Dienstag, 4. April 2023

So kann Nahrung effektiv mit Eisen angereichert werden



Weltweit leiden etwa 1,2 Milliarden Menschen an Eisenmangel. Doch dagegen könnte bald etwas getan werden. Denn Forscher haben eine Verbindung entwickelt, mit der sich Lebensmittel mit Eisen anreichern lassen.

 

Immer mehr Menschen ernähren sich heutzutage auf pflanzlicher Basis. Das ist zwar einerseits sehr gesund, hat aber auch eine Kehrseite. Die wachsende Zahl von Vegetariern und Veganern führt dazu, dass Eisenmangel immer häufiger auftritt. Das ist weltweit ein großes Gesundheitsproblem. Deshalb haben Forscher, darunter Neshat Moslehi und Willem Kegel von der Universität Utrecht, Krassimir Velikov von Unilever Foods Innovation und Judith Bijlsma, Wouter de Bruijn und Jean-Paul Vincken von der Universität Wageningen, beschlossen, nach Möglichkeiten zu suchen, diesen Mangel zu beseitigen. Und eine von ihnen neu entwickelte Verbindung könnte die Lösung sein.

Weltweiter Eisenmangel

Eisen ist ein Mineral, das unter anderem für die Bildung von Hämoglobin wichtig ist, einem Bestandteil der roten Blutkörperchen, die wiederum den Sauerstoff durch den Körper transportieren. Eisenmangel ist daher eine häufige Ursache für Blutarmut. Nach Angaben des Radboudumc-Klinikums leiden bis zu 1,2 Milliarden Menschen (hauptsächlich Frauen und Kinder) an Eisenmangel. Blutarmut durch Eisenmangel ist am häufigsten bei benachteiligten Gruppen, einschließlich Migranten und Geflüchteten, sowie in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen anzutreffen. In den Niederlanden sind keine Gesamtzahlen unter Erwachsenen bekannt. Man weiß jedoch, dass eines von zehn Kleinkindern und einer von 50 Jugendlichen daran leidet. Außerdem leidet schätzungsweise eine von sechs bis zehn Schwangeren in den Niederlanden an Eisenmangel.

In der neuen Studie suchten Moslehi und ihr Team nach Möglichkeiten, Nahrungsmitteln Eisen zuzufügen. Schließlich ist es keineswegs selbstverständlich, dass jeder ausreichend Eisen zu sich nimmt. Wie bereits erwähnt, müssen vor allem Veganer und Vegetarier auf eine ausreichende Eisenzufuhr achten.

Popeye hätte Fleisch essen sollen

Warum ist Eisenmangel gerade für Vegetarier und Veganer ein Problem? Moslehi bringt Popeye ins Spiel. „Wer kennt ihn nicht“, sagt sie. „Die berühmte Zeichentrickfigur, die ihre Muskeln mit einer Dose Spinat aufbaut. Dabei wäre es für Popeye viel effizienter gewesen, eine Dose Fleisch zu vertilgen. Sowohl Spinat als auch Fleisch enthalten Eisen, aber das Nicht-Hämeisen in grünem Blattgemüse, Bohnen und Nüssen wird vom Körper viel schlechter aufgenommen als das Hämeisen in Fleisch.“ Aufgrund der wachsenden Zahl von Vegetariern und Veganern und des geringen Fleischkonsums in Entwicklungsländern ist Eisenmangel daher auch eines der größten globalen Gesundheitsrisiken.

Eine Herausforderung

Die Anreicherung von Nahrungsmitteln mit Eisen ist jedoch nicht so einfach. „Eisen ist ein Mineral, dass sich schwierig Nahrungsmitteln zufügen lässt“, erklärt Moslehi. „Der Grund dafür ist, dass es mit den in den Nahrungsmitteln vorhandenen chemischen Stoffen interagieren kann.“ Das führt dann zu unerwünschten Veränderungen in den Nahrungsmitteln. „Die Nahrungsmittel können sich verfärben oder verdunkeln“, erklärt Moslehi. „Es kann auch den Geschmack und die Textur in einer Weise verändern, die die Verbraucher nicht mögen.“

Eisen verstecken in einer anderen Verbindung

Moslehi und ihr Team kamen jedoch auf die Idee, Eisen in einer weniger reaktiven Verbindung zu „verstecken“. „Der erste Schritt bestand darin, die Reaktivität von Eisen in Nahrungsmitteln besser zu kontrollieren“, erklärt sie. „Idealerweise sollte die eisenhaltige Verbindung in der Nahrung unlöslich sein, damit sie nicht mit der Nahrung reagiert. Gleichzeitig muss sie aber im Magen und/oder Darm relativ gut löslich sein, damit sie vom Körper aufgenommen werden kann. Kurz gesagt, wir brauchten eine eisenhaltige Verbindung, die im pH-Wert der Nahrung minimal löslich und im pH-Wert unseres Verdauungssystems maximal löslich ist.“

