstliche Süßstoffe tatsächlich krebserregend sein könnten. Mehrer Dinge sind dabei plausibel, erklären die Forscher. Der mögliche Zusammenhang könnte zum Teil durch übergewichtsbedingte Stoffwechselstörungen verursacht werden. Aber auch andere Faktoren können eine Rolle spielen, wie zum Beispiel Entzündungsprozesse, die Förderung von DNA-Schäden und die Hemmung der Apoptose, des programmierten Zelltodes. Schließlich wurde bereits vermutet, dass nichtkalorische künstliche Süßstoffe - man denke an Saccharin (E954), Sucralose (E955) und Aspartam (E951) - die Darmflora beeinflussen. Dies wiederum könnte eine Rolle bei der Entwicklung einiger Krebsarten spielen. Aber auch hier sind weitere Forschungen erforderlich, um die zugrundeliegenden Mechanismen aufzuklären.

Wasser statt Erfrischungsgetränke

Wer jetzt vorhat, wieder auf Zucker umzusteigen, der sollte auch damit vorsichtig sein. Es ist nämlich erwiesen, dass ein übermäßiger Zuckerkonsum nicht gesund ist. So führt beispielsweise zu viel Zucker zu Übergewicht und Typ-2-Diabetes und wurde in früheren Studien mit schlechteren schulischen Leistungen in Verbindung gebracht. Viele Gesundheitsbehörden empfehlen daher, den Verzehr von Süßstoffen und Zucker ohnehin einzuschränken. Die französische Agentur für Lebensmittel, Umwelt und Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ANSES empfiehlt beispielsweise, auf künstlich gesüßte und mit Zucker gesüßte Erfrischungsgetränke zu verzichten und stattdessen Wasser zu trinken.

Alles in allem scheint die anhaltende Debatte über die Sicherheit von künstlichen Süßungsmitteln noch nicht beendet zu sein. In jedem Fall sprechen die Ergebnisse nicht für die Verwendung von künstlichen Süßstoffen als sichere Zuckeralternative in Lebensmitteln oder Getränken, betonen die Forscher. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass künstliche Süßstoffe, die weltweit in Tausenden von Nahrungsmitteln und Getränken verwendet werden, mit einem erhöhten Krebsrisiko verbunden sein könnten. Auch wenn dies durch weitere experimentelle Studien bestätigt werden muss, liefert es neue Erkenntnisse, die für die laufende Neubewertung der Sicherheitsrisiken von Süßstoffen durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit und andere weltweite Gesundheitsbehörden von Bedeutung sein könnten.

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