Der bekannte Zuckerersatz Erythrit ist wahrscheinlich nicht so harmlos, wie es scheint. Neue Forschungen weisen auf ein erhöhtes Risiko für Gefäßkrankheiten hin.
Um die Zufuhr von Zucker und Kalorien zu senken, werden einigen Nahrungsmitteln und Getränken künstliche Süßstoffe zugefügt. Ein bekannter Süßstoff ist Erythrit (E 968) oder Erythritol. Dieses Süßungsmittel soll nicht gesundheitsschädlich sein und wurde auch von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für sicher erklärt. Doch jetzt schlagen Wissenschaftler Alarm. Denn in einer neuen Studie haben sie einen möglichen Zusammenhang zwischen diesem weit verbreiteten Süßstoff und Herzerkrankungen entdeckt.
Erythrit gilt als Naturprodukt
Erythrit wird oft als „Naturprodukt“ bezeichnet. Das liegt daran, dass es von Natur aus in Lebensmitteln wie Obst, fermentierten Produkten und bestimmten Pilzen vorkommt. Es wird auch durch die Fermentierung von Mais gewonnen. Das hört sich alles ziemlich harmlos an, aber die Substanz ist viel künstlicher, als es scheint. „Erythrit ist zwar in einigen Früchten enthalten und wird sogar von unserem eigenen Körper produziert, aber in diesem Fall handelt es sich um nur um sehr kleine Mengen“, erklären die Wissenschaftler. „Erythrit, das praktisch keine Kalorien enthält, wird hauptsächlich zum Süßen von verarbeiteten zuckerfreien Lebensmitteln verwendet. In diesem Fall sind die Konzentrationen tausend- oder sogar millionenfach höher als in der Natur. Da es in solch hohen Konzentrationen angewendet wird, gilt Erythrit als künstlicher Süßstoff.“ Obwohl der Zuckeraustauschstoff als unbedenklich eingestuft wird, sind seine langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit bisher kaum erforscht worden. „Süßstoffe wie Erythrit haben in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen, aber ihre langfristigen Auswirkungen müssen noch eingehender untersucht werden“, betonen die Forscher.
Die Studie
Und so haben sie ihren Worten Taten folgen lassen. In einer neuen Studie untersuchten die Wissenschaftler das Blut von mehr als 4.000 Amerikanern und Europäern. Nach einer gründlichen Analyse stellten sie fest, dass diejenigen mit einem höheren Erythritgehalt ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall aufwiesen. „Unsere Studie zeigt, dass der Konsum eines mit Erythrit gesüßten Getränks bei den Teilnehmern zu deutlich erhöhten Werten führen kann, die über Tage hinweg nachweisbar sind“, so die Forscher. „In diesem Fall handelt es sich um erhöhte Werte, die die Schwelle des Gerinnungsrisikos weit überschreiten.“
Verklebt die Blutplättchen
Erythrit wird vom Körper nur schlecht verstoffwechselt. Stattdessen gelangt es in die Blutbahn und verlässt den Körper über den Urin. Auf seinem Weg durch die Blutgefäße richtet es dort jedoch Schaden an. „Es macht unsere Blutplättchen klebriger und anfälliger für Blutgerinnsel“, erklärt das Forschungsteam. Und das ist ziemlich beunruhigend. Schließlich ist es lebenswichtig, dass die Blutplättchen richtig funktionieren. „Blutplättchen oder Thrombozyten spielen eine wichtige Rolle beim Stoppen von Blutungen“, so die Forscher. „Sie sind die ersten zirkulierenden Zellen, die helfen, den Blutfluss am Ort der Verletzung zu stoppen. Aber Erythrit führt dazu, dass diese Blutplättchen sozusagen überreagieren.“
Erhöhtes Risiko der Blutgerinnung
Das bedeutet, dass es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen einem erhöhten Erythritspiegel und einem erhöhten Risiko der Blutgerinnung gibt. Und das wiederum erhöht das Risiko von Herz- und Gefäßkrankheiten. Das ist eine alarmierende Entdeckung. „Es ist allgemein bekannt, dass Herzkrankheiten die häufigste Todesursache weltweit sind“, erklären die Wissenschaftler. „Wir müssen sicherstellen, dass die Lebensmittel, die wir essen, nicht heimlich dazu beitragen.“
Größeres Risiko bei Vorerkrankungen
Besorgniserregend ist zudem, dass Süßstoffe vor allem übergewichtigen Menschen oder Menschen mit Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes und Herzerkrankungen als Alternative zu Zucker empfohlen werden. Diejenigen, die am meisten Süßstoffe zu sich nehmen, sind also wahrscheinlich diejenigen, die bereits ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall haben. Die Forscher fordern daher weitere Untersuchungen. „Es ist wichtig, dass weitere Studien durchgeführt werden, um die langfristigen Auswirkungen von künstlichen Süßungsmitteln im Allgemeinen und Erythrit im Besonderen genauer zu untersuchen“, schreiben die Forscher in ihrer Studie. „Es ist wichtig zu verstehen, inwieweit der Süßstoff das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht, insbesondere bei Menschen, die bereits ein höheres Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten haben.“
Süßstofftablette oder Würfelzucker?
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Süßstoffe in die Schlagzeilen geraten. Süßstoffe sind schon seit Jahren Gegenstand von Diskussionen. Erst letztes Jahr haben Forscher in einer Studie gezeigt, dass einige Süßstoffe möglicherweise krebserregend sind. Und auch jetzt zeigen die Ergebnisse erneut, dass die Sicherheit nicht garantiert werden kann. Doch was soll man am Ende nehmen? Eine Süßstofftablette oder doch lieber ein Stück Würfelzucker in den Kaffee? „Im Moment würde wir unseren Patienten raten, Zucker oder Honig zu verwenden, aber in Maßen“, empfehlen die Wissenschaftler.
Zucker in Maßen
Letzteres ist besonders wichtig. Denn auch mit Zucker sollte man vorsichtig sein. Es ist nämlich erwiesen, dass übermäßiger Zuckerkonsum nicht gesund ist. Zu viel Zucker führt zum Beispiel zu Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes und wurde in früheren Studien mit schlechteren schulischen Leistungen in Verbindung gebracht. Viele Gesundheitsbehörden empfehlen daher ohnehin, den Verzehr von Süßungsmitteln und Zucker zu begrenzen.
Alles in allem zeigen die Forscher, dass man zumindest nicht unbesehen davon ausgehen kann, dass künstliche Süßstoffe sichere Alternativen zu Zucker sind. „Es sind weitere Studien erforderlich, um die (langfristigen) Risiken im Zusammenhang mit der Aufnahme von Erythrit besser zu verstehen“, so die Forscher. „Aber bis dahin sollten diejenigen, die abnehmen oder auf Zucker verzichten wollen, besser auf Erythrit verzichten.“
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