Auf Basis von Mineralien

Den Forschern gelang es schließlich, die gesuchten Verbindungen herzustellen. Inspiriert von natürlichen Mineralien, darunter Vivianit (ein natürlich vorkommendes Multimineral, das neben Eisen auch Mangan, Magnesium und Kalzium enthält), synthetisierte das Team auf Pyrophosphatbasis, die neben Eisen auch ein zweites Mineral wie Kalzium, Zink oder Mangan enthalten. „Die in unserer Arbeit synthetisierten multimineralischen Pyrophosphatverbindungen weisen das gewünschte Auflösungsprofil auf“, sagt Moslehi. „Sie sind im pH-Bereich der Nahrung (pH-Wert 3 bis 7) sehr schwer löslich und lösen sich bei einem pH-Wert unter 2, dem pH-Wert im Magen, schnell und gut auf.“

Das Experiment

Nach der Synthese testeten die Forscher die Salze auf ihre Reaktivität mit einer Auswahl von Substanzen, wie Quercetin, Apigenin und Curcumin. Diese sind in Zitrusfrüchten, Petersilie und Kurkuma enthalten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Salze tatsächlich weniger mit den Substanzen reagierten, da es kaum zu Farbveränderungen kam. Darüber hinaus waren die Tests unter Bedingungen, die das Verdauungssystem nachahmten, vielversprechend: Es gab Hinweise darauf, dass das Eisen effektiv aufgenommen wird, sobald es in den Körper gelangt.

Kostengünstig und nachhaltig

Sollten sich diese Verbindungen tatsächlich zur Anreicherung von Nahrungsmitteln mit Eisen eignen, wäre das ein sehr guter Ansatz, um das weltweite Problem des Eisenmangels zu lösen. Denn die Herstellung der Salze ist kostengünstig und nachhaltig. Die Forscher nutzten eine gängige Technik (Ko-Fällung), die umweltfreundlich, billig, schnell und einfach ist, da sie keine Erhitzung und keine Verwendung chemischer Lösungsmittel erfordert. Außerdem können die Salze problemlos Produkten wie Mehl, Brot, Sojasoße und Brühwürfeln zugesetzt werden. „Die Verbindungen eignen sich besonders für herzhafte Konzentrate“, sagt Moslehi. „Sie eignen sich jedoch nicht für die Zugabe zu Nahrungsmitteln, die reich an Catechinverbindungen sind, wie grüner oder schwarzer Tee.“

Der Kampf gegen den Eisenmangel

Die neu entwickelten Salze könnten ein wichtiges Instrument im Kampf gegen den weit verbreiteten Eisenmangel sein. Es könnte daher für Millionen von Menschen weltweit eine Lösung sein. „Die neuen Verbindungen könnten zur Lösung beitragen“, sagt Moslehi. „Außerdem können sie nicht nur den Eisengehalt in unserer täglichen Ernährung erhöhen, sondern auch die Eisenaufnahme des Körpers verbessern. Der zusätzliche Vorteil dieser Verbindungen besteht darin, dass sie gleichzeitig einen zweiten Mineralstoff wie Kalzium oder Zink liefern.“

Alles in allem bieten diese innovativen Salze eine vielversprechende Möglichkeit, täglich ausreichend Eisen aufzunehmen. Allerdings ist noch einiges zu tun, bevor sie tatsächlich Nahrungsmitteln zugesetzt werden können. „Die Salze müssen zunächst mit Chemikalien in Lebensmittelqualität statt in Laborqualität hergestellt werden, da diese nicht in Lebensmitteln verwendet werden dürfen“, erklärt Moslehi. Außerdem müssen sie noch auf ihre Toxizität getestet werden, und es ist wichtig, die Wirkung der Salze auf echte Lebensmittel zu untersuchen. Und schließlich muss noch genauer untersucht werden, wie gut der Körper das Eisen nach klinischem Maßstab aufnimmt. „Sobald die Salze jedoch zugelassen sind, können sie hoffentlich in die Nahrungsmittel aufgenommen werden, die wir täglich konsumieren“, so Moslehi abschließend.

Woran erkennt man Eisenmangel?

Eisenmangel erkennt man an Müdigkeit, blasser Haut, unruhigen Beinen und schnell außer Atem sein. Aber auch Kopfschmerzen und Haarausfall können Symptome sein. Bei Verdacht auf Eisenmangel ist es ratsam, einen Hausarzt aufzusuchen. Denn ausreichend Eisen ist sehr wichtig. Kinder brauchen es, um ihre Denkfähigkeit und Muskelkoordination zu entwickeln. Bei Kleinkindern kann Eisenmangel zu Gedächtnisstörungen führen und das Lernverhalten beeinträchtigen.

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