Staphylococcus-aureus-Bakterien verursachen gefährliche Krankheiten und lassen sich auch durch Impfstoffe schwer bekämpfen. Wissenschaftler haben nun herausgefunden, wie das Bakterium das Immunsystem umgeht.
Staphylococcus aureus ist ein besonders gefährliches Bakterium, vor allem bei geschwächtem Immunsystem oder bestehenden Wunden. Es verursacht Hautinfektionen (Furunkel, Abszesse), Lebensmittelvergiftungen, Lungenentzündungen, Blutvergiftung und das toxische Schocksyndrom, das zu Organversagen führen kann. S. aureus ist ein häufiger Bestandteil der normalen Hautflora und Schleimhäute, insbesondere in der Nase. In medizinischen Einrichtungen sind besondere Vorsichtsmaßnahmen nötig, um die Ausbreitung von resistenten Bakterienstämmen wie MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) zu verhindern.
S. aureus schwierig zu bekämpfen
Wie ist es möglich, dass unser Immunsystem den gefährlichen Staphylococcus nicht in den Griff bekommt und auch Impfstoffe immer wieder überlistet?
Wissenschaftler der University of California San Diego haben herausgefunden, warum Impfstoffe gegen diesen hartnäckigen Krankheitserreger beim Menschen versagen, obwohl eine Reihe von Tierversuchen erfolgreich verlaufen ist. Der Schuldige scheint ein Eiweiß namens Interleukin-10 (IL-10) zu sein, dass unser Immunsystem sozusagen außer Kraft setzt.
Das Bakterium schützt sich selbst
Staphylococcus aureus ist weltweit für mehr als eine Million Todesfälle pro Jahr verantwortlich. Der Erreger ist dazu in der Lage, weil er einen schlauen Weg gefunden hat, unser Immunsystem zu manipulieren. Eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift „Journal of Clinical Investigation“ veröffentlicht wurde, zeigt, dass dieses Bakterium sogenannte B-Zellen dazu bringt, eine Flut von IL-10 zu produzieren. Diese menschlichen weißen Blutkörperchen produzieren normalerweise Antikörper, um gefährliche Eindringlinge aufzuspüren und zu vernichten.
IL-10 aktiviert Enzyme, die Sialinsäure an die Fc-Region (fragment crystallizable: kristallisierbares Fragment) von Antikörpern anlagern. Dies ist der Teil des Antikörpers, der sich an Immunzellen bindet. Durch diesen Vorgang wird die „Anti-Staphylokokken-Aktivität“ der Antikörper ausgeschaltet. Infolgedessen sind sie nicht mehr in der Lage, die Bakterien zu zerstören. „Das IL-10 bewirkt, dass Sialinsäure im Überfluss produziert wird. Dadurch kann unser Immunsystem nicht mehr gegen die Bakterien vorgehen“, erklärt der Studienleiter Chih-Ming Tsai von der UC San Diego School of Medicine.
Warum Impfstoffe nicht wirken
Impfstoffe gegen S. aureus funktionieren oft perfekt bei Mäusen, die noch nie mit dem Bakterium in Kontakt gekommen sind. Menschen jedoch, die sich in der Regel in jungen Jahren über die Nase mit dem Erreger infizieren, haben Antikörper, die meist nicht gut funktionieren. Dieses „Gedächtnis“, das aus unwirksamen Antikörpern besteht, scheint das Problem zu sein. Als die Wissenschaftler das menschliche Szenario bei Mäusen nachstellten, indem sie die Tiere zunächst dem S. aureus aussetzten und sie dann impften, versagten die Impfstoffe kläglich. Als die Wissenschaftler jedoch das Protein IL-10 während der Impfung blockierten, erholte sich die Funktion des Impfstoffs vollständig. „Derselbe Impfstoff, der zuvor nichts bewirkte, war nun bei Labormäusen wieder zu 100 Prozent wirksam“, freut sich Tsai.
T-Zellen: ein weiteres Hindernis
Eine zweite Studie, die im Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht wurde, konzentrierte sich auf CD4+ T-Zellen, besser bekannt als „T-Helferzellen“. Diese Zellen koordinieren die Immunreaktion, indem sie andere Immunzellen aktivieren. Wenn sie S. aureus ausgesetzt sind, produzieren die T-Zellen auch zu viel IL-10. Dadurch wird die Produktion eines anderen wichtigen Proteins, Interleukin-17A (IL-17A), unterdrückt, das normalerweise zur Bekämpfung der Infektion beiträgt. Durch die Blockierung von IL-10 oder die Zugabe einer Substanz namens CAF01 während der Impfung gelang es den Forschenden, die IL-17A-Produktion wiederherzustellen. „CAF01 machte nicht nur den IsdB-Impfstoff wirksam, sondern auch andere zuvor gescheiterte Impfstoffe gegen S. aureus wirkten plötzlich hervorragend. Das war eine große Überraschung“, sagt Irshad A. Hajam, Wissenschaftler an der UC San Diego.
Was dies für Impfstoffe bedeutet
Die Ergebnisse geben neue Hoffnung für die Entwicklung von Impfstoffen gegen die potenziell tödlichen Staphylokokkeninfektionen. Durch die Blockierung von IL-10 oder die Ankurbelung der Immunreaktion mit Substanzen wie CAF01 könnten fehlgeschlagene Impfstoffe doch noch erfolgreich werden. Darüber hinaus scheint IL-10 auch beim Scheitern von Impfstoffen gegen andere Krankheiten eine Rolle zu spielen, wie zum Beispiel Malaria und Clostridioides difficile, ein Darmbakterium, das sich bei einer Schädigung des Darms, beispielsweise durch Antibiotika, schnell vermehrt und dann große Mengen an Giftstoffen produzieren kann. Das verursacht bei immungeschwächten Patienten eine akute Darmentzündung mit schleimig-blutigen Durchfällen, Fieber und Bauchkrämpfen.
Die Ausrichtung auf diese kleinen Boten-Proteine, die Zytokine, eröffnet vielversprechende neue Möglichkeiten. Vielleicht kann man in naher Zukunft alle Arten von „versagenden“ Impfstoffen wiederbeleben und so viele Leben retten.
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