Die regelmäßige Verwendung von Zahnseide kann ein einfaches und wirksames Mittel sein, um das Schlaganfallrisiko wieder zu senken.
Ein Schlaganfall ist immer noch eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Jedes Jahr erleiden in Deutschland 200.000 Menschen erstmals und 70.000 Menschen einen wiederholten Schlaganfall. Wissenschaftler versuchen daher herauszufinden, wie ein Schlaganfall entsteht und wie er verhindert werden kann. Zwei kürzlich veröffentlichte Studien liefern vielversprechende neue Erkenntnisse.
Häufige Mund- und Darmbakterien
In der ersten Studie stellten die Forschenden fest, dass im Darm von Menschen, die einen Schlaganfall erlitten hatten, erhöhte Werte von Streptococcus anginosus vorhanden waren, ein Bakterium, das normalerweise im Mund und im Darm vorkommt. Bei Schlaganfallpatienten mit einer hohen Konzentration von Streptococcus anginosus im Darm war die Wahrscheinlichkeit, dass sie starben oder ein anderes schwerwiegendes Herz-Kreislauf-Problem entwickelten, wesentlich höher als bei Patienten ohne diese Bakterien.
Bakterien bevölkern Darm und Mund
Jeder Mensch hat Milliarden von Bakterien im Darm, die wir auch als Darmflora bezeichnen. Weitere Bakterien leben im Mund und sind charakteristisch für die Mundflora. Die meisten dieser Bakterien sind gut für den Körper und helfen bei Prozessen wie der Verdauung. Wenn jedoch das Gleichgewicht zwischen nützlichen und schädlichen Bakterien gestört ist, kann dies zu Krankheiten führen.
Die Studie
In dieser neuen Studie, die in Japans größtem Schlaganfallzentrum durchgeführt wurde, analysierten die Wissenschaftler alle nachweisbaren Bakterien sowohl im Speichel als auch im Darm von Menschen, die kürzlich einen Schlaganfall erlitten hatten. Die Studie umfasste 250 Teilnehmer (Durchschnittsalter 70 Jahre, 40 Prozent Frauen). 200 Patienten, bei denen in den letzten sieben Tagen ein Schlaganfall diagnostiziert worden war, wurden mit 50 altersgleichen Patienten ohne Schlaganfall verglichen. Und wie bereits erwähnt, stellten die Wissenschaftler fest, dass die Bakterienart Streptococcus anginosus im Speichel und im Darm von Menschen mit akutem Schlaganfall wesentlich häufiger vorkam als in der Kontrollgruppe von Menschen ohne Schlaganfall. Streptococcus anginosus im Darm wurden mit einem 20 Prozent höheren Schlaganfallrisiko in Verbindung gebracht, selbst wenn andere vaskuläre Risikofaktoren berücksichtigt wurden. Dagegen war das Schlaganfallrisiko um 18 Prozent verringert, wenn das „gesunde“ Darmbakterium Anaerostipes hadrus vorhanden war und um 14 Prozent verringert, wenn Bacteroides plebeius (verbreitetes Darmbakterium in der japanischen Bevölkerung) im Darm angesiedelt war. In einer früheren Studie hatten Wissenschaftler bereits festgestellt, dass das Karies verursachende Bakterium Streptococcus mutans das Risiko für Gehirnblutungen erhöht.
