Sonntag, 25. August 2024

Angst erhöht langfristig das Risiko für Demenz

Ängste erhöhen auf Dauer das Demenzrisiko (Foto: pixabay.com)


Das Risiko an Demenz zu erkranken steigt mit dem Alter. Auch verschiedene Risikofaktoren spielen eine Rolle. Angst scheint ebenfalls Demenz zu fördern.

 

Demenz ist auf dem Weg, die Todesursache Nummer eins zu werden. Durch den demografischen Wandel erkranken immer mehr Menschen im Laufe des Lebens an Demenz. Allerdings betrifft Demenz nicht nur ältere Menschen. Laut Schätzungen der WHO gibt es mehr Betroffene unter 65 Jahren als bisher angenommen. Zum Glück weiß man immer mehr über die Risikofaktoren, wie Übergewicht und Alkoholkonsum. Eine neue Studie zeigt nun, dass auch Angst eine Rolle spielt.

Akute und chronische Ängste fördern Demenz

Sowohl chronische Angststörungen als auch neu aufgetretene Angststörungen erhöhen das Risiko einer Demenz. Bemerkenswerterweise verschwindet aber auch das erhöhte Demenzrisiko, wenn die Angststörung behandelt wird.

Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler der Oregon State University, die mehr als 2.100 Australier im Alter von durchschnittlich 76 Jahren zehn Jahre lang beobachtet haben. Dabei stellte sich heraus, dass Ängste ein wichtiger Risikofaktor sind. Diejenigen, die unter chronischen Ängsten litten, hatten ein 2,8-fach höheres Risiko, an Demenz zu erkranken, und wer neu an einer Angststörung erkrankte, hatte ein 3,2-fach höheres Demenzrisiko. Noch alarmierendere Zahlen wurden für Menschen ermittelt, die bereits vor ihrem 70. Lebensjahr unter Ängsten litten. Aber es gibt auch Hoffnung: Menschen, die ihre Ängste loswerden konnten, hatten kein erhöhtes Risiko mehr für die langfristig tödliche Krankheit.

Viermal höheres Risiko

Dabei gibt es keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen. „Unsere Analyse der Ausgangsmerkmale der Teilnehmer zeigte, dass das Geschlecht bei Demenz keine Rolle spielte, wohl aber das Bildungsniveau“, erklärte der leitende Forscher Kay Khaing von der University of Newcastle. „Wir haben in unserer Studie eine Reihe von Merkmalen berücksichtigt, was bedeutet, dass das erhöhte Demenzrisiko bei chronischer und neu auftretender Angst unabhängig von Geschlecht und Bildungsniveau signifikant war. Das Gleiche galt für aufgelöste Ängste.“

Es ist unklar, ob es eine Rolle spielt, wie lange jemand eine Angststörung hatte. „In unserer Studie hatten Teilnehmer mit chronischen Ängsten, die mindestens fünf Jahre oder länger unter Angst litten, ein dreimal höheres Demenzrisiko“, so der Wissenschaftler. „Erwachsene, die vor ihrem 70. Lebensjahr unter chronischen Ängsten litten, hatten ein viermal höheres Demenzrisiko.“

Überraschende Ergebnisse

Der Wissenschaftler hat aber eine Erklärung für diesen Zusammenhang. „Angst steht in direktem und indirektem Zusammenhang mit Demenz. Angst wird in Verbindung gebracht mit Nervenentzündungen, Zelltod, Gehirnschwund und Beta-Amyloid-Ablagerungen (Proteinansammlungen, die mit Demenz in Verbindung stehen). Angst steht auch im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese Faktoren könnten das erhöhte Demenzrisiko bei Menschen mit chronischen oder neuen Angststörungen erklären“, so der Wissenschaftler.

Trotz all dieser Erklärungen haben ihn die Ergebnisse überrascht. „Besonders überraschend war, dass eine verminderte Angst auch das Demenzrisiko senkt, während chronische oder neu aufgetretene Ängste im Alter unter 70 Jahren das Demenzrisiko stark erhöhen.“

Angststörungen behandeln senkt Demenzrisiko

Kay Khaing sieht daher wichtige Anwendungsmöglichkeiten für seine Forschung. „Die Ergebnisse zeigen, dass Angst ein neuer Risikofaktor sein könnte, auf den man sich bei der Demenzprävention konzentrieren sollte. Die Behandlung von Angstzuständen kann wahrscheinlich das Krankheitsrisiko verringern.“

Dies ist für Ärzte und andere Therapeuten sehr interessant, denn es zeigt, wie wichtig es ist, sich mit Angststörungen auseinanderzusetzen. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung dieser Störungen könnte möglicherweise einige Demenzfälle verhindern. Und bei einer so großen Zahl von Menschen bedeutet selbst ein kleiner Rückgang schon einen großen Unterschied.

