Sonntag, 13. April 2025

Mikroplastik verändert Krankheitserreger in multiresistente Bakterien

Mikroplastik fördert multiresistente Bakterien (Foto: pixabay.com)


Mikroplastik ist ein zunehmendes Problem und neue Forschungen zeigen nun, dass Bakterien dadurch immer resistenter gegen gängige Antibiotika werden.

 

Mikroplastik ist überall auf der Welt zu finden. Es verunreinigt unsere Nahrungskette, sammelt sich in den Ozeanen an und schwebt durch die Wolken. Bakterien können sich auf den winzigen Plastikteilchen gut festsetzen. Aber Mikroplastik ist mehr als nur eine Transportmöglichkeit, es macht Bakterien auch resistenter gegen Antibiotika.

Amerikanische Wissenschaftler fanden heraus, dass E. Coli-Bakterien innerhalb weniger Tage eine Resistenz gegen mehrere Antibiotika entwickeln, selbst wenn sie diesen Medikamenten nicht ausgesetzt waren.

Mikroplastik sammelt sich im Körper

Plastikmüll ist eine Plage, dessen werden wir uns immer mehr bewusst. Mikroplastik findet sich auch in unserem Körper in großen Mengen. In einer aktuellen Studie haben Wissenschaftler alle Partikel, die kleiner als ein halber Millimeter und größer als ein Nanometer (0,000001 Millimeter) sind, in unserem Gehirn zusammengezählt: Sie fanden etwa 5.000 Mikrogramm Plastik pro Gramm Gehirngewebe. Das sind insgesamt sieben Gramm, also mehr als eine Bankkarte an Plastikabfall enthält. Die Frage ist natürlich, was all dieses Plastik mit uns und unserer Umwelt macht.

Große Gefahr für Infektionen

Forschende der Universität Boston haben nun herausgefunden, dass Bakterien, die mit Mikroplastik in Berührung kommen, weniger empfindlich auf verschiedene Arten von Antibiotika reagieren. Besonders gefährlich ist dies in dicht besiedelten und armen Gebieten wie Flüchtlingslagern, wo sich Plastikmüll ansammelt und sich Infektionen schnell ausbreiten.

„Mikroplastik ist überall um uns herum und besonders dort, wo die sanitären Einrichtungen unzureichend sind. Das macht unsere Entdeckung besonders besorgniserregend“, sagt der leitenden Wissenschaftler Muhammad Zaman. Er erforscht Antibiotikaresistenten und die Gesundheit von Geflüchteten und Migranten. „Die schädlichen Auswirkungen von Mikroplastik stellen ein größeres Risiko für gefährdete Gemeinschaften dar. Es ist klar, dass wir mehr Forschung darüber brauchen, wie Bakterien und Mikroplastik aufeinander reagieren.“

Plastik schützt Bakterien

Jedes Jahr sterben schätzungsweise fünf Millionen Menschen an Infektionen, die mit Antibiotika nicht mehr richtig behandelt werden können. Resistenzen entstehen aus verschiedenen Gründen, zum Beispiel durch die falsche Anwendung von Medikamenten, aber auch die unmittelbare Umgebung der Bakterien spielt eine große Rolle. In Zamans Labor untersuchten die Wissenschaftler, wie das verbreitete Bakterium Escheria coli (E. Coli), das schwere Durchfallerkrankungen auslösen kann, auf Mikroplastik reagiert.

„Plastik bietet den Bakterien eine Oberfläche, an der sie sich festsetzen und ansiedeln können“, sagt die Wissenschaftlerin Neila Gross. Einmal angeheftet, bilden die Bakterien einen Biofilm: eine zähe Schicht, die sie vor Feinden schützt. Das ist an sich nichts Neues, aber Gross fand heraus, dass Mikroplastik diesen Biofilm viel stärker macht. Als sie dem Ganzen Antibiotika hinzufügte, konnten die Medikamente die Schutzschicht kaum durchdringen.

Dickerer und stärkerer Biofilm

„Die Biofilme auf Mikroplastik waren viel dicker und stärker als auf anderen Oberflächen, zum Beispiel Glas“, erklärt sie. „Es war erstaunlich zu sehen.“ Die Resistenz war so hoch, dass sie es kaum glauben konnte. Sie wiederholte den Test mehrere Male mit verschiedenen Antibiotika und Plastiksorten. Doch das Ergebnis blieb das gleiche. „Wir zeigen, dass Plastik nicht nur Bakterien einen Platz bietet, um sich anzusiedeln, sondern auch die Entwicklung resistenter Organismen fördert“, sagt Zaman.

Frühere Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass Geflüchtete und Asylbewerber eher mit resistenten Bakterien infiziert sind. Überfüllte Lager und schlechter Zugang zur Gesundheitsversorgung erhöhen dieses Risiko.

„Die Leute denken oft, dass Antibiotikaresistenzen durch unsachgemäßen Gebrauch von Medikamenten entstehen, aber es gibt mehr Gründe. Niemand lebt freiwillig in einer Umgebung, in der das Risiko für resistente Infektionen so hoch ist“, sagt Zaman. „Die Folgen der Plastikverschmutzung für die öffentliche Gesundheit sollten nicht ignoriert werden.“

Wachsendes Problem

Derzeit sind weltweit etwa 122 Millionen Menschen betroffen. Zaman befürchtet, dass Mikroplastik zu einem wachsenden Problem für die bereits überlasteten Gesundheitssysteme wird. Er und Gross wollen nun untersuchen, ob sich die Laborergebnisse auch in realen Flüchtlingslagern wiederfinden lassen. Außerdem wollen sie die Frage beantworten, warum Bakterien auf Plastik so gut gedeihen. „Kunststoffe sind enorm vielseitig“, erklärt Gross. „Eine Theorie besagt, dass Kunststoff Wasser abstößt, was es den Bakterien erleichtert, sich festzusetzen. Mit der Zeit nimmt der Kunststoff jedoch Feuchtigkeit auf. Die Antibiotika scheinen darin zu versinken, bevor das Medikament die Bakterien erreicht.“ Die Studie zeigt auch, dass die Bakterien den starken Biofilm als Verteidigungslinie beibehalten, selbst nachdem die Wissenschaftler alle Kunststoffpartikel entfernt hatten.

„Diese Fragen werden oft im Zusammenhang mit Politik, internationalen Beziehungen oder Migration diskutiert, und das sind alles wichtige Themen, aber die wissenschaftliche Seite wird zu oft übersehen. Hoffentlich wird diese Studie andere Wissenschaftler zum Nachdenken anregen“, so Zaman abschließend.

 

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