Ein schneller Test möglich
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Untersuchung von Mund- und Darmbakterien in Zukunft helfen könnte, das Schlaganfallrisiko zu bestimmen. „Mit einem Schnelltest können wir potenziell schädliche Bakterien im Mund und im Darm nachweisen“, erklärt der Hauptautor der Studie, Shuichi Tonomura. „Auf diese Weise könnten wir das Schlaganfallrisiko genauer einschätzen. Indem wir gezielt gegen diese Bakterien vorgehen, könnten wir Schlaganfälle verhindern.“
Mundhygiene besonders wichtig
Die Ergebnisse liefern neue Erkenntnisse darüber, wie Mundbakterien das Schlaganfallrisiko beeinflussen können. „Streptococcus anginosus fördert Karies, indem er Säuren produziert, die den Zahnschmelz angreifen“, erklärt Tonomura. „Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, Karies vorzubeugen, was unter anderem durch die Reduzierung des Zuckerkonsums und die Verwendung von Zahnpasta, die gegen diese Bakterien wirkt, erreicht werden kann. Eine gute Mundhygiene ist also von großer Bedeutung.“
Eine weitere Studie bestätigt dies. Sie zeigt nämlich, dass Menschen, die regelmäßig (mindestens einmal pro Woche) Zahnseide benutzen oder mit Interdentalbürstchen die Zahnzwischenräume reinigen, ihr Schlaganfallrisiko senken können.
Studie mit Zahnseide
Die Wissenschaftler kamen zu diesem Schluss, nachdem sie die Verwendung von Zahnseide bei mehr als 6.000 Menschen anhand eines strukturierten Fragebogens untersucht hatten. Die Teilnehmer wurden zu ihrem Gesundheitszustand befragt, einschließlich Bluthochdruck, Diabetes, hohem Cholesterinspiegel, Rauchen, Body-Mass-Index, Bildung und Gewohnheiten wie regelmäßiges Zähneputzen und Zahnarztbesuche. Während der 25-jährigen Nachbeobachtungszeit wurden 434 Fälle von Schlaganfall registriert, von denen 147 durch größere arterielle Hirnblutungen, 97 durch herzbedingte Blutgerinnsel und 95 durch Verhärtung kleinerer Arterien verursacht wurden. Außerdem wurden 1.291 Teilnehmer mit Herzrhythmusstörungen erfasst. Von den Teilnehmern, die angaben, Zahnseide zu benutzen, hatten 4.092 keinen Schlaganfall erlitten und bei 4.050 wurde kein unregelmäßiger Herzschlag diagnostiziert.
Geringeres Risiko für einen Schlaganfall
Das Forscherteam fand heraus, dass das Reinigen der Zahnzwischenräume mit einem um 22 Prozent geringeren Risiko für einen ischämischen Schlaganfall, einem um 44 Prozent geringeren Risiko für einen kardioembolischen Schlaganfall (Blutgerinnsel, die vom Herzen ausgehen) und einem um 12 Prozent geringeren Risiko für Herzrhythmusstörungen verbunden war. Dieses geringere Risiko war unabhängig von regelmäßigem Zähneputzen, Zahnarztbesuchen oder anderen Mundhygienegewohnheiten. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass eine häufigere Zahnzwischenraumreinigung das Schlaganfallrisiko weiter senken kann.
Warum macht die Zahnzwischenraumreinigung so einen Unterschied?
„Die Mundgesundheit hat viel mit Entzündungen und Verhärtungen der Blutgefäße zu tun“, erklärt Studienleiter Souvik Sen. „Zahnseide kann dazu beitragen, das Schlaganfallrisiko zu senken, indem die Reinigung zwischen den Zähnen Infektion und Entzündungen im Mund reduziert und gleichzeitig andere gesunde Gewohnheiten unterstützt. Viele Menschen empfinden Zahnpflege als teuer, aber Zahnseide ist eine einfache, erschwingliche und weithin zugängliche Gewohnheit, die eine große positive Wirkung haben kann.“
Alles in allem liefern beide Studien wertvolle neue Erkenntnisse über die Ursachen von Schlaganfällen und darüber, wie man vorbeugen kann. Außerdem ist die Zahnzwischenraumreinigung nicht nur gut fürs Herz, sondern auch für die Zähne: Sie verringert das Risiko von Karies und Zahnfleischerkrankungen. Die Wissenschaftler betonen, dass die regelmäßige Verwendung von Zahnseide eine einfache und wirksame Angewohnheit ist, die man leicht in die tägliche Routine einbauen kann und die mehr Vorteile bietet, als nur saubere Zähne.
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