Zwei neue Risikofaktoren: Sehschwäche und hohes Cholesterin

Erst Ende Juli hat die Lancet-Kommission zur Prävention, Intervention und Pflege von Demenz eine neue Studie vorgestellt, in der zwei neue Risikofaktoren für Demenzerkrankungen festgestellt wurden. Abnehmendes Sehvermögen und zu hohes Cholesterin erhöhen die Zahl der vermeidbaren Krankheitsrisiken auf insgesamt 14 Faktoren. 2020 hatten die Fachleute zuletzt zwölf Faktoren identifiziert. Dazu gehören unter anderem Depressionen, Schwerhörigkeit, soziale Isolation oder Bluthochdruck. 45 Prozent der Demenzerkrankungen könnten laut Studie durch eine gesündere Lebensweise und medizinische Vorsorge verhindert oder hinausgezögert werden.

Schlechteres Sehvermögen

Wer schlecht sieht, hat vor allem im späten Lebensalter ein höheres Demenzrisiko. Dieses Risiko lässt sich um zwei Prozent senken, wenn Sehschwächen korrigiert werden. Weltweit bleiben aber immer noch bei 12,5 Prozent der Menschen über 50 Jahren Sehschwächen unbehandelt. Das kann ähnliche Folgen haben wie ein schlechtes Gehör. Wer schlechter sieht oder hört zieht sich oft zurück und hat weniger soziale Kontakte. Das Gehirn wird weniger angeregt und verarbeitet weniger Reize. Die Leistungsfähigkeit sinkt und das Risiko an Alzheimer zu erkranken steigt. Zudem fördert soziale Isolation Depressionen, die auch zu den Risikofaktoren für Demenzerkrankungen zählen.

Hoher Cholesterinspiegel

Ein hoher Cholesterinspiegel zählt laut dem Fachmagazin The Lancet zu den vermeidbaren Risikofaktoren im mittleren Lebensalter und erhöht das Demenzrisiko um sieben Prozent. Liegen die Cholesterinwerte im Normalbereich, zum Beispiel durch die Einnahme von cholesterinsenkenden Medikamenten, sinkt das Risiko auf Null. Hohe Cholesterinwerte fördern schädliche Proteinablagerungen und diese Amyloid-Plaques sind typisch bei einer Alzheimer-Demenz.

Hohe Blutfettwerte können aber auch andere Demenzerkrankungen fördern. Sie führen eventuell zu Ablagerungen in den Blutgefäßen, die die Durchblutung im Gehirn behindern. Dadurch steigt das Risiko für eine vaskuläre (gefäßbedingte) Demenz. Durch die Aufnahme des Cholesterins in die Liste der Demenzrisikofaktoren betont die Lancet-Kommission die Bedeutung der Herz-Kreislauf-Gesundheit für die Vorbeugung von Demenzerkrankungen. Denn Herz-Kreislauf-Krankheiten stehen in Zusammenhang mit einem weiteren Demenzrisiko, dem Bluthochdruck.

In Deutschland sind 1,8 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Die häufigste Form ist die Alzheimer-Demenz. Alzheimer und viele weitere Demenzkrankheiten sind bislang nicht heilbar und wirksame Behandlungen noch nicht in Sicht. Deshalb ist es besonders wichtig, Demenzkrankheiten mit einem gesunden Lebensstil, regelmäßiger Bewegung und sozialen Kontakten vorzubeugen. Medizinische Risikofaktoren wie Sehschwäche, Schwerhörigkeit, Bluthochdruck und Cholesterinwerte sollten behandelt werden, um das Demenzrisiko zu senken.

 

Diese 14 Demenzrisikofaktoren sind inzwischen bekannt:

· Niedriges Bildungsniveau

· Schlechteres Hören

· Sehschwäche

· Hohe Cholesterinwerte

· Depressionen

· Kopfverletzungen

· Bewegungsmangel

· Typ-2-Diabetes

· Rauchen

· Bluthochdruck

· Starkes Übergewicht

· Übermäßiger Alkoholkonsum

· Soziale Isolation

· Luftverschmutzung

Was ist Demenz?

Demenz ist ein Sammelbegriff für mehr als 50 Gehirnerkrankungen. Alzheimer ist die bekannteste Form, aber auch vaskuläre Demenz oder Lewy-Body-Demenz (Lewy-Körperchen-Demenz) sind häufig. Die Gemeinsamkeiten dieser Erkrankungen sind, dass sie alle dafür sorgen, dass Informationen im Gehirn nicht mehr richtig verarbeitet werden. Inzwischen liegt die Demenz laut Angaben der WHO als Todesursache auf Platz sieben. Die Diagnose ist allerdings schwierig und dauert manchmal lange. Die Kosten für die Pflege der Betroffenen sind immens und steigen durch den demografischen Wandel in den kommenden Jahren schnell. Neue Medikamente und Diagnosetests werden zwar entwickelt, aber sind häufig immer noch ineffektiv. Vorbeugung bleibt daher die wichtigste Maßnahme.

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