Donnerstag, 12. Oktober 2023

Endlich Long-Covid im Blut nachweisbar



Hoffnung für viele Long-Covid Patienten: Wissenschaftler konnten im Blut Biomarker nachweisen, die typisch für Long-Covid sind.

 

Long-Covid ist nach wie vor eine schwer greifbare Erkrankung. Die chronischen Symptome nach einer Coronavirus-Infektion sind sehr vielfältig. Infolgedessen wird die Existenz der Krankheit manchmal sogar angezweifelt. Mit einer neuen Studie gehört das nun der Vergangenheit an: Zum ersten Mal wurden Biomarker im Blut gefunden, die auf Long-Covid hinweisen.

 

Wie viele Bundesbürger insgesamt an Long-Covid erkrankt sind, ist unklar. Objektive Studien fehlen und es gibt keine einfachen körperlichen Tests, mit denen die Krankheit festgestellt werden kann. Die Symptome sind sehr verschieden und erinnern auch an das chronische Erschöpfungssyndrom.

Abweichende Hormon- und Immunfunktion

Aber Long-Covid ist tatsächlich eine eigenständige Krankheit. Wissenschaftler aus Yale haben nämlich spezifische Biomarker im Blut gefunden, die auf Long-Covid hinweisen. Es wurde festgestellt, dass Menschen mit Long-Covid im Vergleich zu gesunden Menschen eine abweichende Immun- und Hormonfunktion aufweisen. Die wichtige Studie bietet erstmals eine Methode zum Nachweis von Long-Covid durch einen Bluttest.

„Dies ist ein wichtiger Meilenstein“, sagt der Studienleiter David Putrino. „Ärzte können nun besser einschätzen, was genau bei einem chronisch erschöpften Patienten vor sich geht, und dann kann eine personalisierte Behandlung für Menschen mit Long-Covid eingeleitet werden. Bislang war es schwierig, physische Beweise dafür zu finden, dass jemand tatsächlich an Long-Covid leidet.“

Ein Durchbruch

Nach Ansicht des Forschers ist die Studie daher bahnbrechend. „Denn es ist das erste Mal, dass wir messbare Unterschiede bei den Biomarkern im Blut von Long-Cod-Patienten nachgewiesen haben. Die Werte unterscheiden sich erheblich bei Personen, die sich von einer akuten Infektion vollständig erholt haben, und bei Personen, die nie mit dem Coronavirus infiziert waren. Dies ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Entwicklung eines gültigen und zuverlässigen Bluttests zum Nachweis von Long-Covid.“

Die Symptome

Die ersten Long-Covid-Symptome kamen 2020 ans Licht, als Patienten nach einer Infektion mit dem Coronavirus noch lange Beschwerden wie kognitive Einschränkungen oder „Gehirnnebel“ (brain fog), extreme Erschöpfung, Kurzatmigkeit und chronische Schmerzen hatten. Laut dem amerikanischen „Center for Disease Control and Prevention“ leidet einer von dreizehn Amerikanern unter Long-Covid-Symptomen, die länger als drei Monate nach einer Corona-Infektion andauern. Die Yale-Studie kommt nun mit neuen Beweisen, warum ihre Beschwerden so lange anhalten.

Künstliche Intelligenz wählt Biomarker aus

Die Wissenschaftler untersuchten zwischen Januar 2021 und Juni 2022 insgesamt 273 Patienten. Sie wurden in drei Gruppen eingeteilt: diejenigen, die keine Corona-Infektion hatten, diejenigen, die sich nach der Infektion vollständig erholt hatten, und diejenigen, die mindestens vier Monate nach einer bestätigten Corona-Infektion immer noch Long-Covid-Symptome aufwiesen. Dabei betrug die mittlere Dauer der Langzeitbeschwerden 12 Monate nach der ursprünglichen Infektion.

Alle Patienten beantworteten eine lange Liste medizinischer Fragen. Außerdem wurden ihre Krankengeschichte und ihre Lebensqualität analysiert, die Wissenschaftler nahmen Blut ab und suchten nach Unterschieden in den Biomarkerwerten zwischen den drei teilnehmenden Gruppen, woraufhin Modelle einer künstlichen Intelligenz (KI) herauszufinden versuchten, welche Biomarker bei der Identifizierung von Long-Covid-Patienten am wirksamsten sind.

96-prozentige Genauigkeit

Der Computer-Algorithmus scheint schließlich in der Lage zu sein, nach der Analyse der Blutwerte mit 96-prozentiger Genauigkeit diejenigen mit Long-Covid herauszufiltern. Die größten Unterschiede bei den Biomarkern zwischen den Gruppen stehen im Zusammenhang mit Störungen des Immun- und Hormonsystems. Dazu gehören eine abweichende T-Zell-Aktivität (Immunabwehr), die Reaktivierung mehrerer schlafender Viren, wie Epstein-Barr-Virus und andere Herpesviren, sowie ein starker Rückgang des Cortisolspiegels. Ein niedriger Cortisolspiegel kann für Müdigkeit und fehlende Energie sorgen.

Kein Allheilmittel

„Ärzte müssen ihren Patienten genau zuhören und verschiedene Tests durchführen, um für jeden Einzelnen den besten Weg zur Behandlung seiner Long-Covid-Symptome zu finden“, sagt David Putrino. „Es gibt kein Patentrezept, keine einfache Lösung, um Long-Covid loszuwerden, denn es handelt sich um eine Krankheit, die tief in komplexe System wie die Immun- und Hormonregulation eingreift. Komplexe Krankheiten erfordern komplexe Behandlungsmethoden. Wir brauchen bald mehr Forschung, um Long-Covid besser zu verstehen und neue, nützliche Behandlungsmethoden zu entwickeln.“

Die Forschenden sind jedoch sehr zufrieden mit den Ergebnissen ihrer Studie. „Wir sind sehr froh, dass wir so deutliche Unterschiede bei den Biomarkern zwischen Menschen mit und ohne Long-Covid feststellen konnten. Diese Marker müssen in größeren Studien bestätigt werden, aber sie sind ein erster Schritt, um die neue Krankheit Long-Covid zu entschlüsseln“, so die Yale-Wissenschaflerin Akiko Iwasaki abschließend.

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