Samstag, 10. August 2024

Darum nehmen Menschen mit dieser genetischen Variante schneller zu

Eine bestimmte Genvariante fördert Übergewicht (Foto: pixabay.com)


Wer Übergewicht hat, hört oft, dass er einfach zu viel isst oder sich falsch ernährt. Doch das stimmt nur zum Teil, wie Forschenden entdeckt haben.

 

Jedes Pfund geht durch den Mund? Das stimmt, aber bei manchen Menschen bleibt das Pfund schneller auf der Hüfte kleben als bei anderen. Britische Wissenschaftler haben entdeckt, dass Menschen mit einer genetischen Variante, die das SMIM1-Gen ausschaltet dicker sind, weil sie in Ruhe weniger Energie verbrauchen.

 

SMIM1 wurde erst vor einem Jahrzehnt entdeckt, als die Wissenschaftler eigentlich nach einem anderen Gen suchten, das zu einer bestimmten Blutgruppe gehört, die als Vel bekannt ist. Nur einem von fünftausend Menschen fehlen beide Kopien des Gens, so dass sie Vel-negativ sind. Die neue Studie macht deutlich, dass diese Menschen eher zu Übergewicht neigen.

Zufällige Entdeckung

Menschen ohne beide Kopien des Gens haben alle möglichen Werte, die mit Fettleibigkeit in Verbindung gebracht werden, wie höhere Blutfettwerte, viel Fettgewebe und erhöhte Leberenzyme sowie niedrigere Schilddrüsenhormonwerte.

„Die Zahl der fettleibigen Menschen hat sich in den letzten 50 Jahren verdreifacht, und bis 2030 wird es wahrscheinlich mehr als eine Milliarde fettleibige Menschen auf der Welt geben. Die damit verbundenen Krankheiten stellen eine enorme Belastung für das Gesundheitssystem dar“, so Wissenschaftler Mattia Frontini von der Universität Exeter, und betont, wie wichtig es sei, etwas dagegen zu unternehmen.

Neue Behandlungen

Doch das ist nicht einfach. In Deutschland sind 19 Prozent der Erwachsenen und sechs Prozent der Kinder fettleibig. „Fettleibigkeit wird durch ein Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und -verbrennung verursacht, das oft ein komplexes Zusammenspiel von Lebensstil, Umwelt und genetischen Faktoren ist. Bei einer kleinen Minderheit von Menschen wird die Fettleibigkeit durch genetische Varianten verursacht. Wenn dies der Fall ist, können manchmal neue Behandlungsmöglichkeiten entdeckt werden, die diesen Menschen helfen. Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig die Erforschung der genetischen Ursachen von Fettleibigkeit ist, um die bestmöglichen Behandlungsmethoden zu finden, aber auch, um das Stigma der Fettleibigkeit zu verringern“, erklärt der Wissenschaftler.

Eine große Aufgabe

Die Wissenschaftler durchforsteten die genetischen Daten von fast 500.000 Briten, um schließlich 104 Personen mit der Genvariante zu finden, die zu einer verminderten Funktion des SMIM1-Gens führt. Dabei handelte es sich um fast ebenso viele Frauen wie Männer.

In einer anderen Datenbank fanden sie frische Blutproben sowohl von Vel-negativen als auch Vel-positiven Personen. Nach weiterer Analyse der Daten kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass diese SMIM1-Variante ein wichtiger Faktor bei der Entstehung von Fettleibigkeit ist. Vermutlich gibt es weltweit etwa 300.000 Menschen mit dieser Genvariante, die das Risiko für Fettleibigkeit erhöht.

Wie viele Kilos mehr?

Interessant ist natürlich, wie viele Kilos Gewicht auf das SMIM1-Gen zurückzuführen sind. Es stellte sich heraus, dass es gar nicht so dramatisch ist. Den Wissenschaftlern zufolge wogen Frauen mit der Genvariante im Durchschnitt 4,6 Kilo mehr und Männer 2,4 Kilo.

„SMIM1 wurde erst vor einem Jahrzehnt als Blutgruppenprotein auf roten Blutkörperchen entdeckt und lange Zeit gesucht“, erzählt Wissenschaftlerin Jill Storry von der schwedischen Universität Lund. „Aber seine andere Funktion blieb unbekannt, bis jetzt. Es ist etwas ganz Besonderes, zu entdecken, dass das Gen auch eine allgemeinere Rolle im menschlichen Stoffwechsel hat.“

Ein Schritt nach vorne

Das Hauptziel der Wissenschaftler besteht nun darin, herauszufinden, wie sie die neuen Erkenntnisse in praktische Lösungen für Menschen mit dieser Genvariante umsetzen können. „Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von genetischen Daten und mehr Informationen über den SMIM1-Mechanismus hoffen wir, dass Menschen, die dieses Gen nicht haben, identifiziert werden können, damit sie die richtige Behandlung erhalten“, so Luca Stefanucci, Studienleiter an der Universität Cambridge, abschließend.

Manche Menschen können also wirklich nichts dafür, dass sie zu dick sind: Sie können zu Recht ihren Genen die Schuld geben. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass man dadurch leichter zunimmt, ist gering: Schließlich fehlen nur einem von 5.000 Menschen beide Kopien des SMIM1-Gens.

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