Samstag, 27. Juli 2024

Mit weniger Perfektionismus erreicht man genauso viel

Man erreicht genauso viel mit weniger Perfektionismus (Foto: pixabay.com)


Für alle Perfektionisten: Laut einer Studie erreicht man genauso viel, wenn man weniger perfektionistisch ist.

 

Für einen Perfektionisten ist gut, nicht gut genug: Es muss perfekt sein. Das ist auch die Art und Weise, wie Neurowissenschaftler die Strategien von Tieren bei der Nahrungssuche oder der Beutejagd untersuchen: Tiere finden einen optimalen Weg, um die Aufgabe zu erfüllen. Aber in der Natur funktionieren die Dinge nun mal anders …

 

Tiere (und viele Menschen) entscheiden sich eher für das beste Ergebnis mit dem geringsten Aufwand. Sie entscheiden sich für den Ansatz, der gut genug ist, um die Aufgabe zu erledigen, aber so wenig Aufwand wie möglich erfordert. Schließlich bleiben so Zeit und Energie für andere Aufgaben übrig. In einer neuen Studie konzentrieren sich die Wissenschaftler genau auf diese weniger optimalen Methoden zur Lösung eines Problems.

Nicht perfekt sein wollen

Es stellte sich also heraus, dass es viele Möglichkeiten gibt, wie ein Tier eine einfache Futtersuche durchführen kann, zusätzlich zu der einen perfekten Methode, die vielleicht gar nicht so perfekt für das Tier ist, weil sie viel zu viel Energie verbraucht. Und: Einige der weniger perfekten Optionen funktionierten fast genauso gut wie die optimale Strategie, erforderten aber viel weniger Aufwand, fanden die Forschenden heraus. So blieb den Tieren Zeit und Energie für andere Aufgaben.

„Sobald man sich von der Vorstellung befreit, perfekt sein zu müssen, ist man erstaunt, wie viele Möglichkeiten es gibt, ein Problem zu lösen“, sagt Forschungsleiter Tzuhsuan Ma. Eine weise Botschaft: Wir können noch viel von Tieren lernen.

Wege, an die man noch nie gedacht hat

Die Wissenschaftler beschlossen, diese „guten“ Strategien genauer unter die Lupe zu nehmen, um herauszufinden, wie das Gehirn in der realen Welt funktioniert. „Viele dieser Strategien hätten wir nie für möglich gehalten, um diese Aufgabe zu lösen, aber sie funktionieren gut, so dass es durchaus möglich ist, dass Tiere sie auch im wirklichen Leben verwenden“, sagt Wissenschaftlerin Ann Hermundstad. „Sie bieten somit eine neue Möglichkeit, Verhalten zu verstehen.“

Die Forschungen begannen vor drei Jahren, als Ma sich fragte, welche verschiedenen Strategien ein Tier möglicherweise anwenden könnte, um eine einfache, aber alltägliche Aufgabe zu bewältigen: die Wahl zwischen zwei Optionen, bei denen sich die Wahrscheinlichkeit einer Belohnung mit der Zeit ändert. Stellen Sie sich vor: Es gibt zwei Orte, von denen es an einem Futter gibt. Wie kommen die Tiere so schnell wie möglich dorthin?

Eine Viertelmillion Lösungen

Mithilfe eines Computermodells untersuchten die Wissenschaftler Strategien, die von der optimalen Wahl bis hin zu völlig zufälligen Lösungen reichten: Es zeigte sich, dass eine Viertelmillion Möglichkeiten erzeugt werden konnten. Zunächst untersuchten die Wissenschaftler die am besten funktionierende Methode. Und sie waren überrascht: Diese erzielte tatsächlich das gleiche Ergebnis wie die optimale Strategie, aber mit viel weniger Aufwand.

„Wir waren ein bisschen enttäuscht“, sagt Ma. „Wir haben die ganze Zeit nach diesen Lösungsstrategien gesucht, und sie folgen alle demselben Kalkül, das Tiere in der Natur schon ohne diesen ganzen Aufwand herleiten konnten.“

Die Kategorie „gut genug“

Doch die Wissenschaftler suchten weiter. Sie waren überzeugt, dass es Algorithmen geben musste, die zwar gut waren, sich aber von der optimalen Strategie unterschieden. Als sie über die allerbesten Optionen hinausschauten, fanden sie sie. Es stellte sich heraus, dass es etwa 4.000 Algorithmen gab, die in die Kategorie „gut genug“ fielen. Und was noch wichtiger ist: In über 90 Prozent der Fälle handelte es sich um neue Strategien. Dann gingen sie noch einen Schritt weiter: Wie konnten sie herausfinden, welche Strategie ein Tier verwendet? Sie fanden heraus, dass kleine Änderungen der optimalen Strategie zu großen Verhaltensänderungen führen können, während die Leistung gleich bleibt.

Kein Spezialist, sondern Generalist

„Wenn man bedenkt, dass ein Tier kein Spezialist ist, der auf die Lösung eines einzigen Problems optimiert ist, sondern eher ein Generalist, der viele verschiedene Probleme löst, ist dies wirklich ein neuer Weg, das zu untersuchen“, sagt Ma.

„Letztlich ist es wichtig, das Verhalten eines Tieres gut zu verstehen, um herauszufinden, wie das Gehirn verschiedene Arten von Problemen löst, einschließlich solcher, die unsere besten künstlichen Systeme nur ineffizient oder gar nicht lösen können“, sagt Hermundstad. „Die wichtigste Entdeckung ist, dass Tiere bei der Nahrungssuche ganz andere Strategien anwenden können, als wir ursprünglich dachten.“

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